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Drohnen-Affäre: Schuld und Unschuld de Maizières

Anna Peters1. September 2013

Ein Untersuchungsausschuss sollte klären, wie es zum Scheitern des Drohnenprojekts Euro Hawk kommen konnte. Auch der Bundestag diskutierte die Ergebnisse. Weil Wahlkampf ist, fallen die Bewertungen unterschiedlich aus.

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Im Fokus der Medien steht Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) am 31.07.2013 zu Beginn der Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt in Berlin. Der Politiker wird am Vormittag vor dem Drohnen-Untersuchungsausschuss des Bundestages gehört. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Die Aufklärungsdrohne Euro Hawk war über viele Jahre ein Vorzeigeprojekt der Bundeswehr. Bis im Frühjahr 2013 klar wurde, dass das unbemannte Flugzeug keine Zulassung für den deutschen Luftraum erhält. Das Verteidigungsministerium hätte noch rund eine halbe Milliarde Euro investieren müssen, um die Zulassung doch noch zu bekommen. Aber selbst dann wäre die Erlaubnis noch nicht sicher gewesen. Also brach Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) das Projekt ab, nachdem bereits 660 Millionen in die Drohne geflossen waren.

Seitdem streiten die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP mit der Opposition von SPD, Grünen und Linken, ab wann die Probleme mit der Zulassung bekannt waren und wer Schuld trägt, dass eine halbe Milliarde Euro Steuergelder flossen. Schließlich wurde das Projekt bereits unter der rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebracht. Ein Untersuchungsausschuss während der Parlamentsferien im Bundestag sollte Aufklärung bringen. Innerhalb weniger Wochen wurden 18 Zeugen vernommen, darunter de Maizière, und rund 1500 Akten studiert. Die Ergebnisse des Ausschusses wurden am Montag (02.09.2013) im Parlament diskutiert.

Schon vor der Debatte hatten die im Bundestag vertretenen Parteien ihre Einschätzungen veröffentlicht. Die könnten unterschiedlicher kaum sein. Die Opposition sieht den konservativen Verteidigungsminister in der Verantwortung und fordert seinen Rücktritt. Die Koalitionsparteien hingegen stärken ihrem Minister den Rücken und sehen die Fehler in erster Linie bei der damaligen rot-grünen Bundesregierung, unter der das Rüstungsprojekt eingeleitet wurde.

Holschuld oder Bringschuld

"Es hat sich ganz deutlich gezeigt, dass der Minister es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt", sagte der SPD-Vertreter im Untersuchungsausschuss, Rainer Arnold. Es gebe Dokumente, die klar bezeugten, dass der Minister das Parlament und die Öffentlichkeit belogen habe. Arnold spielt damit auf Aussagen von de Maizière und dessen Staatssekretär Stéphane Beemelmanns im Untersuchungsausschuss an.

Der SPD-Obmann des Untersuchungsausschusses, Rainer Arnold, gibt am 26.08.2013 nach der Sitzung des Drohnen-Untersuchungsausschusses im Paul-Löbe-Haus in Berlin ein Statement. SPD und Grüne haben ihre Rücktrittsforderung an Verteidigungsminister de Maizière (CDU) in der Euro-Hawk-Affäre bekräftigt. Foto: Hannibal/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Rainer Arnold ist SPD-Obmann im UntersuchungsausschussBild: picture-alliance/dpa

Der Bundesverteidigungsminister hatte stets betont, dass er erst am 13. Mai 2013 von seinem Vertrauten Beemelmanns über die schwerwiegenden Probleme beim Euro Hawk informiert wurde. Er habe zwar schon vorher gewusst, dass es Schwierigkeiten gebe, diese seien ihm aber immer als lösbar dargestellt worden. Beemelmanns nahm im Untersuchungsausschuss die Verantwortung auf sich und bestätigte, dass er seinen Chef erst am 13. Mai über die Ausmaße der Probleme beim Drohnenprojekt in Kenntnis gesetzt habe. Der CDU-Politiker de Maizière habe den Stopp der Drohne dann gebilligt.

Selbst wenn das die Wahrheit sei, entlaste sie den Minister nicht, sagte der SPD-Politiker Arnold dem Deutschlandfunk. "Ein Staatssekretär muss seinen Minister informieren, ein Minister hat aber auch eine Holschuld." Dieser müsse sich eigenständig über Vorgänge und Projekte informieren, gerade wenn es um so teure und komplexe Dinge wie den Euro Hawk gehe. Die Oppositionsparteien sind auch nach dem Abschluss des Untersuchungsausschusses der Ansicht, dass Bundesverteidigungsminister de Maizière für die Verschwendung von Steuergeldern in Millionenhöhe verantwortlich ist und er deshalb von seinem Amt zurücktreten soll.

Joachim Spatz MdB - Europapolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Mitglied des Verteidigungsausschusses Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union Vorsitzender des Unterausschusses „Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit“ Quelle: Fotografie aus dem Studio "de Selliers, Würzburg", Undatierte Aufnahme, Eingestellt 11.05.2012. Zur Verfügung gestellt durch: Josephine Sophie Umminger, Leiterin Wahlkreisbüro Joachim Spatz MdB ***Das Pressebild darf nur in Zusammenhang mit einer Berichterstattung über Joachim Spatz verwendet werden***
Spatz: "Hier wird ja nicht aus einer Mücke ein Elefant gemacht, sondern es gibt nicht einmal eine Mücke."Bild: Fotostudio de Selliers, Würzburg

Die Koalitionsfraktionen hingegen halten in ihrer Bewertung des Untersuchungsausschusses die Vorwürfe gegen de Maizière für vollständig ausgeräumt. Der Bundesverteidigungsminister habe von Anfang an die Wahrheit gesagt, heißt es. CDU/CSU und FDP werfen der damaligen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) vor, dass diese die Risiken des Rüstungsprojekts vernachlässigt habe.

"Die rot-grüne Bundesregierung hat damals entschieden, dass man beim Euro Hawk nur auf die technischen Aspekte achtet", sagte Joachim Spatz, Vertreter der FDP im Ausschuss, der Deutschen Welle. "Damit ist man das Risiko eingegangen, dass man ein technisch funktionierendes Produkt hat, das aber rechtliche Probleme hat." Die Opposition wolle das gescheiterte Rüstungsprojekt Euro Hawk jetzt kurz vor der Bundestagswahl am 22. September nutzen, um den Minister und damit die Regierung zu beschädigen. "Hier wird ja nicht aus einer Mücke ein Elefant gemacht, sondern es gibt nicht einmal eine Mücke."

Wenig Einfluss auf das Wählerverhalten

Thomas Petersen beschäftigt sich als Projektleiter am Meinungsforschungsinstitut Allensbach mit Wahlforschung. Ihn wundert es nicht, dass die Fraktionen im Bundestag das gescheiterte Großprojekt in ihrem Sinne interpretieren: "Das wäre doch wundersam, wenn es nicht so wäre. Natürlich ist das ein Thema, das alle Seiten versuchen, im Wahlkampf für sich zu nutzen", sagt er im Gespräch mit der DW.

Allerdings bezweifelt der Wahlforscher, dass es eine der Seiten schafft, daraus im Wahlkampf Kapital zu schlagen: "Also ich bin mir ziemlich sicher, dass es keinen nennenswerten Einfluss auf das Wählerverhalten haben wird. Denn solche Themen sind zu abstrakt und zu kompliziert, um die Bevölkerung zu bewegen."