1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Katastrophenmanager der UNO

5. Januar 2005

Immer, wenn es auf der Erde eine Katastrophe gegeben hat, wird Jan Egeland zum wichtigsten Mann: Der UN-Hilfekoordinator regelt derzeit fast alle Einsätze nach der Flut in Südasien.

https://p.dw.com/p/654M
"Das schlechte Gewissen der Welt": Jan EgelandBild: AP

Der 46-jährige Norweger Egeland ist eher ein "Undiplomat": Er soll den reichen Ländern der Welt permanent die Stimmung vermiesen, sie an die Katastrophen, Kriege und Armut auf der Erde erinnern und den Regierungen vorwerfen, dass sie geizig sind. Das erwartet sein Chef, Kofi Annan, auch von Egeland, seit er ihn im Sommer 2003 zum UN-Hilfekoordinator ernannt hat. In den Tagen und Wochen nach der Flutkatastrophe in Südasien muss Egeland aber nicht "das schlechte Gewissen der Welt" sein, wie er selbst seine Aufgabe beschrieben hat.

Derzeit muss er sich darauf konzentrieren, die Einsätze hunderter staatlicher und privater Hilfsorganisationen im Krisengebiet abzustimmen. "Ich sehe, wie sich eine sehr breit angelegte Operation herausbildet", sagte Egeland schon am 30.12.2004, also vier Tage, nachdem die Tsunamis gewütet hatten. "Die Koordinierung ist lebenswichtig."

Von Genf aus global aktiv

Seine genaue Amtsbezeichnung ist "Leiter des Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA)" in Genf. Dadurch ist Egeland gleichzeitig Vize-Generalsekretär bei der UNO. Seitdem er dieses Amt übernommen hat, ist er viel gereist. Unter anderem nach Uganda, um zur Beilegung des Bürgerkriegs im Norden des Landes beizutragen. Er flog aber auch nach Grosny, wo er auf das Schicksal der tschetschenischen Flüchtlinge aufmerksam machte.

Jan Egeland ist auch einer der Wenigen, die sich immer wieder für ein Ende der Menschenrechtsverletzungen in der Region Darfur im Westen des Sudans einsetzen. Selbst die Flutkatastrophe nutzt er, um auf die "permanenten Katastrophen" auf der Welt hinzuweisen. "Ich bin verzweifelt über die Lage im Kongo, wo es alle vier Monate so viele verhinderbare Todesfälle gibt wie Opfer bei dieser Flutwelle", sagte Egeland bei einer seiner vielen Pressekonferenzen zu den Hilfsaktionen in Südasien.

Krisen-Karriere

Egelands Frau und seine zwei Töchter sind daran gewöhnt, dass er andauernd mit Krisen beschäftigt ist. Erfahrung mit humanitären Einsätzen hat er seit mehr 25 Jahren. Sein stets sehr direktes Auftreten hat Egelands Karriere sicher begünstigt. Nach seinem Politologie-Studium in Oslo, Berkeley, Jerusalem und Genf wurde er 1990 im Alter von 30 Jahren Staatssekretär im norwegischen Außenministerium. Während dieser Zeit übernahm Jan Egeland auch den Vorsitz des Roten Kreuzes seines Heimatlandes.

Er erzielte international viel beachtete diplomatische Erfolge, beteiligte sich an den Gesprächen zwischen Israel und den Palästinensern, die 1993 durch das Osloer Grundsatzabkommen gekrönt wurden. Er trug auch maßgeblich zur Aushandlung des Vertrags über die Ächtung von Landminen (1997) bei. Jan Egelands Arbeit wurde auch von den UN zur Kenntnis genommen, die ihn 1999 für drei Jahre zum Sonderberater für Kolumbien ernannt haben.

In seinem jetzigen Amt als UN-Hilfskoordinator war bei Egeland noch kurz vor der Katastrophe erstmals etwas Optimismus aufgekommen. Noch Anfang Dezember 2004 sagte er: "Das Jahr 2005 kündigt sich sehr gut an, weil wir endlich einmal in der Lage sein werden, die Ressourcen der Welt auf Vorbeugung und nicht auf Krisenbewältigung zu konzentrieren." Eine Welt ohne Krisen wird wohl Egelands Traum bleiben. (bde)