1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Kanzler kämpft

31. August 2005

Bundeskanzler Schröder hat die SPD in seiner 90-minütigen Rede auf dem Parteitag zur Mobilisierung aller Kräfte in der Endphase des Wahlkampfs eingeschworen. Von einer Entscheidung für die CDU könne keine Rede sein.

https://p.dw.com/p/77Nn
"Die CDU lügt dreist"Bild: dpa

"Ich sage: Nichts ist entschieden. Lasst Euch nicht ins Bockshorn jagen", rief Gerhard Schröder am Mittwoch (31.8.2005) den 500 Delegierten des SPD-Wahlparteitags in Berlin zu. Die Wahl werde erst in den letzten Tagen entschieden. "Wenn wir in den nächsten beiden Wochen gemeinsam alle Kräfte mobilisieren, wenn wir um jede Stimmen kämpfen, werden wir unser Ziel erreichen." Die trotzige Zuversicht auf einen Wahlsieg wurde von den Delegierten mit rund 13 Minuten stehendem Applaus und "Jetzt geht's los"-Rufen belohnt.

Richtungsentscheidung

Die Wahl bezeichnete der Kanzler als "weit reichende Richtungsentscheidung", da sich unterschiedliche Politik- und Gesellschaftskonzepte gegenüber stünden. "Die anderen setzen auf Spaltung und Ausgrenzung", sagte er. Die von den Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU) und Guido Westerwelle (FDP) angestrebte Gesellschaft sei kalt, unsolidarisch und damit auch unmenschlich, die SPD stehe dagegen für Solidarität, Integration und Gemeinsinn.

Angriffe auf Kirchhof

Schröder griff in seiner 90-minütigen Rede neben der Kanzlerkandidatin Merkel vor allem deren Finanzexperten Paul Kirchhof an, dem er eine lange Passage seiner Rede widmete. Den Aussagen der Union hielt er entgegen, unter seiner Regierung entstünden neue Stellen: "Die CDU lügt völlig dreist. Wir gewinnen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Seit April haben wir einen Zuwachs von 1500 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen täglich." Von der Wirtschaft verlangte er, Ausbildungsplätze zu schaffen und zu verhindern, dass Ältere aus dem Erwerbsleben fielen.

Der Kanzler warf Union und FDP vor, im Wahlkampf ein "Versteckspiel" zu betreiben. Was die Opposition biete, sei eine "Inszenierung ohne jede Substanz". Merkel und Westerwelle wollten "in der Tat eine andere Gesellschaft". Sie wollten sich von der sozialen Marktwirtschaft verabschieden und eine "Ellenbogengesellschaft" schaffen. Wer wie CDU und FDP Arbeitnehmerrechte beschneiden und die Mitbestimmung einschränken wolle, "der legt die Axt an die Wurzeln der sozialen Marktwirtschaft"sagte der Bundeskanzler. Schröder stellte sich in der Frage der betrieblichen Mitbestimmung an die Seite der Gewerkschaften. Die Union wolle den Gewerkschaften "das Kreuz brechen".

Deutliche Distanzierung von der Linkspartei

Der Kanzler distanzierte sich erneut deutlich von der Linkspartei. Ihre Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine und Gregor Gysi hätten in ihren Laufbahnen eines bewiesen: "Dass sie ihre Klamotten hinwerfen und abhauen, wenn es eng wird. Und so kann man ein Land nicht führen."

Zu den auch in der SPD intern diskutierten Fragen nach dem Vorgehen nach einer möglichen Wahlniederlage und einer möglichen großen Koalition sagte Schröder nichts. Die SPD lag in den letzten Umfragen rund zwölf Prozentpunkte hinter der Union, die gemeinsam mit der FDP eine Koalition bilden könnte.

Applaus von den "No Angies"

Vor allem junge Teilnehmer, in roten T-Shirts der Wahlkampfteams, schwenkten mit Blick auf Merkel Schilder mit dem Slogan "No Angies". Wahlen oder konkrete inhaltliche Debatten standen beim Parteitag nicht auf dem Programm. Die rund 500 Delegierten sollten einen Wahlaufruf verabschieden, der zentrale Aussagen des Wahlprogramms zusammenfasst und die Wahl auf eine Entscheidung zwischen Schröder und Merkel zuspitzt. (sams)