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Interview Zwanziger

10. Juni 2011

DFB-Präsident Theo Zwanziger ist einer der wichtigsten Förderer und ein Fan des deutschen Frauenfußballs. Im Interview mit DW-WORLD.DE spricht er über die Macht des Fußballs und die Chancen für Frauen weltweit.

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Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. (Foto: dpa)
DFB-Präsident Theo ZwanzigerBild: dpa

Am 8. September 2006 wurde Theo Zwanziger ohne Gegenstimme zum Präsidenten des Deutschen Fußballbundes gewählt. Zuvor hatte er den Verband zwei Jahre lang gemeinsam mit seinem Vorgänger Gerhard Meyer-Vorfelder als "Doppelspitze" geführt. Seit 2001 ist der Jurist Mitglied des DFB-Präsidiums.

Zwanziger engagiert sich für den Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Homophobie und gilt als bedeutender Förderer des Frauenfußballs in Deutschland. Für den Fall des Titelgewinns lobte der DFB-Chef sogar Prämien in Rekordhöhe aus: 60.000 Euro bekommt jede Spielerin bei einer erfolgreichen Titelverteidigung. Zum Vergleich: Bei der ersten gewonnenen Europameisterschaft 1989 hatten die deutschen Spielerinnen als "Prämie" ein Kaffeeservice geschenkt bekommen.

"Ich bin sehr aufgeregt"

FIFA-Präsident Joseph Blatter, (M.) gratuliert Fatmira Bajramaj, Familienministerin Ursula von der Leyen, Birgit Prinz und DFB-Präsident Theo Zwanziger, (v.l.- r.) zum Zuschlag für die Frauen-WM 2011. (Foto: AP)
Deutschland bekommt den Zuschlag für die WM 2011Bild: AP

DW-WORLD.DE.: Theo Zwanziger – vom 26. Juni bis zum 17. Juli findet in Deutschland zum ersten Mal die Frauen-Fußball-WM statt. Welchen Stellenwert hat das für Deutschland und für Sie persönlich?

Theo Zwanziger: "Für unser Land ist das ein großes Sportereignis, für das sich auch sehr viele Menschen interessieren werden. Sie werden im Stadion sein, sie werden auf den Straßen sein, sie werden zu Hause vor den Fernsehern sitzen. Wenn das Ganze auch sportlich für unsere Mannschaft einen guten Verlauf nimmt, hoffe ich, dass es auch zu schönen Feiern kommen wird. Für mich persönlich ist es auch ein sehr freudiges Erlebnis, weil ich diese Mannschaft ja auch schon seit vielen Jahren begleite und deshalb bin ich schon sehr aufgeregt. Weil ich es den Mädels wünsche und von Herzen gönne, aber auch weiß, dass die Konkurrenz in den letzten Jahren nicht geschlafen hat. Das wird kein Durchmarsch sein, wie das manche erwarten. Es sind schon fünf, sechs Mannschaften, die es uns sehr schwer machen können."

Der Frauenfußball hat sich weltweit entwickelt

Sie selbst sind ein großer Fan der Frauenfußball-Nationalmannschaft und unterstützen sie sehr. Wenn Sie mit ihren internationalen Verbandskollegen sprechen – wie ist die Akzeptanz für den Frauenfußball weltweit?

"Ich bin ein Fan des Fußballs, das gilt für den Männerfußball genauso. Aber ich sehe im Frauenfußball neben dieser sportlichen Seite und der hohen Anerkennung natürlich weltweit eine Chance, Benachteiligungen für Mädchen und Frauen über diesen Sport ein Stück weit zu relativieren und vielleicht sogar irgendwann einmal ganz aufzuheben. Da gibt es tolle Projekte im Zuge der WM. Und das hat sich in den letzten Jahren weltweit über Europa hinaus verändert. Wir spüren, dass zum Beispiel in Afrika und Asien eine beachtliche Leidenschaft und Unterstützung der Verbände für den Frauenfußball da ist. Ich denke, das hilft dabei, die Rolle der Mädchen und Frauen in der Gesellschaft aus den Klischees und Vorurteilen heraus zu befreien. Der Fußball kann da einen ganz großen weiteren Beitrag leisten. Der Weg ist gut, wir sind da noch nicht am Ende. Da darf man auch nicht zu vermessen sein und alles gleich für das nächste Jahr erwarten. Aber steter Tropfen höhlt den Stein und das sind ganz dicke Tropfen, die auf den Stein fallen."

Steffi Jones wird Direktorin für den Frauenfußball

DFB-Präsident Theo Zwanziger (v.l.-r.), Nationalspielerin Ariane Hingst, OK-Präsidentin Steffi Jones und DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach halten ein überdemensionales Ticket in den Händen. (Foto: dpa)
DFB-Präsident Zwanziger (l.) fördert Steffi Jones (2.v.r)Bild: DPA

Jede Sportart hat ihre Gesichter. Braucht es Ihrer Meinung nach Stars und Helden, damit die Euphorie für den Frauenfußball auch nach der WM anhält?

"Ja, das ist immer sehr hilfreich, allerdings müssen die Stars zugleich aber auch ein hohes soziales Ansehen mitbringen – ohne geht es nicht, das ist auch ein Unterschied zum Männerfußball. Nach Silvia Neid, Silke Rottenberg und Renate Lingor haben wir ganz bewusst unsere Präsidentin Steffi Jones in den Medien positioniert und werden sie anschließend als Direktorin für den Frauenfußball weiterführen. Das sind diese Gesichter, die in den Medien abgenommen werden. Man braucht eine sportliche Vita – ganz im Gegensatz zu mir, der nicht so stark gespielt hat wie zum Beispiel Günter Netzer, ich aber komme aus der Funktionärsschiene. Für die Entwicklung des Frauenfußballs brauchten wir sportliche Köpfe, die den Medien und damit den Menschen zeigen: Ich konnte nicht nur Fußball spielen, sondern ich kann auch noch ein bisschen mehr. Das sind die Botschaften, die unsere Kinder und Jugendlichen brauchen."

Was erhoffen und was wünschen Sie sich von der WM?

"Anerkennung und Begeisterung bei den Menschen. Ich wünsche mir sportlich, dass die Mannschaft ihre Leistung abrufen kann, dass sie in diesen großen Stadien mit den vielen Zuschauern den Druck aushält, der da sein wird. Und ich wünsche mir natürlich – dazu gehört auch sicher ein bisschen Glück – dass sie den Titel holen kann. Aber was mir am wichtigsten ist – denn Titel sind auch vergänglich – dass der Respekt bei unseren Gästen wächst und dass sie sehen: Wir hier in Deutschland sind ein tolerantes Land. Und umgekehrt: Dass wir ihnen ein bisschen mitgeben können, die Entwicklung des Mädchen- und Frauenfußballs im Sinne der Chancengleichheit und Integration auch dort voranzutreiben."

Die Fragen stellte: Olivia Fritz
Redaktion: Arnulf Boettcher