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Ein Veteran geht

Anke Hagedorn8. Mai 2008

Jens-Peter Bonde, der Veteran unter den Europa-Abgeordneten, verlässt das Europäische Parlament. Der Vorsitzende der Fraktion Unhabhängigkeit/Demokratie ist einer der großen Kritiker der Intransparenz der EU.

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Freundlich, aber angriffslustig: Jens-Peter Bonde, Quelle: dpa
Freundlich, aber angriffslustig: Jens-Peter BondeBild: picture-alliance/ dpa

Weißes Haar, offenes rundliches Gesicht. Jens-Peter Bonde sieht auf den ersten Blick aus wie ein ganz normaler, freundlicher, älterer Herr. Doch der 60-Jährige kann angriffslustig werden, wenn es um die Themen geht, die ihm besonders am Herzen liegen. Wie bei seinem letzten Auftritt vor dem EU-Parlament in Straßburg, wo er gegen das Abstimmungsverfahren bei der Wahl des künftigen EU-Präsidenten wetterte. Es gäbe überhaupt keine richtige Wahl, so Bonde, sondern nur eine geheime Abstimmung der 27 EU-Staats- und Regierungschefs hinter verschlossenen Türen

"Vieles hat sich geändert"

Seit 1979 ist Jens-Peter Bonde Mitglied des europäischen Parlaments, der erste gewählte EU-Abgeordnete überhaupt. "Pöttering, Friedrich, Haensch, die sind alle am Sonntag gewählt worden, ich aber wurde bereits am Donnerstag gewählt", erzählt er nicht ohne Stolz. "Ich bin also der erste, der echte Veteran. Nun verlasse ich das EU-Parlament und vieles hat sich geändert." Offiziell geht er an diesem Freitag (09.05.2008).

Der Däne Bonde ist Vorsitzender der Fraktion Unabhängigkeit und Demokratie im Parlament. Seit 29 Jahren kämpft er für eine offene, demokratische EU. Schnell bekam er den Namen Mr. Transparency, Herr Transparenz verpasst. Ihm war ihm die Geheimniskrämerei bei der EU von Anfang an ein Dorn im Auge.

"Als ich hier ankam, war das Telefonbuch der EU-Kommission ein geheimes Dokument. Ich habe es veröffentlicht", erzählt er. Auch die Referate und die Agendas bei den Kommissionstreffen seien geheim und nur auf Französisch zugänglich gewesen. "Es gab 3000 geheime Arbeitsgruppen. Gehen sie auf Bonde.com, da ist die ganze Liste."

Fauler Kompromiss?

Bundeskanzlerin Angela Merkel unterzeichnet den Vertrag von Lissabon (13.12.2007), Quelle: dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel unterzeichnet den Vertrag von Lissabon (13.12.2007)Bild: picture-alliance/ dpa

Bonde will eine allen Bürgern zugängliche Europäische Union. Deshalb hat er sich auch nachhaltig für einen knapp gehaltenen, klar formulierten Verfassungsvertrag eingesetzt. Nachdem der ursprünglich vorgesehene Vertrag am Nein der Franzosen und der Niederländer gescheitert war, einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU im vergangenen Jahr auf einen Kompromiss, den so genannten Vertrag von Lissabon. Ein fauler Kompromiss, findet Bonde. "Die Verfassung war eine Vereinfachung: Statt 2800 Seiten gab es nur noch 560 Seiten", sagt er. "Der Vertrag von Lissabon ist im Vergleich eine Katastrophe. Er ist einfach nicht lesbar."

Er kämpft daher verbissen um einen Volksentscheid über den Lissabonner Vertrag in möglichst allen EU-Staaten. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel wie er sagt, seine Regierung dazu überredet habe, stattdessen eine Parlamentsabstimmung abzuhalten, nimmt er ihr sehr übel. " Ich bin gegen diesen Putsch, den man mit Frau Merkel an der Spitze organisiert hat", sagt er. Zwar fände er Merkel ganz sympathisch, aber: "Was sie mit dem Vertrag von Lissabon gemacht hat, ist ganz furchtbar."

Respekt vor demokratischen Prinzipien, maximale Transparenz bei allen Entscheidungen in der EU - das ist es, wofür Jens-Peter Bonde auch nach seinem Ausscheiden aus dem Europäischen Parlament weiterkämpfen will. Er soll den Vorsitz der von ihm mitbegründeten Allianz für ein Europa der Demokratien übernehmen. Dieses Bündnis vereinigt nationalistisch ausgerichtete Parteien und Abgeordnete aus 13 Mitgliedstaaten, die der EU kritisch gegenüberstehen. Kritisch heiße dabei nicht europaskeptisch. "Ich bin für Reformen in der EU. Ich bin nicht für einen Austritt Dänemarks aus der EU", sagt er. "Es gibt nur eine Möglichkeit, Europa zu vereinigen, und das ist in dieser EU. Und dafür müssen wir diese EU transparent und demokratisch machen.