1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Kampf für Demokratie in Sierra Leone

15. September 2009

Ohne Christiana Thorpe, Leiterin der unabhängigen Wahlkommision in Sierra Leone, würde es heute im ärmsten Land der Welt vielleicht keinen Frieden geben. Jetzt hat sie den Deutschen Afrikapreis bekommen.

https://p.dw.com/p/Jgp0
Christiana Thorpe (Foto: DW)
Kämpft seit Jahren für die Demokratie in ihrem Land - Christiana ThorpeBild: Ute Schaeffer

Einmal letzter, für immer letzter? Christiana Thorpe sieht das ganz anders: Zwar stehe ihr Land zurzeit noch auf Platz 179, und somit auf dem letzten Platz des UN-Indexes zur Entwicklung, doch glaubt die Leiterin der unabhängigen Wahlkommission fest daran, dass es mit Sierra Leone rasch aufwärts geht. "Ich glaube fest daran, dass Sierra Leone ein Land sein wird, das keinem anderen nachstehen wird. Wir sind da fest entschlossen, wir machen das!"

Optimismus gehört zur Grundausstattung von Christiana Thorpe. Und den kann sie auch gut gebrauchen, denn seitdem die ehemalige Lehrerin und spätere Bildungsministerin 2005 die Leitung der unabhängigen Wahlkommission übernommen hat, ist sie vielen Anfeindungen ausgesetzt. Kein Wunder, denn der Bürgerkrieg hat auch bei der politischen Klasse die Erinnerung an demokratische Spielregeln verblassen lassen. 2007 gab es eine Wahl, bei der die an der Macht Sitzenden damit drohten, eben diese Macht auszuspielen und alles zu unternehmen, um ihre Position zu sichern.

Für gerechte Wahlen

Kinder in Sierra Leone (Foto: DW)
Viele Menschen in Sierra Leone können weder lesen noch schreibenBild: DW

Für Christiana Thorpe hieß es damals, dieses System und Denken aufzubrechen und die Menschen im Land zu ermutigen, ihr Recht auf Mitbestimmung nicht nur zu kennen, sondern auch auszuüben. Keine leichte Aufgabe in einer Gesellschaft, in der drei von vier Menschen nicht lesen und schreiben können. Doch um eine Demokratie voranzubringen, sei es vor allem wichtig, einen Weg zu finden, die Gesellschaft in die Wahlen einzubinden. "Für mich führt dieser Weg direkt über die Menschen und die gesellschaftlichen Gruppen. Auf diese Weise können wir den Menschen beibringen, warum sie wählen, wie sie wählen und worum es bei dieser Wahl eigentlich geht", sagt Thorpe. Die Unabhängige Wahlkommission bildete deshalb Multiplikatoren aus, die in die Schulen, Dorfgemeinschaften und Familien die Botschaft trugen, wählen zu gehen und die Zukunft des Landes mit zu gestalten.

Junge Demokratie

Frau auf Straße in Sierra Leone (Foto: DW)
Wahlhilfe vor Ort - Vertreter der Wahlkommision klären aufBild: DW

Was dann 2007 folgte, war ein kleines Wunder. Mit rund 75 Prozent Wahlbeteiligung gingen die Sierra Leoner zur Wahl, und neuer Präsident des Landes wurde Oppositionschef Ernest Bai Koroma. Der demokratische Machtwechsel gelang, vor allem auch durch die Glaubwürdigkeit der Wahlkommission mit Christiana Thorpe an der Spitze. Doch es ist schwer in einer Gesellschaft, die vor allem Gewalt und Krieg erlebt hat und die mit täglicher existentieller Armut kämpft, das Verständnis für den Sinn demokratischer Spielregeln zu wecken. Wichtig sei, den Menschen deutlich zu machen, worum es bei einer Wahl wirklich geht und ihnen zu erklären, "dass es eben nicht darum geht, eine bestimmte Person aufgrund ihrer ethnischen oder familiären Zugehörigkeit zu wählen. Wir wollen die Menschen davon überzeugen, stattdessen auf unser Land zu schauen. Darauf, was dessen Gesellschaft wirklich braucht."

Die Kraft des Glaubens

Man mag sich fragen, woher Christiana Thorpe die Kraft nimmt, von ihrer weißen Baracke aus unermüdlich an der Vorbereitung der Wahl 2012 zu arbeiten und in die schwer erreichbaren Regionen des Landes zu reisen, um Menschen zu überzeugen. Für die ehemalige Ordensschwester, die in den 80er-Jahren den Orden verließ, um sich politisch stärker zu engagieren, lässt sich diese Frage leicht beantworten: "Ich respektiere die Menschen sehr. Und ich glaube, dass ich die Kraft in meinem Glauben finde, in meinem Vertrauen daran, dass Gott niemanden leiden lassen will, sondern will, dass alle glücklich sind. Und wenn ich sein Instrument bin, um das zu erreichen, dann macht mich das sehr glücklich." Der Test, wie haltbar die Demokratie in Sierra Leone ist, wird im Jahr 2012 erfolgen, denn dann findet die nächste Wahl statt - Christiana Thorpe und ihr Team von der Wahlkommission jedenfalls stecken schon mitten in den Vorbereitungen.

Autorin: Ute Schaeffer

Redaktion: Michaela Paul