1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Buddhismus für Anfänger

Das Interview führte Lina Elter24. Juli 2007

Das westliche Interesse am Buddhismus und am geistlichen Oberhaupt der Tibeter, dem Dalai Lama, ist groß. Doch wofür steht die östliche Religion wirklich? DW-WORLD.DE sprach mit dem Münchner Tibetologen Volker Caumanns.

https://p.dw.com/p/BLOU
(AP Photo/David Longstreath)
Ein Buddhist arbeitet an einem Mandala aus buntem SandBild: AP
Volker Caumanns, Tibetologe und Indologe am Lehrstuhl für Tibetologie und Buddhismuskunde an der Ludwig-Maximilians-Universität München
Tibetologe und Indologe Volker Caumanns

DW-WORLD.DE: Was macht den Buddhismus in Deutschland so beliebt?

Volker Caumanns: Das hängt sehr mit der Person des Dalai Lama zusammen. Der Buddhismus ist im Westen aber auch eine große Projektionsfläche: Viele Leute denken, der Buddhismus sei schwammig und undogmatisch. Das ist er sicherlich nicht. Was viele Leute über den Buddhismus denken, hat oft viel mehr mit ihnen selber zu tun oder auch mit der Gesellschaft, in der sie leben, als mit dem Buddhismus selbst.

Geht es Vielen also eher um eine allgemeine Sinnsuche?

Da gibt es sicher das ganze Spektrum: Von Leuten, die das ganz ernsthaft betreiben, bis zu Menschen, die vage einen Sinn suchen. Wir leben in einer sehr hektischen Welt und die Anforderungen, im Berufsleben und auch in der Gesellschaft sind sehr hoch. Da erscheint der Buddhismus für viele als ein attraktives Mittel, damit umzugehen oder zu innerer Ruhe zu finden. Ob das dann schon Buddhismus ist, wenn man so etwas sucht, ist natürlich eine andere Frage. Viele nehmen sich auch einzelne Teile heraus - wie aus dem Supermarkt.

Wie dogmatisch ist der Buddhismus?

Es gibt ganz viele Arten des Buddhismus, die sich sehr stark unterscheiden. Es gibt aber immer einen Kern von Lehren, den man anerkennen muss, um zu sagen: "Ich bin Buddhist". Man muss zum Beispiel die vier edlen Wahrheiten anerkennen. Man muss an das Karma-Gesetz und an den achtfachen edlen Pfad glauben. Ohne das geht es nicht. Im tibetischen Buddhismus ist zum Beispiel das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler sehr stark ausgeprägt. Das ist ein sehr autoritäres Verhältnis; das ist nicht so frei oder so undogmatisch, wie Viele denken.

Viele spricht die Friedfertigkeit des Buddhismus an.

Der Buddhismus sagt, dass man ein friedfertiges Leben führen soll - Gewalt wird abgelehnt. Kreuzzüge im Namen des Buddhismus gab es nicht. Aber auch hier gibt es Anspruch und Wirklichkeit. Erstaunlich ist, dass gerade der tibetische Buddhismus als so friedfertig gilt. Die tibetische Geschichte war nicht friedfertig. Es gab viel Gewalt und immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen, bei denen es um Macht und Einfluss ging und die Religion gerne vorgeschoben wurde - das war gar nicht anders als in anderen Ländern auch. Viele Leute haben aber ein ganz anderes Bild von Tibet: Sie denken, da herrsche schon immer das "Nirvana" oder das Paradies auf Erden. Aber das stimmt nicht.

Eine Umfrage hat vor kurzem ergeben, dass der Dalai Lama populärer ist als der Papst.

Der Dalai Lama ist eine sehr beeindruckende Person. Er tritt sehr bescheiden auf, er hat viel Humor und er wirkt authentisch. Das kommt sehr gut an bei den Leuten. Seine Person ist auch ganz eng mit der Tibetfrage verbunden - das bringt ihm sehr viele Sympathien. Das was er ausstrahlt, überdeckt aber ein wenig, wofür er steht: Der Dalai Lama, beziehungsweise der tibetische Buddhismus, ist teilweise sehr konservativ. Das ist nicht immer mit unseren westlichen Vorstellungen überein zu bringen. Sein Männer- und Frauenbild ist sehr konservativ sowie auch seine Vorstellung von Sexualität. Zu Homosexualität sagt er ganz klar: "Das geht nicht". In vielen Positionen unterscheidet sich der Dalai Lama nicht vom Papst.

Der Tibetologe und Indologe Volker Caumanns arbeitet am Lehrstuhl für Tibetologie und Buddhismuskunde im Department für Asienstudien an der Ludwig-Maximilians-Universität München.