Der Juniorprofessor und das Zuckermolekül
13. März 2009Falk Nimmerjahn und sein Team haben herausgefunden, dass bestimmte Zuckermoleküle darüber entscheiden, ob Antikörper – also die körpereigenen Gesundheitspolizisten – zu Autoantikörpern werden, die das Gegenteil tun, nämlich zerstörerisch gegen den eigenen Körper vorgehen. Für die Diagnostik und die Therapie von Autoimmunerkrankungen, wie Arthritis oder Multipler Sklerose, ist diese Erkenntnis bahnbrechend. Und für Falk Nimmerjahn Grund genug, ordentlich zu feiern. Denn sagen zu können: "Ich hab jetzt eine Entdeckung gemacht, die so relevant ist, dass ich auch die Möglichkeit bekomme, sie in der Klinik umzusetzen", das passiere im Leben eines Biologen oder Immunologen relativ selten, erklärt er.
Vom Mausmodell zum Menschen
Antikörper bestehen aus Eiweißbausteinen und Zuckerseitenketten. Zuckerseitenketten wiederum sind aus mehreren Zuckerresten wie Sialinsäure und Galaktose aufgebaut. Fehlen diese Zuckerreste an den Antikörpern, verstärkt dies ihr zerstörerisches Potential. Genau das hat Falk Nimmerjahn mit Experimenten an Mäusen herausgefunden. Aber das, sagt er, sei nur der erste Schritt gewesen. Gerade werde ein Therapeutikum so modifiziert, dass es vermehrt Zuckerseitenketten aufweist. "Ende des Jahres", plant Nimmerjahn, "soll dann in ersten klinischen Tests an einer kleinen Gruppe von Patienten überprüft werden, welche Effekte und Nebenwirkungen das Therapeutikum hat".
60.000 Euro für die Forschung
Falk Nimmerjahns "herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Immunologie" waren für den Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung der Grund, ihn mit dem Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2009 auszuzeichnen. Dieser Preis ist mit 60.000 Euro dotiert und wird seit 2006 einmal jährlich an Nachwuchswissenschaftler verliehen, die an einer Forschungseinrichtung in Deutschland Besonderes in der biomedizinischen Forschung geleistet haben. Seit 2007 ist Nimmerjahn zurück in Erlangen und leitet am Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin eine siebenköpfige Foschungsgruppe.
Zwischen Bayern und New York
Der gebürtige Oberfranke hat in Bayreuth und Erlangen Biologie studiert. Nach der Doktorarbeit in München zog es ihn in die USA, an die Rockefeller-Universität nach New York als Post-Doktorand. "Ohne diesen Schritt wäre ich heute nicht hier, wo ich bin", sagt er und erklärt, Forschung sei heutzutage weltweit so stark vernetzt, dass es ganz wichtig sei, Leute und Arbeitsweisen anderer Labore - auch auf anderen Kontinenten - kennenzulernen. Noch heute arbeitet er sehr eng mit dem Labor seiner Kollegen in New York zusammen. Zurück nach Deutschland lockte ihn 2007 das Angebot, ein ganz neues Forschungsteam aufzubauen.
Beim Thema Autoantikörper gebe es noch viel zu tun. "Ich denke, das wird uns die nächsten zehn, 20 Jahre noch in Anspruch nehmen", sagt er lächelnd und fügt nach kurzem Zögern hinzu: "Wo das Ganze passieren wird, ist nicht vorhersagbar. Ich würde mich freuen, wenn es weiterhin in Deutschland wäre."
Autorin: Ricarda Otte
Redaktion: Judith Hartl