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Der Herrgott ist gar nicht so!

9. Februar 2013

Hat das Kölsche Grundgesetz, das das Leben von der leichten Seite betrachtet, etwas mit Gott zu tun? Durchaus, meint Pater Nobert Cuypers von der katholischen Kirche. Er muss es als geborener Rheinländer ja wissen.

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Weiblicher Clown KarnevalBild: Fotolia/ Andreas Gradin

In einigen Regionen Deutschlands herrscht in diesen Tagen Ausnahmezustand, denn es ist Karneval beziehungsweise Fastnacht oder Fasching. Das sind die Tage im Jahr, an denen die Menschen in verschiedenen Kostümen und bunten Perücken vor der österlichen Buß- und Fastenzeit noch einmal ausgelassen feiern. Ich selbst liebe dabei besonders die Rheinländer, ihre Frohnatur und ihre „Leichtigkeit des Seins“, die mir auch etwas für mein spirituelles Leben beigebracht hat.

„Dä Herrjott es janit esu“

Vor allem ältere Menschen vertrauen mir im persönlichen Gespräch immer wieder an, mit welchen oft Angst machenden Gottesbildern sie groß geworden sind. Für die einen war es der „Buchhaltergott“, der alle Verdienste aber auch alles Versagen penibel protokolliert, um dann einmal am Ende des Lebens mit dem Menschen abzurechnen. Für andere wiederum war es der „Richtergott“, der kein Vergehen durchgehen lässt und für die der Mensch zu büßen hat. Bei solchen Gesprächen bin ich oft betrübt, wie gläubigen Menschen das Leben in der Vergangenheit unnötig schwer gemacht wurde. Da bin ich dann meinen Eltern dankbar, die mir eher einen liebenden und barmherzigen Gott näher gebracht haben. Eben ganz im Sinne der rheinischen Mentalität: „Dä Herrjott es janit esu.“ – „Der Herrgott ist gar nicht so!“

Was im ersten Augenblick vielleicht nach „Kuschelspiritualität“ und nach „Weichspülerei des Glaubens“ klingt, ist für den gläubigen Menschen des Rheinlands vor allem ein Ausdruck des Urvertrauens in einen Gott, der es mit uns Menschen gut meint. Der Herrgott ist gar nicht so! Was heißt das denn anderes als: Gott ist keiner, der gleich beleidigt ist, wenn der Mensch etwas falsch macht, sondern einer, der sie versteht und all ihre Wege mitgeht. Einer, der die Herausforderungen des Lebens kennt, der mitfühlen kann und der oft genug Barmherzigkeit vor Recht ergehen lässt.

Bei einer näheren Betrachtung des „Kölschen Grundgesetzes“, einer Zusammenstellung von elf kölscher Redensarten durch den Kabarettisten Konrad Beikircher, kann man ohne weiteres christliche Grundhaltungen wiederfinden, über die es sich lohnt, einmal nachzudenken. Ob man nun Karnevalfan ist oder nicht. Das spielt in diesem Zusammenhang nicht wirklich eine Rolle. Erlauben Sie mir daher, Ihnen passend zur „fünften Jahreszeit“ dafür heute drei kleine Beispiele zu geben.

„Et is wie et is“

„Et is wie et is!“, also: „Es ist wie es ist!“ Drückt sich darin nicht eine gewisse Bereitschaft aus, das konkrete Leben als Realität anzunehmen? Sieh den Tatsachen ins Auge! Flüchte nicht vor der Wirklichkeit! – Ist das einem Menschen, der auf Gott sein Vertrauen setzt, so total unbekannt? Den persönlichen Lebensweg in den Blick nehmen und mich von Gott und seinem Wort neu berühren lassen, darum geht es doch in einem spirituellen Leben. Der heilige Bernhard von Clairvaux hätte es so gesagt: „Geh deinem Gott entgegen, bis zu dir selbst!“

„Et kütt wie et kütt!“

„Et kütt wie et kütt!“, also: „Es kommt, wie es kommt!“ Was heißt das denn anderes, als sich nicht zu sehr um seine Zukunft zu sorgen. Fasst der Rheinländer hier nicht die Weisheit Jesu zusammen, der uns im Evangelium zuspricht: „Sorgt euch nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage.“ (Mt 6,33)

„Et hätt noch immer jot jejange“

Und ein letztes Beispiel: Im Buch Deuteronomium spricht Jahwe seinem Volk Mut zu, aus der Geschichte zu lernen: „Denk an die Tage der Vergangenheit, lerne aus den Jahren der Geschichte! “ (Dtn 32,7). – Ähnliches meint vielleicht auch Paragraf drei des „Kölschen Grundgesetzes“, der es nur ein wenig vereinfachter sagt: „Et hätt noch immer jot jejange“, also: „Es ist noch immer alles gut gegangen.“

Jesus hat sich nicht davor gescheut, Bilder und Redensarten seiner Zeit in sein Sprechen von Gott mit einzubauen. Es lohnt sich daher, wie ich meine, liebe Hörerinnen und Hörer, immer wieder einmal auch die Redensarten und Aussagen unserer Tage nachzugehen und zu versuchen, darin versteckte Spuren des Evangeliums zu finden. Versuchen Sie es doch heute einfach einmal.

P. Norbert Cuypers
P. Norbert CuypersBild: privat

Zum Autor:
Pater Norbert Cuypers wurde 1964 als sechstes Kind in Köln geboren. Nach einer Berufsausbildung als Schriftsetzer trat er in die „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ ein - im deutschsprachigen Raum besser als „Steyler Missionare“ bekannt. Während seines ersten Missionseinsatzes im Westlichen Hochland von Papua Neuguinea entdeckte er seine große Liebe zur Seelsorge. Er kam nach Europa zurück und ließ sich in Österreich zum Priester ausbilden und weihen. Als Missionar ist P. Norbert Cuypers grundsätzlich bereit, dort zu leben und zu arbeiten, wo ihn sein Herz hinzieht, beziehungsweise wo ihn seine Gemeinschaft braucht. Aktuell leitet er das Noviziat der deutschsprachigen Ordensprovinzen in Berlin.