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Der Giftschrank der Natur

Ingun Arnold22. April 2002

"Allein die Dosis macht, was ein Gift ist", postulierte Paracelsus um 1600 - eine Binsenweisheit für echte wie fiktive Mörder. Es folgen zweckdienliche Hinweise in Sachen Giftpflanze aus Anlass des Criminale-Festivals.

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Zum Verzehr nicht geeignetBild: AP

Tollkirsche, Goldregen, Hahnenfuß & Co. – mit denen ist nicht gut Zucker schlecken. Die Tollkirsche hat bereits eine jahrtausendelange Karriere als Giftpflanze hinter sich: Schon vor rund 15.000 Jahren wurde sie von unseren jagenden und sammelnden Vorfahren als Pfeilgift geschätzt.

Es soll auch vorgekommen sein, dass bärenstarke Feldherren plötzlich lammfromm wurden, wenn sie nur erst am Verhandlungstisch ihrer Gegner Platz genommen und ein Gläschen Wein intus hatten: Ein Schuss Tollkirschensaft dazu, und schon hielten sie die Klappe. Für immer oder auch nur vorübergehend, je nach Dosis.

Giftig ist nicht gleich giftig

Doch nicht alle gifthaltigen Pflanzen sind derart rasant. Der Hahnenfuß zum Beispiel ist ein allgegenwärtiges Unkraut. Zäh und langlebig, ein genügsames Exemplar: Ohne große Mühe treibt die Pflanze auf Wiesen, Geröllhalden und an Staßenrändern jede Menge goldgelbe Blüten. Wie hübsch.

Wie reizend. Hautkontakt führt zu Blasenbildung mit starkem Juckreiz. Früher rieben sich zuweilen die Bettler mit dem Saft der Pflanze ein – die künstlichen Wunden sollten Mitleid erregen und die Groschen klimpern lassen. Wer meint, von der Pflanze essen zu müssen, der sieht Brechreiz, Durchfällen und Atemnot entgegen.

Wenn Fakten Taten folgen ...

Giftpflanzen. Wer denkt da nicht heimlich, still und leise auch an hinterlistigen Mord, qualvollen Tod und süßliche Rache? Zumal einige der honetten Pflänzchen höchst harmlose Doppelgänger haben. Der Wasserschierling zum Beispiel. Zwei bis drei Gramm von der Wurzelknolle reichen schon aus, um einen ins Jenseits zu befördern – und das geht auch noch ziemlich schnell. Die Knolle sieht dem Sellerie oder auch den Petersilienwurzeln täuschend ähnlich. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ...

Dasselbe makabre Spielchen lässt sich auch mit Schalotten und Herbstzeitlosenzwiebeln treiben. Rein optisch sind sie kaum voneinander zu unterscheiden. Dafür aber in der Wirkung: Herbstzeitlosen sind hochgiftig. Von der Pflanze zu essen, führt mit 90-prozentiger Sicherheit zum Tod – und das bei vollem Bewußtsein.

Ein Hinweis in eigener Sache: Selbstverständlich handelt es sich bei diesem Artikel nicht um eine Gebrauchsanweisung. Sondern um einen Lesetipp. Siehe unten.