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Der Iran und das Uran

Peter Philipp24. Februar 2003

Nach US-Definition gehört der Iran zur "Achse des Bösen". Es gibt Vermutungen, dass Iran an einem Atomwaffenprogramm arbeitet. Beweise gibt es allerdings nicht, lediglich Uran-Funde.

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Bald betriebsbereit: das iranische Kernkraftwerk BushehrBild: AP

Der Chef der in Wien ansässigen Atomenergiebehörde IAEA, Muhamad El Baradei, hatte seinen Besuch im Iran seit Monaten geplant. Am Freitag (21.2.2003) ist er zur Inspektion iranischer Atomanlagen in Teheran eingetroffen. Der Besuch Baradeis hat aktuelle Brisanz. Der Iran - ein Mitunterzeichner des Nichtverbreitungsabkommens von Atomwaffen - gab vor kurzem bekannt, dass er sich auf dem Weg zur nuklearen Unabhängigkeit befindet. Präsident Mohamad Khatami erklärte, dass man Uran gefunden habe und beabsichtige, dieses abzubauen und für den Einsatz in stromerzeugenden Atomreaktoren zu verarbeiten.

Skepsis und Sorge

Wie nicht anders zu erwarten, löste diese Ankündigung besonders in Washington Skepsis und Sorge aus: Teheran gehört dort weiterhin zum Trio der "Achse des Bösen" (mit Bagdad und Pjöngjang) und die USA argwöhnen - unterstützt durch Israel - seit Jahren, dass der Iran insgeheim an Atomwaffen bastelt.

Nachweisen konnten die USA dies bisher freilich nicht. Im Gegenteil: Teheran war bisher mehr als bereit, mit den Wiener Atom-Kontrolleuren zusammenzuarbeiten. Und diese bestätigten dem Iran auch mit großer Regelmäßigkeit, dass die iranischen Vorhaben sich völlig im Rahmen des Zulässigen bewegten.

Zusammenarbeit mit Russland

Im Zentrum des Argwohns stand lange der Reaktor von Bushehr am Persischen Golf, unweit von Shiraz. Dort hatte noch zur Schah-Zeit der deutsche Siemens-Konzern einen zur Stromerzeugung ausgelegten Atomreaktor zu bauen begonnen, dessen Fertigstellung aber durch die islamische Revolution 1979 verhindert wurde. Nachdem die Mullahs in Teheran an die Macht gekommen waren, weigerte sich Deutschland, das Projekt fortzusetzen. Stattdessen übernahmen die Russen die Federführung. Trotz heftiger Interventionen Washingtons setzte Moskau seine Zusammenarbeit mit Teheran in Bushehr fort. Und der 1000-Megawatt-Reaktor soll nun im nächsten Jahr betriebsbereit sein.

Angespornt von diesem lukrativen Auftrag hat Moskau sich inzwischen verpflichtet, weitere Reaktoren in anderen Teilen des Iran zu bauen. Die Kritik der USA versuchte man abzuschwächen, indem man versicherte, Russland werde die Brennstäbe zurücknehmen und damit sicherstellen, dass nach der Stromerzeugung nicht auch noch andere Dinge produziert werden können - natürlich waren Nuklearwaffen gemeint.

Auf dem Weg zur Atommacht?

Washington war mit dieser Zusicherung nicht zufrieden. Aber die USA waren offenbar doch bereit, sie als eine Minimalgarantie dafür zu akzeptieren, dass der Weg des Iran zur Atommacht nicht völlig offen stehe. Und insgeheim begann man bereits zu bedauern, dass Bushehr - wenn es schon nicht zu verhindern war - nicht wenigstens von den Deutschen weiter gebaut wurde: Dann hätte man im Westen mehr und zuverlässigere Informationen über das Atomprogramm gehabt.

Nach der jüngsten Äußerung des Irans zum eigenen Atomwaffenprogramm hat sich eine neue Lagebeurteilung ergeben: Der "atomare Kreislauf" - vom Abbau des Uran über den Einsatz in Reaktoren und dann die weitere Verwendung für andere Zwecke - könnte künftig im Iran selbst vollzogen und damit internationalen Kontrollen entzogen werden. Und der Iran würde damit - nach Indien und Pakistan - zur nächsten Atommacht in der instabilen Region aufsteigen. Während Washington sich gerade krampfhaft darum bemüht, seinem Nachbarland Irak eben solche Ambitionen nachzusagen und zu unterbinden.

Nicht ganz abwegiges Horrorszenario

Die bisherige Kooperationsbereitschaft des Iran mit der Atomenergiebehörde spricht gegen dieses Washingtoner Horrorszenario. Völlig von der Hand zu weisen sind solche Vermutungen aber natürlich nicht. So weiß man, dass der Iran - wie alle anderen Erdöl-produzierenden Länder - angesichts der absehbaren Grenzen dieser Öl-Schätze nach alternativen Energiequellen sucht. Man weiß aber auch, dass zunächst einmal noch immense und noch gar nicht voll entwickelte Gasquellen zur Verfügung stehen und der Aufbau einer alternativen Versorgung mit Nuklearstrom deswegen natürlich von Argwohn und Misstrauen begleitet ist. Zumal man natürlich auch genug Motive für das befürchtete nukleare Waffenprogramm finden kann: Etwa die erwähnte Atomrüstung in Pakistan und Indien, aber auch die Bestrebungen Saddam Husseins, solche Waffen zu bekommen.