1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pakt mit der Messe

10. Juni 2009

Eine Woche lang herrscht in Basel Kunst und Hysterie. Die internationale Szene bricht über die Stadt herein. Ein Blick vorbei an Champagner und Chi-Chi verrät mehr über das Messegeschäft mit der Kunst.

https://p.dw.com/p/I6tI
Alejandro Cardenas 'Portrait of the Explorer Mid Fantasy Bone', 2008
Was treibt den Galeristen auf die Kunstmesse?Bild: Liste 09

Lutz Becker kennt Basel und den Messerummel. Der Kölner Jung-Galerist stellt auf der "Liste 09" aus und nimmt bereits zum zweiten Mal an der "Young Art Fair", wie die Messe sich selbst betitelt, teil. Einen gewissen Stolz kann er dabei nicht verbergen: "Wer in das alte Brauereigebäude eingeladen wird, der hat bewiesen, dass die Galerie gute Arbeit leistet und ein spannendes Programm anbietet."

Sprungbrett für den Nachwuchs

Verkaufsgespräche auf der Kunstausstellung (Foto: Liste 09)
...und was treibt der Galerist auf der Messe? Impressionen von der Liste 09, BaselBild: Liste 09

Die Liste ist eine unabhängige Messe im Umfeld der Art Basel. 64 junge Galerien präsentieren hier in aufgelockertem Ambiente ihre Künstler. Sie werden als die spannenden Neuentdeckungen der internationalen Kunstszene gehandelt. Insofern ist die viel beachtete Liste auch eine Bewährungsprobe. Wer hier einen guten Eindruck hinterlässt, gilt als potentieller Anwärter für die Teilnahme an der großen Art Basel, die zeitgleich ihre Tore öffnet.

Ritterschlag

Auf einer renommierten Kunstmesse vertreten zu sein, bedeutet für jede Galerie ein Gütesiegel. Nur wer den hohen Anforderungen des Bewerbungskomitees genügt, bekommt einen der begehrten Ausstellerplätze zugesprochen. Einmal in den exklusiven Club aufgenommen, hat man es im nächsten Jahr in der Regel leichter. Über die künstlerischen Bewertungskriterien lässt sich natürlich streiten.

Drum prüfe, wer verkauft

Seriös zu sein, meint vor allem, nicht auf das schnelle Geld aus zu sein. "Das Seelöwengebaren einiger Galeristen, die sich schon nach dem zweiten oder dritten Messetag mit Champagner auf den Sitzmöbeln gefeiert haben und dabei ihren Stand vergaßen", ist Lutz Becker noch schlecht in Erinnerung. In den Jahren des Kunstbooms fiel die Kunst oftmals profitorientierten Spekulanten in die Hände und es wurde weniger Sorge darum getragen, die Künstler in bedeutenden Sammlungen zu positionieren.

Kostenapparat Messe

Alle Beteiligten einer Kunstmesse sind natürlich am Verkauf der angebotenen Arbeiten interessiert. Für viele Galeristen sind die Verkäufe sogar überlebenswichtig, etwa wenn ihr Standort abseits regionaler Kunst- und damit auch Sammlerballungsräume liegt. Jede Messeteilnahme kostet viel Geld: Standmiete, Transport und Personal bedeuten Ausgaben, die gerade für junge Galerien nicht leicht zu stemmen sind. Sie sind oft froh, wenn zumindest die Kosten wieder einspielt werden. Für einen Stand auf der Liste zahlt man leicht 5.000 Euro, ein Platz auf der Art Basel liegt gleich bei mehreren 10.000 Euro.

Art Basel – ein Publikumsmagnet

Basel ist während der Messetage das Mekka für Kunstinteressierte aus aller Welt. "Da treffen sich alle", schwärmt Lutz Becker und meint damit nicht nur etablierte Galerien und die internationale Sammlerschar, sondern auch die institutionellen Ausstellungsmacher und freien Kuratoren. Von diesem Sog profitieren auch die benachbarten Satellitenmessen wie die Liste. Neue Kontakte zu knüpfen, um in der Zukunft vielleicht eine Arbeit zu einer Museumsausstellung beisteuern zu können, hat einen ähnlich hohen Stellenwert wie der Verkauf vor Ort. So überrascht es nicht, dass gerade in Krisenzeiten die Zahl der Bewerber für die Art Basel weiter zugenommen hat.

Frisch justiert in die Zukunft

Der Galerist Lutz Becker (Foto: Matthias Mayr)
Lutz Becker, Galerie Schnittraum, KölnBild: Matthias Mayr

Lutz Becker fährt dementsprechend optimistisch nach Basel. "Im Moment verschiebt sich der Kunstmarkt zwar von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt", schätzt der Leiter der Galerie Schnittraum die augenblickliche Situation ein. Dadurch relativiere sich vielleicht aber auch einiges zugunsten der Ernsthaftigkeit und Qualität im Kunstbetrieb. Dass der Champagner nun gegen allgemeine Verzweiflung eingesetzt werden muss, ist in Basel jedenfalls nicht zu erwarten.

Autor: Matthias Mayr

Redaktion: Sabine Oelze