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Der Geist von Barcelona in Neapel

Bernd Riegert4. Dezember 2003

Israels Verhältnis zu seinen Nachbarn und der Kampf gegen den Terrorismus waren Hauptthemen des sechsten Treffens zwischen der EU und den übrigen Anrainerstaaten des Mittelmeers aus Afrika und Nahost in Neapel.

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Im Kreise seiner Kollegen: Bundesaußenminister Joschka Fischer (links)Bild: AP

Die Außenminister der Europäischen Union, der Mittelmeer-Anrainer in Nordafrika und im Nahen Osten erklärten zum Abschluss der Euro-Mittelmeer-Konferenz feierlich, dass sie im Kampf gegen internationalen Terrorismus künftig besser zusammenarbeiten wollen. Nach den Terroranschlägen in der Türkei, Marokko und Tunesien zeige sich, dass die islamistischen Extremisten auf diejenigen Staaten zielen, die mit dem Westen zusammenarbeiten wollen. "Unser Ziel ist es, die Völkern der Mittelmeer-Region enger zusammenzubringen. Unser gemeinsames Ziel ist der Kampf gegen Intoleranz, Terrorismus und Extremismus", sagte der italienische Außenminister Franco Frattini. Die Europäische Union wolle nicht zulassen, dass die Mittelmeerstaaten vor ihrer Haustür durch islamistische Strömungen destabilisiert werden, so Chris Patten, der EU-Kommissar für Außenbeziehungen.

Investitionen gegen Terrorismus

Aus diesem Grund will die Union im Rahmen der Europäischen Investitionsbank ein neues Kreditprogramm schaffen, um private Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen im Maghreb und im Nahen Osten anzukurbeln. Die hohe Zahl der arbeits- und perspektivlosen Jugendlichen bilde ein großes Reservoir für die Rekrutierung von Extremisten und Terroristen, so Patten.

Problemfall Israel

Die feierlichen Schwüre wirken allerdings etwas schal, so ein EU-Diplomat, solange es bei der tieferen Ursache - dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern - keine Bewegung gebe. In Neapel saßen der israelische Außenminister Silwan Schalom und der palästinensische Minister für Auswärtiges, Nabil Schaath, zwar in der großen Runde an einem Tisch, aber bilateral miteinander gesprochen haben sie nicht. In einem separaten Treffen mit der EU-Troika schlug die spanische Außenministerin Ana Palacio ihrem israelischen Kollegen vor, ein Moratorium zum Bau der Sperranlagen an der Grenze zum Westjordanland auszurufen. Schalom reagierte mit einer Einladung an europäische Diplomaten, sich vor Ort von der sicherheitspolitischen Notwendigkeit der Absperrung zu überzeugen. Israel müsse sich gegen palästinensische Attentäter schützen.

Der Beauftragte der EU für Außenpolitik, Javier Solana, widersprach kurz und bündig: "Ich bin nicht der Auffassung von Außenminister Schalom." Er wies darauf hin, dass sich die humanitäre Lage der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland weiter verschlechtere. Dadurch würden die politischen Spannungen noch schärfer. Während Solana den in Genf unterzeichneten privaten Friedensplan als richtigen Ansatz charakterisierte, wies Schalom ihn als Attacke der israelischen Opposition auf seine Regierung zurück.

Problem Flüchtlingspolitik

Italiens Außenminister Frattini versicherte, dass die Europäische Union, die 2004 zehn neue Staaten aufnimmt, sich nicht von den Mittelmeer-Anrainern abwenden werde. Alle künftigen Nachbarn der Union sollten in einer "erweiterten Europa-Politik" den gleichen Status innehaben. Die EU setze auf eine Wiederbelebung des so genannten Barcelona-Prozesses, also der Zusammenarbeit zwischen allen Mittelmeeranrainern, die 1995 in der spanischen Stadt beschlossen worden war. Von den nordafrikanischen Staaten erwartet die EU im Gegenzug mehr Kooperationswillen bei der Flüchtlingspolitik. Besonders Italien und Spanien drängen auf Rückführungsabkommen für illegale Einwanderer, die aus Drittstaaten über Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen ihren Weg nach Europa suchen. Bislang laufen nur mit Marokko konkrete Verhandlungen.

Regelmäßige Treffen

Um den politischen Dialog zwischen den Gesellschaften an der Nord- und Südküste des Mittelmeeres zu verbessern, wird eine regelmäßig tagende parlamentarische Versammlung eingerichtet. Sie ersetzt die bisher losen Zusammenkünfte von Parlamentariern aus den EU-Staaten und den Mittelmeerstaaten. Der Präsident des europäischen Parlamentes, Pat Cox, bewertete diesen Schritt als großen Durchbruch.