1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Countdown läuft

Bernd Riegert30. Januar 2003

Wann beginnt der Krieg? Wie könnte er verlaufen und was kommt danach? In seiner Rede "State of the Union" machte US-Präsident Bush den Eindruck, als könne ein Militärschlag gegen Saddam Hussein kaum vermieden werden.

https://p.dw.com/p/3DY9
Saddam Hussein warnt: Die irakische Bevölkerung sei zum Kampf entschlossenBild: AP

In seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstag (28.1.2003) zählte der grimmig entschlossene Präsident die lange Liste der Verstöße des Iraks gegen UN-Resolutionen auf und gab den UN-Inspektionen wenig Chancen. Und den Verbündeten in Europa machte er klar, dass die USA notfalls den Weg alleine gehen werden. Das war alles nichts Neues, aber der Zeitplan wird klarer.

Am 5. Februar will Bush dem UN-Sicherheitsrat Beweise vorlegen. Es wird vermutlich die letzte Chance für die Mitglieder des Sicherheitsrates sein, sich der amerikanischen Sichtweise anzuschließen. Die UN könnten einen eklatanten Verstoß gegen die Resolution 1441 feststellen. Das wäre dann der Causus Belli. Aber auch ohne eine solche zweite Resolution könnte George W. Bush vermutlich den Marschbefehl geben.

Wann beginnt der Krieg?

Militärexperten gehen davon aus, dass der Aufmarsch der amerikanischen und britischen Truppen bis Mitte Februar abgeschlossen sein wird. Dann endet auch das islamische Opferfest. Ob dann der 21. Februar der Tag des Angriffs sein wird, wie eine britische und eine türkische Zeitung schon vor Wochen geschrieben haben, ist fraglich. Denn Präsident Bush hat dem irakischen Machthaber noch kein Ultimatum gestellt und auch keine zeitliche Befristung der UN-Waffeninspektionen vorgenommen.

Bush hält sich die Option offen, auf die zunehmend kritischere Stimmung in den USA und den Widerstand von Verbündeten zu reagieren. Noch sagen über 70 Prozent der Amerikaner, vor einem Krieg gegen den Irak wollen sie mehr Beweise sehen. Die amerikanische Regierung versucht verstärkt, die Verbindung zwischen dem Irak und der Terrororganisation El Kaida zu betonen. Dabei wird das Weiße Haus in den Meinungsumfragen sehr genau beobachten, ob der Präsident seine Landsleute überzeugen konnte.

Der geplante Krieg

Militärisch gesehen hat die Präsident keine Eile, denn die amerikanischen Truppen können auch in der Sommerhitze am Golf eingesetzt werden, so der ehemalige deutsche General und UN-Untergeneralsekretär für Friedenssicherung, Manfred Eisele. Falls es zu einem Krieg kommt, soll alles sehr schnell gehen. Das plant zumindest US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Die ursprünglichen Pläne des Generalstabes, den Irak 14 Tage lang mit Hunderten von Präzisionslenkwaffen zu bombardieren, bevor Bodentruppen eingesetzt werden, hat Rumsfeld auf sieben Tage zusammen gestrichen, berichtet das Nachrichtenmagazin "Time".

Rumsfeld möchte, dass das Bombardement und das Vorrücken auf Bagdad am Boden parallel stattfinden. Die Strategie des Verteidigungsministers ist klar: Je kürzer der Feldzug sei, desto weniger Menschen müssten sterben, desto weniger heftig seien die Reaktionen weltweit und desto geringer seien die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und den Ölpreis. Spezialtruppen sollen Jagd auf Saddam Hussein und seine engste Umgebung machen. Anders als im Krieg gegen den Terror, in dem es bis heute nicht gelungen ist, Terrorführer Osama bin Laden zu fassen, soll diesmal der irakische Präsident nicht entwischen.

Das Szenario nach dem Szenario

Für die Zeit nach einem militärischen Sieg im Irak gibt es nur vage Pläne. US-Präsident Bush hat klargemacht, dass er nicht dazu neigt, "Nation-Building", also Wiederaufbau, zu betreiben. Das möchte man - ähnlich wie in Afghanistan - den Verbündeten, den Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen überlassen. Doch auch in Washington reift langsam die Erkenntnis, dass in Afghanistan vieles nicht funktioniert und der Staat ins Chaos abgleiten könnte.

Ein ähnliches Szenario könnte man sich im Irak nicht leisten. George W. Bush hat die Region am Golf als "lebenswichtig" bezeichnet, schließlich liegen hier die großen Ölreserven der Welt. Der Irak ist umgeben von arabischen Staaten, die weder demokratisch regiert noch im Innern stabil sind. Ein Feldzug gegen die Irak, auch ein vordergründig erfolgreicher, könnte die Lunte zum Pulverfass zünden. Wichtig ist also eine "Exit Strategy", die das Weiße Haus bisher nicht offengelegt hat.