1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Geldsack auf dem Hügel

Udo Bauer5. Dezember 2002

Seit George W. Bush die USA regiert, hat sich der Ruf Amerikas in der Welt verschlechtert. Das besagt eine US-Studie, für die Menschen in 44 Ländern befragt wurden. DW-TV-Korrespondent Udo Bauer über das Zahlenwerk .

https://p.dw.com/p/2y2R

"Wenn ich noch in der Regierung wäre, dann würde ich das intensiv lesen". So kommentierte die ehemalige US-Aussenministerin Madeleine Albright die Studie des Pew Global Attitudes Project, dem sie seit einiger Zeit vorsteht. Sie habe zwar schon seit dem Zusammenbruch der UdSSR damit gerechnet, dass sich der internationale Ruf der einzigen verbliebenen Supermacht quasi natürlicherweise verschlechtert (Zitat: Wir werden als der Geldsack angesehen, der alleine oben auf dem Hügel sitzt und sich dadurch von seinen Nachbarn isoliert.), aber vieles habe sie doch überrascht.
Vor allem in der Bevölkerung islamischer Länder hat die amerikanische Regierung offenbar ein extremes Glaubwürdigkeitsproblem. Beispiel Türkei: 83 Prozent der Menschen sind dagegen, dass ihre Regierung den USA für einen Krieg gegen Irak Flughäfen zur Verfügung stellen soll. Mehr als die Hälfte der Türken glauben gar, dass die Amerikaner im Grunde nur Krieg gegen alle ihnen nicht freundlich gesinnten islamischen Länder führen wollen. Das sind Zahlen, die auch der türkischen Regierung zu denken geben sollten. Denn Ankara will die USA in ihrem kriegerischen Vorhaben unterstützen.

Widerspruch in Deutschland

Apropos Irak. Andrew Kohut, der Leiter der Studie, meinte in der Irakfrage gerade in der Bundesrepublik einen Widerspruch aufgedeckt zu haben. 80 Prozent der Deutschen halten den Irak zwar für eine grosse Gefahr, ählich wie Briten und Amerikaner. Nur 26 Prozent der Bundesbürger befürworten aber einen Krieg gegen den Irak (zum Vergleich: USA 62 Prozent, Großbritannien 47 Prozent, Russland 12 Prozent). Die meisten Europäer, so gab die ganz in rot gekleidete Ex-Ministerin ihre eigenen Erfahrungen wider, würden eben den Motiven der Amerikaner in Sachen Irak nicht trauen: "Die glauben, uns gehe es um die Kontrolle des Öls."

Verkannte gute Absicht

In der islamischen Welt ist die Lage noch extremer. Hier sieht man in den Amerikanern so etwas wie Beglückungsterroristen. "Wir glauben, wir tun für diese Länder etwas Gutes", sagt Albright "aber die nehmen uns das nicht ab." Glaubwürdigkeit ist ein Kernproblem der Amerikaner. Nur ein Imageproblem also? Keineswegs! Nahezu überall in der Welt macht man die Bush-Regierung verantwortlich für den Graben zwischen Arm und Reich; man hält die USA für voreingenommen im Nahostkonflikt und ganz allgemein wirft man ihnen Unilateralismus vor.

Allergie gegen Verträge

Madeleine Albright will sich dieser Kritik nicht anschliessen, doch auch sie meint eine gewisse Allergie der Regierung gegen internationale Verträge zu erkennen. Generell hat das Image der Amerikaner in den letzten zwei Jahren aus unterschiedlichen Gründen stark gelitten, am stärksten unter anderem in Deutschland. Vor zwei Jahren hatten noch 78 Prozent der Deutschen eine gute Meinung von den USA, jetzt nur noch 61. Auch bei anderen wichtigen Alliierten haben die Amerikaner Boden verloren: In der Türkei denken nur noch 30 Prozent gut über die USA, was einem Minus von 22 Prozent entspricht. Gegen den Trend hat sich das Image der USA in vielen Ländern der ehemaligen UdSSR verbessert, vor allem in Russland: von 37 auf 61 Prozent. Die komplette Studie ist einsehbar im Internet unter www.people-press.org.