1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Der Falke" und die NATO

29. Oktober 2003

Der noch amtierende NATO-Generalsekretär George Robertson besucht Moskau (29./30.10.). Womöglich ist dies eine seiner letzten Amtshandlungen. Robertson tritt Ende 2003 nicht für eine zweite Amtszeit an.

https://p.dw.com/p/4FYm
George Robertson stand fünf Jahre an der Spitze des NordatlantikpaktsBild: AP

George Robertson übernahm 1997 im ersten Kabinett von Premierminister Tony Blair das Verteidigungsressort. Im Juli 1998 überraschte der neue britische Verteidigungsminister mit der Anordnung an die britischen Streitkräfte, keine Landminen mehr einzusetzen. Anerkennung und Respekt zollte man ihm auch während des NATO-Kampfeinsatzes im Kosovo im Frühjahr 1999.

Auf zahlreichen Pressekonferenzen machte er seine unnachgiebige Haltung gegenüber dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und seine Entschlossenheit deutlich, die Bombardierungen auf die damalige Bundesrepublik Jugoslawien durchzuhalten - und notfalls durch Bodentruppen zu unterstützen.

Viele Erfolge vorzuweisen

Robertson wurde im August 1999 vom Ständigen Rat der NATO als Nachfolger des Spaniers Javier Solana zum neuen Generalsekretär der NATO berufen. Die Ernennung Robertsons nur wenige Monate nach dem Ende der Luftkriegsoperation "Allied Force" gegen Jugoslawien lag nach Beobachtermeinung auf der Hand.

NATO Generalsekretär George Robertson
Bild: AP

In seiner fünfjährigen Amtszeit wurde Robertson vor allem durch die Integration der "Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität" (ESVI) in die NATO, den Einsatz der NATO zur Entwaffnung der albanischen Rebellen in Mazedonien, den "Bündnisfall" nach den Terroranschlägen auf New York und Washington vom 11. September 2001 und die Osterweiterung der NATO gefordert.

Integration und Dialog

"Der Falke", wie man Robertson im Kollegenkreis nennt, nahm im Februar 2000 die wegen des Kosovo-Kriegs eingefrorenen Beziehungen der NATO zu Russland wieder auf. Im Mai 2000 wurde Kroatien in das NATO-Programm "Partnerschaft für den Frieden" integriert.

Wesentlichen Anteil hatte Robertson am Zustandekommen des Mazedonien-Einsatzes "Essential Harvest" zur Entwaffnung der UÇK-Rebellen, der die erste NATO-Mission unter europäischer Führung war und von ihm im August 2001 als "historischer Schritt" bewertet wurde.

Karte über die NATO-Länder
Karte: Die NATO-Länder

Den ersten Bündnisfall in der Geschichte der NATO beschlossen die 19 NATO-Partner in Brüssel einen Tag nach den Terroranschlägen auf New York und Washington in den USA. Im Oktober 2001 billigte der NATO-Rat die von den USA angeforderte Unterstützung für ihre militärischen Vergeltungschläge gegen das terroristische Netzwerk von Osama bin Laden in Afghanistan.

Holpriges Krisenmanagement

In ihre schwerste Krise geriet die NATO im Vorfeld der amerikanischen Vorbereitungen zum Irak-Krieg und Sturz des Saddam-Hussein-Regimes, als die Regierungen in Paris, Berlin und Brüssel die von den USA geforderten Planungen zum Schutz des Bündnispartners Türkei blockierten.

Erst nach sieben Sondersitzungen gab der NATO-Rat im Februar 2003 die Zustimmung zu den von Robertson vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen. Kommentatoren wiesen vor allem Robertson die Schuld für die Zerreißprobe zu, weil er mit seinem Ultimatum die drei Staaten zu ihrem Veto provoziert hatte, anstatt hinter den Kulissen eine Einigung über die Verteidigungshilfe zu erreichen.

Der Abschied

Frühzeitig, bereits im Januar 2003, erklärte Robertson für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung zu stehen. Zum 1. Februar 2004 unterzeichnete er einen Vertrag als Vizepräsident des britischen Telekommunikationsunternehmens Cable & Wireless, in dem er als "Teilzeitmanager" für die Kontakte zu Regierungen verantwortlich wurde.

Jaap de Hoop Scheffer und George Robertson
Jaap de Hoop Scheffer (links) und George RobertsonBild: AP

Am 22. September 2003 ernannten die Vertreter der 19 NATO-Staaten den niederländischen Außenminister Jaap de Hoop Scheffer (links im Bild) zum neuen NATO-Generalsekretär. De Hoop Scheffer galt seit längerem als Favorit der US-Regierung. (ali)