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Der Kampf um die Agrarmilliarden

Ellen Schuster/mik25. März 2002

Die Verhandlungen über die EU-Erweiterung gehen in die heiße Phase. In Brüssel sprachen Vertreter von Mitgliedsstaaten und EU-Aspiranten über ein besonders umstrittenes Thema: die Finanzierung der Agrarpolitik.

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Kein Land will auf EU-Gelder für die Landwirtschaft verzichtenBild: AP

Die EU-Beitrittskandidaten drängen darauf, dass ihre Bauern die gleichen Direktzahlungen erhalten sollen, wie sie bisher schon den Bauern in den alten Mitgliedstaaten zugute kommen. Doch die bisherigen EU-Mitglieder wollen keinen massiven Geldtransfer nach Osten. Sie verweisen darauf, dass der notwendige Umstrukturierungsprozess der Landwirtschaft in Mittel- und Osteuropa keine Chance habe, wenn man den dortigen Bauern hohe Direktzahlungen in Aussicht stelle.

Agrarkommissar Franz Fischler verwies zudem auf den ohnehin positiven Einfluss des EU-Beitritts für die mittel- und osteuropäischen Landwirte." Auch wenn es überhaupt keine Direktzahlungen geben würde, wäre die Integration in die Gemeinschaft besser, als außerhalb zu bleiben", betonte er. Aus Sicht der Kandidatenländer seien natürlich Direktzahlungen von 100 Prozent besser als Mittelzuflüsse von nur 25 Prozent. Letztlich müsse man jedoch politisch entscheiden, weswegen es wichtig sei, dass es für beide Seiten - die EU der 15 und die neu hinzukommenden Mitgliedstaaten – Vorteile gebe, sagte der Agrarkommissar.

Rückkehr des Kalten Krieges

Fischlers Vorschlag, die Direktbeihilfen für mittel- und osteuropäische Bauern von 25 Prozent im Jahr 2004 auf bis zu 100 Prozent im Jahr 2014 anzuheben, stößt jedoch nicht überall auf Gegenliebe. Der polnische Agrarminister und stellvertretende Ministerpräsident Jaroslav Kalinowski fühlte sich gar an Zeiten des Kalten Krieges erinnert: "In Polen gibt es einige Politiker, die den europäischen Integrationsprozess als eine Art Diktatur sehen - dieses Mal allerdings nicht aus Moskau, sondern aus Brüssel." Zu denen gehöre er nicht, sagte Kalinowski. "Auf der anderen Seite gibt es in Brüssel einige Politiker, die glauben, die Kommissionsvorschläge seien verbindlich, die Verhandlungen schon abgeschlossen, bevor sie überhaupt begonnen haben. Ich hoffe aber, sie sind in der Minderheit."

Damit bleibt die Frage, wie sich die künftigen Partner in Europa einander annähern können, weiter offen. Formal geht es so weiter: Die EU-Kommission wird einen Vorschlag für den Europäischen Rat in Sevilla erarbeiten. Sollten die Staats- und Regierungschefs es schaffen, dort eine gemeinsame Position zu finden, können die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten zügig fortgesetzt werden. Dennoch drängt die Zeit. Denn die Verhandlungen sollen eigentlich bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Trotz des Zeitdrucks äußerte sich Erweiterungskommissar Günther Verheugen optimistisch über den Fortgang der Beitrittsverhandlungen: "Ich glaube nicht, dass es zu einer Verzögerung des Zeitplans kommen wird", sagt er und fügte hinzu:"Das liegt ja auch gar nicht im Interesse der Kandidatenländer. Jede Verzögerung kostet sie ja echtes Geld und ich glaube, dass wir am Ende der Verhandlungen in dieser Frage auch eine Lösung finden werden."

Vorteil für EU-Mitglieder

Wie diese Lösung am Ende aussehen wird, ist aber noch unklar. Sicher ist nur, dass falls kein Konsens gefunden wird, die alten EU-Mitglieder am längeren Hebel sitzen: In diesem Jahr wird in mehreren EU-Staaten gewählt und da können und wollen es sich die "Alteuropäer" nicht leisten, den Beitrittskandidaten zu große finanzielle Zugeständnisse zu machen.