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Der europäische Kongress tanzt

Alexander Kudascheff16. Februar 2005

Brüssel ist - kein Wunder - im Vor-Bush-Fieber. Der Präsident kommt, wenige Woche nach Beginn seiner zweiten Amtszeit, nach Europa. Nach Brüssel, nach Mainz, nach Bratislava - und alle haben sich lieb …

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George W. Bush findet ein Europa vor - das bereit ist, auf den Gast zuzugehen, nachdem Condoleezza Rice das diplomatische Parkett kräftig gewienert hat. Denn auch die USA sind bereit, den Zwist, den Konflikt mit "dem alten Europa" zu beerdigen - und nach vorne zu schauen. Alt ist jetzt nur noch der Schöpfer des Schimpfwortes selbst, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld - und er steht dazu.

Weiterhin tief greifende Differenzen

Die anderen reißen sich um die Termine. So trifft sich der hartnäckige Kritiker des amerikanischen Unilateralismus, der amerikanischen Alleingänge, Frankreichs Chirac in Brüssel zum trauten Tête-à-Tête mit Bush - wohlgemerkt in Brüssel. Der, so die Selbsteinschätzung, amerikanischste aller französischen Präsidenten der 5. Republik (seien es Gaullisten oder Sozialisten, die sich ja alle gerne selbstbewusst an der amerikanischen Herausforderung reiben) will sein Verhältnis mit Bush ins Reine bringen, ohne sich zu verbiegen.

Das gilt auch für Schröder in Mainz und Putin in Bratislava - das gilt aber auch für Bush selbst. Also: Der Ballsaal ist gebohnert, nun muss nur noch getanzt werden. Andererseits: auch in Brüssel weiß man, hinter dem Lächeln der Diplomaten stecken immer noch tief greifende Differenzen. Wie geht man mit Iran um, wie bringt man die Mullahs und Ajatollahs dazu, keine Atomwaffen zu bauen? Wie bringt man die arabische Welt dazu, sich der Demokratie zu öffnen? Und was wird aus dem Waffenembargo gegen China?

Realpolitik à la Europa

Handfeste Probleme, die das Klima diesseits und jenseits des Atlantiks bald wieder belasten können. Wichtiger noch: Es gibt einen tief greifenden Mentalitätsunterschied zwischen dem Washington Bushs und EU-Brüssel. Für Washington ist der Kampf für die Freiheit und die Demokratie das wichtigste Gut. Die Europäer setzen dagegen eher auf Realpolitik. Obwohl sie sich ja gerne selbst als Raum der Freiheit und der Demokratie definieren.

Dabei, das muss man auch sagen, sind sie sich nicht mal einig. Denn gerade die ost- und mitteleuropäischen Reformländer sind viel stärker dem Freiheitspathos verpflichtet als die nun nicht mehr alten Alt-Europäer. Dem visionären, messianischen Pathos von Bush jedenfalls stehen Paris und Berlin und das (belgische) Brüssel ratlos gegenüber. Dazu kommt: Bush ist mit Abstand der unpopulärste Präsident wohl aller Zeit. Gegen ihn lässt sich besser punkten als mit ihm. Auch das ist Realpolitik à la Europa. Doch der Präsident kommt . Und der europäische Kongress tanzt mit ihm - harmonischer jedenfalls als in den letzten zwei Jahren. Die transatlantische Partnerschaft wird wieder gepflegt.