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Der Humor kehrt bald zurück

28. Oktober 2010

Sascha Hommer ist einer der wichtigsten Vertreter des deutschen Independent-Comics. Er sieht in Deutschland eine neue Szene heranwachsen, auch wenn die Auflagen eher klein bleiben.

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Der Hamburger Comiczeichner Sascha Hommer (Foto: Dirk Schneider)
Bild: Dirk Schneider

Eine Jugend im Schwarzwald: Sascha kifft mit Freunden, er verliebt sich in die magersüchtige Julia, was unglücklich endet, dann entdeckt er LSD – aufregende Zeiten, die Sascha Hommer in seiner Comicerzählung "Vier Augen" in erstaunlich wenigen Bildern festhält. Aber die einfachen, fast naiven schwarz-weißen Zeichnungen machen die Beklemmungen, die Ängste und Hoffnungen einer frühen Jugend in der Provinz erlebbar, wie es viele deutsche Leser einem Comic immer noch nicht zutrauen. "Es heißt immer, es ginge um gute Geschichten, die Bilder seien nicht so wichtig", klagt Sascha Hommer, der in seinen Erzählungen nicht nur mit wenigen Bildern, sondern auch mit wenig Text auskommt: "Aber die Form transportiert immer auch Inhalt – bei mir wie bei vielen meiner Vorbilder."

Hybrid-Literatur aus Text und Bild

Erzählung 'Vier Augen' (Foto: Sascha Hommer)
Bild: Sascha Hommer

Es ist eine oft bemühte Weisheit, dass ein Bild mehr sagt als viele Worte, nur kommt diese Kunst im Comic häufig so unscheinbar daher. Gerade bei Sascha Hommer, dessen eher unschuldige Zeichnungen die Abgründe seiner Geschichten aber umso eindrücklicher machen. Hommer, ein dünner Mann Anfang 30, mit Zehntagebart, dunklen Wuschelhaaren und Nickelbrille, nennt den Comic eine "Hybridform".

Bilder erzählen ernste Geschichten

Auszug aus Sascha Hommers Erzählung 'Vier Augen' (Foto: Sascha Hommer)
Bild: Sascha Hommer

Auffällig ist, dass viele Comics der neueren Generation von Comiczeichnern sehr ernste Themen behandeln. Gerade die autobiografische Adoleszenzgeschichte ist schon zum Genre geworden. Dieser große Ernst, der oft dem Bedürfnis der Autoren entspringt, mit ihren Bildergeschichten nicht als trivial missverstanden zu werden, ist aber inzwischen überholt, glaubt Hommer. Er sei tatsächlich eine Zeitlang wichtig gewesen, um das Medium zu erweitern. "Die jüngeren Zeichner, die jetzt mit Debütalben auf den deutschen Markt kommen, sind da viel lockerer. Sie werden jetzt auch den Humor wieder in den Comic zurück bringen."

Eine neue Szene wächst heran

Sascha Hommer hat schon sehr früh mit der Lektüre von Comics angefangen, fast nach seiner Geburt, wie er sagt. Und auch das Zeichnen von Geschichten hat er sich als Kind erschlossen. Später ist er dann nach Hamburg gegangen, um an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Illustration zu studieren: bei der Comicautorin Anke Feuchtenberger. Einen Comicstudiengang gibt es in Deutschland noch nicht, Anke Feuchtenberger ist vielleicht die wichtigste Mentorin der jungen deutschen Independent-Comicszene.

Mittlerweile gibt es in den Feuilletons viel Aufmerksamkeit für diese Form. Aber auch die Auflagen seien nicht so schlecht, so Hommel: "Verglichen mit kleinen Literaturverlagen, die Debütromane von unbekannten Autoren publizieren, sind die kleineren Comic-Verlage sehr erfolgreich."

Texte der Büchner-Preisträgerin im Comic

Die Schriftstellerin Brigitte Kronauer (Foto: Rolf Rick/dpa)
Brigitte KronauerBild: dpa - Bildfunk

Dass Comics ihre eigene Berechtigung haben und sich dabei nicht vor der ernsthaften Literatur verstecken müssen, wird vielleicht mit Sascha Hommers nächster Veröffentlichung noch einmal unterstrichen: Er arbeitet gerade daran, Kurzgeschichten der Büchner-Preisträgerin Brigitte Kronauer in Bilder umzusetzen. "Ich bin von Frau Kronauers Texten begeistert. In meinen Adaptionen versuche ich, eine ähnliche Dichte an Informationen herzustellen, wie sie ihre Texte haben." Die Autorin konnte sich für das Vorhaben begeistern, und die Zeichnungen, die sie bis jetzt gesehen hat, gefallen ihr.

Autor: Dirk Schneider

Redaktion: Gudrun Stegen