1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der General für den Frieden

15. März 2002

Trotz der anhaltenden Gewalt ist am Donnerstag (14.3.) der amerikanische Nahost-Sonderbeauftragte Anthony Zinni im Nahen Osten eingetroffen. Der ehemalige General gilt als ebenso durchsetzungsstark wie pragmatisch.

https://p.dw.com/p/1yq1
Zupackend: Anthony ZinniBild: AP

Anthony Zinni hat das Vermitteln nicht an einer Diplomatenschule, sondern an der Front erlernt. Für die schwierigste Aufgabe, die derzeit die internationale Politik zu bieten hat, ist er deshalb wie geschaffen.

Denn Zinni gilt als ausgesprochen "streetwise". So nennen die Amerikaner jemanden, der auch vor handfesten Auseinandersetzungen nicht zurückschreckt. Auf den Straßen war der heute 58-Jährige Zinni jedenfalls schon in jungen Jahren zu Hause: Seinem damaligen Job als Schuldeneintreiber in Philadelphias "Little Italy" verdankt er wohl seinen Spitznamen "der Pate".

Schlangenfleisch und Wodka

Aus der Zeit als Ausbilder in Südvietnam stammen weitere Anekdoten, die seinen Ruf als "harten Knochen" untermauern. Umzingelt vom Feind soll er sich dort etwa von Affen-. Hunde- und Schlangenfleisch ernährt haben. Später als Chef des US-Kommandogebietes, das von Somalia bis Kasachstan reicht und insgesamt 25 Länder umfasst, machte er mit Wodka-Gelagen in usbekischen und kasachischen Präsidentenpalästen sowie mit opulenten Tanzfeiern in Kenia von sich reden. Menschenrechtsgruppen ist Zinni wegen dieser Kontakte suspekt. Was ihn nicht weiter stört; er vergleicht derartige Kritik gerne mit der Forderung, "nur denen Gesundheitsversorgung anzubieten, die ohnehin gesund sind."

Fest steht: US-Außenminister Colin Powell setzt auf Anthony Zinni gerade weil dieser sich nicht nur auf das Schlichten, sondern auch auf das Kämpfen versteht. Nach 20 Monaten Gewalt ist im Nahen Osten nicht mehr das diplomatische Florett gefragt, sondern jemand, der weiß "was Druck machen bedeutet" (Powell).

Dennoch konnte er sich im Kabinett in Washington im letzten Herbst nur mit einiger Mühe gegen seinen Verteidigungsminister durchsetzen. Denn der stand einer neuerlichen US-Vermittlungsinitiative im Nahen Osten skeptisch gegenüber. Mit der Personalentscheidung für den Militär Zinni als Sonderbotschafter mag Donald Rumsfeld die Zustimmung zu der bisher wenig erfolgreichen Mission leichter gefallen sein.

Himmelfahrtskommando?

Die US-Regierung hat Zinni nur mit dem beschränkten Ziel in die Region geschickt, eine Waffenruhe zu erzielen und die Sicherheitszusammenarbeit beider Seiten wieder in Gang zu bringen. Dass der US-Vermittler zwar als unerfahren im Nahost-Konflikt gilt, könnte ihm paradoxerweise nach Einschätzung von Beobachtern gerade von Nutzen sein.

Der ehemalige US-Botschafter in Israel, Edward Walker, meinte bei der Ernennung: "15 Jahre lang waren Leute am Zuge, die jedes Detail kannten, aber dies führte nirgendwohin." Anthony Zinni, der Mann fürs Grobe, hat bisher immer Kurs gehalten. (hh)