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Fussball-Nachwuchs aus Soweto

20. April 2009

Südafrikas Ex-Nationalspieler Linda Buthelezi glaubt nicht an den sportlichen Erfolg Südafrikas im Jahr 2010. Er sucht den Fußball-Nachwuchs in Soweto.

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Fußballnachwuchs in Soweto, Johannesburg
Fußballnachwuchs in Soweto, JohannesburgBild: Ulrich Reimann
Linda Buthelezi im Gespräch mit Nachwuchstrainer Kwanele
Ex-Nationalspieler Linda Buthelezi (li.) im Gespräch mit Nachwuchstrainer KwaneleBild: Ulrich Reimann

Linda Buthelezi sieht schwarz, wenn er über die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 im eigenen Land redet. Der ehemalige Nationalspieler, der 1996 mit dem Gewinn des Afrika Cup den größten Erfolg des südafrikanischen Fußballs feierte, kritisiert Fußballfunktionäre, Spieler und Trainer gleichermaßen: Die einen mischen sich zur sehr in die Aufstellung der Nationalmannschaft ein, eine Nationalmannschaft, die Lesotho oder Swasiland nicht mit mindestens 10:0 vom Platz fegt, wird beim Konföderationspokal und der WM kläglich scheitern und ständig wechselnde Trainer aus dem Ausland, die die Sprache der Südafrikaner nicht sprechen und ihre Mentalität nicht kennen: Das alles zusammengenommen wird nicht reichen, um die eigenen Fans zu überzeugen und die Fußballwelt zu überraschen.

Die Stars fehlen

Man findet in diesem Land kaum einen Spieler, der einen persönlichen Sponsorenvertrag hat. Und dann will man uns erzählen, dass wir Stars haben, die sich 2010 bei der WM gut vermarkten lassen“ kritisiert Buthelezi. Und einmal in Rage über soviel Schönfärberei des nationalen Fußballverbands SAFA fährt er fort: „Wo sind die Spielerpersönlichkeiten, die Integrationsfiguren, die Charaktere? Wir haben diese Spieler nicht. Im Hinblick auf die Vermarktung, die Spielkunst und die Art und Weise, ihre Mannschaft und ihr Land zu ‚verkaufen‘, müssen die Spieler Charakter entwickeln. Unser Land Südafrika, was verkaufen wir? Wir haben nichts zu verkaufen“, sagt Buthelezi.

Buthelezi zeigt, was er noch kann
Buthelezi (Mitte) zeigt, was er noch kannBild: Ulrich Reimann

Der ehemalige Mittelfeldspieler, der in den 90er Jahren in der Türkei, Südkorea und bei Birmingham City spielte, ging damals keinem Zweikampf aus dem Weg. Seine Spitznamen "Mercedes Benz", "Iron Man" und „Zulu Warrior" zeugten von spielerischen Qualitäten wie Zuverlässigkeit, Zweikampfstärke und Spielintelligenz. Diese Mischung fehlt heute vielen Nationalspielern. Im Township Soweto bei Johannesburg aufgewachsen, hat Linda mit acht Jahren das Fußballspielen angefangen, wurde mit fünfzehn entdeckt und unterschrieb seinen ersten Vertrag als Profi im Alter von achtzehn Jahren. Soweto, das ist seine Heimat, hier sind seine Wurzeln, hierhin kehrt er immer wieder zurück und unterstützt die Jugendtrainer. Drei Mal in der Woche – montags, mittwochs und freitags - kommt er für eineinhalb Stunden auf den Platz zum Training der Nachwuchskicker.

Der Rasen fehlt

Ein Platz ohne einen Grashalm, der Untergrund eine Mischung aus Sand, Lehm und kleinen Steinen. Doch Jugendtrainer Kwanele und der 14jährige Mpho sind überzeugt: Ohne Rasen auf "ihrem" Platz verbessern sie ihre Technik am besten.„Unser Fußballplatz ist prima“ strahlt der Kicker in einer zerschlissenen blauen Hose. Wir sind mit diesem Platz aufgewachsen, den kannst Du nicht einfach verändern“. Und Jugendtrainer Kwanele fügt für alle diejenigen, die es beim Anblick des Ackers nicht glauben wollen, hinzu: „Auf Gras spielst Du nicht automatisch besser. Auf diesem Untergrund können wir unsere Technik besser ausbilden, auf Gras hingegen können wir unsere Fähigkeiten nicht gut zeigen, weil sich der Ball ganz anders verhält“.

Linda lacht und scherzt mit den jungen Spielern, unterbricht immer wieder ihre Spielzüge, versammelt alle um sich im Kreis herum und gibt Tipps. Die Kids hören genau hin, sie wollen es als Profi schaffen wie ihr Vorbild Linda Buthelezi, damit sie rauskommen aus Soweto: „Ich träume davon, Profispieler zu werden. Aber ich muss noch viel lernen. Ich will später für eine Profimannschaft spielen, für Manchester United“, schwärmt Mpho und jongliert den Ball gekonnt mit dem Fuß. Mpule mit der Rückennummer 14 erzählt stolz, das er als Stürmer in jedem Spiel ein bis zwei Tore erzielt. Er bewundert Linda Buthelezi, hört konzentriert zu, wenn der Ex-Nationalspieler Geschichten aus seiner aktiven Zeit erzählt.

Linda Buthelezi, im Kreis der Nachwuchskicker aus Soweto
Linda Buthelezi (oben Mitte, grünes Hemd) im Kreis der Nachwuchskicker aus SowetoBild: Ulrich Reimann

Die Hoffnung fehlt nicht

Nur einmal widerspricht er seinem Vorbild: Während Linda wieder einmal über die Leistungen der Nationalmannschaft herzieht, sieht Mpule Südafrika beim Konföderationspokal und der WM 2010 ganz vorne mitspielen. „Die spielen ganz prima. Wenn sie richtig trainieren, können sie den Konföderationspokal gewinnen. Sie müssen starke Spieler aufstellen, sich selbst motivieren und der Mannschaftsgeist muss stimmen, dann kommen sie ins Finale“, wagt Mpule einen Tipp und seine Mitspieler johlen begeistert.

Als die Sonne über Soweto untergeht, beendet Jugendtrainer Kwanele das Training, Flutlicht gibt es im Township nicht. Und dann schwärmt er noch von Teko Modise: Der ist hier in Soweto auf dem Platz als Spieler entdeckt worden, spielt als Profi bei den Orlando Pirates und ist 30facher Nationalspieler. Aber ohne ausgebildete Trainer ist es für die Jungs fast unmöglich, den Sprung von Soweto in ein europäisches Spitzenteam zu schaffen. „Ich wünsche mir für die WM 2010, dass es einer unserer Spieler in die Nationalmannschaft schafft, so wie Teko Modise, der ist auf diesem Platz hier in Soweto groß geworden“, träumt Kwanele laut vor sich hin und verschwindet mit dem einzigen Trainingsball unterm Arm im Gewirr der Straßen von Soweto.

Autor: Ulrich Reimann

Redaktion: Wolfgang van Kann