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Nordkoreanische Jeans in schwedischen Läden

25. Januar 2010

Ausgerechnet das isolierte Nordkorea macht derzeit beim Thema Mode von sich reden. Jeans made in Pyongyang sind der neue Renner in Schweden.

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Das stalinistische Nordkorea produziert Jeans für Schwedens ModeszeneBild: AP

Das Werbevideo lässt den Blick über triste Betonblocks im Plattenbaustil schweifen. Dann tauchen Näherinnen in roten Hauben an langen Nähmaschinenreihen auf. Plötzlich läuft eine blonde Schwedin durchs Bild. Mit den Bildern aus Nordkorea wirbt eine schwedische Jeansmarke. Tor Rauden Källstigen hat Noko-Jeans mitgegründet. "Das war wie eine Treppe, auf der man ganz kleine Schritte macht und immer daran denkt, dass gleich alles zu Ende ist", sagt er.

Die Hauptstadt Noko Jeans
Nordkoreas Hauptstadt Pyongyang goes PopBild: Tor Rauden Källstigen

Tor Rauden Källstigen, rundes Gesicht, Strickpullover und Schal um den Hals, sitzt mit seinem Kompagnon Jacob Åström in einem hell erleuchteten Büro mitten in Stockholm. Von neun bis siebzehn Uhr sind die beiden hier für eine Internetfirma tätig. So stießen sie 2007 auch auf eine der wenigen Homepages aus Nordkorea. Darin offerierte der sozialistische Staat seine Waren, vom Make Up bis zum Panzer. Beim Stichwort Jeans wurde ihnen warm ums Herz, erinnert sich Jacob Åström: "Wir hatten keine Ahnung, wie Jeans aus Nordkorea aussehen. Schnell merkten wir, dass sich hinter dem Angebot gar nichts verbirgt." Die Herstellung mussten die Schweden am Ende selbst organisieren.

Noko-Jeans als Propaganda fürs Regime

Bis Ende der 60er Jahre trieb das sozialdemokratische Schweden regelmäßig Handel mit Nordkorea. Die Asiaten lieferten Trickfilme, die Nordeuropäer schweres Grubengerät. Doch das ist lange her. Heute ist die nordkoreanische Diktatur isoliert vom Rest der Welt. Das Volk hungert, ihr Führer bastelt an der Atomwaffe. Mit solchen Leuten kann man keine Geschäfte machen, sagt Ulf Edström vom schwedischen Gewerkschaftsdachverband LO: "Alle wirtschaftlichen Aktivitäten in Nordkorea werden vom Regime kontrolliert. Es handelt sich um eine Diktatur, die verzweifelt darauf aus ist, Devisen ins Land zu holen. Dafür tun sie alles. Und wenn du mitmachst, musst du dich nach ihren Regeln richten. Du kommst in ihrer Propaganda vor und wirst vom Regime ausgenutzt, als Beweis dafür, wie große und international ihr Kontaktnetz ist."

Noko Jeans
Hip inszeniert - Jeans aus Nordkorea für Schwedens Fashion-victimsBild: Erik Wahlström

Källstigen sieht das anders: Sie wollten mit ihren Jeans dazu beitragen, dass Nordkoreas Isolation gebrochen wird, sagt er. Aber erst einmal fließt das Geld der Billigproduktion in die eigene Tasche. In ihrem Jeans-Showroom im hippen Szeneviertel Södermalm, den sie Museum nennen, hängen gerahmte Impressionen aus Pyongyang an der Wand. Auf den Bildern sind sozialistische Interieurs und leere Stadtansichten zu sehen. Daneben liegen die Jeans aus dem stalinistischen Bollwerk, das Stück zu 150 Euro. Camilla Österberg, zuständig für die reibungslose Produktion, führt die Edeljeans made in Asia vor: "Wir haben zwei Modelle, Kara und Oke. Kara ist etwas enger, Oke etwas lockerer geschnitten. Eine schwedische Designerin hat sie entworfen. Von einem Bund zum anderen führt ein fester Faden. Daran kann man die Hose aufhängen oder ihn einfach raushängen lassen und als modisches Accessoire nutzen."

Geld verdienen und Gutes tun?

Über mangelnde Nachfrage können sich die Schweden nicht beklagen. Die ersten Hosen gingen weg wie warme Semmeln. Doch nach dem anfänglichen Hype stellt sich nun die Frage, wie es weiter geht. Argumente, das Produkt zu kaufen, gibt es genug, meint Jacob Åström: "Wir werben damit, dass wir unsere Geschichte erzählen", sagt er. "Man kann die Jeans kaufen, weil man das spannend findet, oder weil man sich für die Sache engagieren will. Wenn die Leute sie kaufen, können wir weiter machen und neue Aspekte des Themas beleuchten".

Die Jeans made in Asia ist ein Mittel zum Zweck, die originelle Idee dreier Schweden Anfang 20, auf diese Weise ein abgeschirmtes Land zu bereisen. Wer eine Noko-Jeans kaufen will, sollte sich gut überlegen, ob er damit wirklich zu einer Öffnung Nordkoreas beitragen kann.

Autorin: Agnes Bührig

Redaktion: Silke Ballweg