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Der Imagewandel der deutschen First Ladies

Aygül Cizmecioglu12. März 2005

Sie wird nicht gewählt und besitzt dennoch Macht. In der Verfassung ist sie nicht vorgesehen und steht trotzdem im Rampenlicht. Für ihren Job gibt es keine Beschreibung und kein Gehalt: die Frau des Bundespräsidenten.

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Horst und Eva Köhler vor dem ReichstagBild: dpa

Eva Luise Köhler sieht eher nicht wie eine Monarchin aus. Statt Krone und Zepter, trägt sie einen adretten Hosenanzug. Mit der Pressedame im Schlepptau absolviert sie an diesem Morgen schon ihren dritten Pressetermin - die Übernahme der Schirmherrschaft für ACHSE, der Allianz Chronisch Seltener Erkrankungen. Seit ihr Mann, Horst Köhler, im Juli 2004 zum neunten Bundespräsidenten von Deutschland gewählt wurde, ist die zierliche 58-Jährige im Dauereinsatz. Von ihrem Büro aus koordiniert sie ihren Zwölfstunden-Arbeitstag. Zeitungslektüre und das Konzipieren von Wohltätigkeitsveranstaltungen gehört zu ihrer täglichen Routine.

Das Neue und Alte Präsidentenpaar
Das neue Präsidentenpaar Horst Koehler und seine Ehefrau Eva, links, und das ausscheidende Präsidentenpaar Johannes Rau und seine Ehefrau Christina, rechts, laufen vor dem Schloss Bellevue in Berlin am Montag, 24. Mai 2004. Horst Koehler wurde am Sonntag zum neuen Bundespräsidenten gewählt.Bild: AP

Nur mit hübsch aussehen und lächelnd repräsentieren hat das wenig zu tun. Die ehemalige Grundschullehrerin weiß um die Werbewirksamkeit ihrer jetzigen Position. "Ich selber kann die Öffentlichkeit dafür gewinnen, das eine Sensibilisierung für Probleme geschaffen wird und ich kann versuchen Sponsoren zu finden, die das finanzieren. Und den Menschen deutlich machen: Wenn die Frau des Bundespräsidenten dahinter steht, dann ist das eine seriöse Sache, wofür es sich lohnt sich einzusetzen."

Mehr Werbefigur mit Managerqualitäten als gute Fee

Das Bild der First Lady hat in den vergangenen Jahrzehnten einen enormen Wandel durchgemacht. Zwar gilt es noch immer, charmant, kinderlieb und sozial engagiert zu sein und dem mächtigsten Mann im Staate einen weichen, menschlichen Schein zu verleihen. Doch wer sich nur damit begnügt, gilt schnell als altbacken und unzeitgemäß.

Das weiß auch Helene Walterskirchen. In ihrem Buch "An der Seite der Macht" hat sie die Ehefrauen der deutschen Bundespräsidenten unter die Lupe genommen. Für sie spiegelt sich die Emanzipationsgeschichte der Frau auch im Image der First Lady wieder. Die Ladies der Nachkriegszeit trugen alle Tugenden nach draußen: Wie führt man einen Haushalt? Wie kocht man gut? In den 1970er-Jahren spielte die Emanzipation der Frau eine ganz wichtige Rolle spielte. "Da fingen dann die First Ladies an, auch mal herauszugehen und eigene Ideen zu realisieren," erzählt die Buchautorin. Und heute schließlich seien die First Ladies in politischen Dingen viel engagierter.

So beriet die studierte Politologin Christina Rau schon mal ihren Mann, dem früheren Bundespräsidenten Johannes Rau, wenn es um deutsch-englische Beziehungen ging. Die jetzige First Lady, Eva Luise Köhler, hat sich lange Jahre als Regionalpolitikerin für die SPD engagiert und gilt als Kennerin der Gewerkschaftsbewegungen in Deutschland. Auch wenn das Amt der First Lady kein offizielles, von der Verfassung vorgesehenes ist - der Einfluss dieser Frauen spielt eine wichtige Rolle.

"Die Macht besteht immer darin, dass die First Ladies ja Macht über ihren Mann hatten. Es gibt eine, die ganz bekannt dafür war: Wilhelmine Lübke. Die hat ihrem Mann ganz klar gesagt: 'So kannst du das nicht machen!' Und das auch noch vor allen Leuten. Es war während Lübkes Regierungszeit bekannt, dass die Wilhelmine eigentlich das Regiment führte."

Viel Stress und viel Einfluss

Die Frau des Bundespräsidenten, Eva Köhler, betrachtet am Dienstag (07.12.2004) in dem Flüchtlingslager Gondama in Sierra Leone die Darbietungen eines Folkloretänzers.
Die Frau des Bundespräsidenten, Eva Köhler, betrachtet am 07.12.2004 im Flüchtlingslager Gondama in Sierra Leone die Darbietungen eines Folkloretänzers. Bundespräsident Köhler und seine Frau Eva halten sich zu einer elftägigen Reise in Afrika auf.Bild: dpa

Fragt man Eva Luise Köhler nach ihrem Einfluss auf ihren Mann, lächelt sie dezent, und schweigt. Schnell nippt sie noch an einem Kaffee, den ihre Pressereferentin reicht und schon ist sie hinter den getönten Scheiben ihres Dienstwagens verschwunden. Sie wird an diesem Tag noch einen Fototermin für das Müttergenesungswerk absolvieren, sowie an einer Diskussionsrunde für die Unicef teilnehmen.

Sie ist nicht die Frau im Schatten von Horst Köhler - eher ein Medienprofi, dessen Glanz die Wirkung ihres Mannes erst möglich macht.

Ein First Man?

Doch wäre es auch umgekehrt denkbar? Eine deutsche Bundespräsidentin mit einem First Man an ihrer Seite. Die Autorin Helene Walterskirchen ist da noch sehr skeptisch. "Wir haben ja schon einige Bewerberinnen gehabt, aber es ging alles daneben. Deutschland ist aufgrund der etwas konservativen Haltung der deutschen Gesellschaft immer noch nicht so bereit für eine deutsche Bundespräsidentin und einen First Man."

Was in anderen Ländern durchaus möglich ist. Im traditionsbewußten Großbritannien erholte sich die eiserne Premierministerin Maggie Thatcher von den Strapazen ihres Jobs bei einem Tee, den ihr Gatte Dennis ihr allabendlich reichte. In Amerika wird die ehemalige First Lady, Hillary Clinton, bereits als zukünftige Präsidentin gehandelt. Ob Deutschland auch reif genug für eine Frau in dem höchsten Amt im Staate ist, entscheidet sich frühestens wieder 2009. Dann wählt die Bundesversammlung den nächsten deutschen Bundespräsidenten. Oder vielleicht doch eine Bundespräsidentin?