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Der Kuchen wächst, die Stücke schrumpfen

Jan Friedmann15. Juni 2002

In Zeiten schwächelnder Konjunktur ist China ein Wachstumsmarkt für Automobilhersteller. Doch immer mehr Modelle buhlen um die Gunst der Verbraucher. Den Auto-Konzernen droht ein Preiskrieg im Reich der Mitte.

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Chinesisches Model vor einem Bentley ArnageBild: AP

Vom Rolls Royce in Luxusausstattung bis zum Toyota-Kleinwagen: In Peking glänzten die Automodelle dieser Welt eine Woche um die Wette. Am Donnerstag (13. Juni 2002) ging in der chinesischen Hauptstadt die siebte internationale Automesse zu Ende. Vertreten war alles, was in der Welt der fahrbaren Untersätze Rang und Namen hat, darunter erstmals auch die Sportwagen-Hersteller Porsche, Ferrari, Lotus und Lamborghini.

Der schlafende Tiger

Während 2001 die Automobilproduktion weltweit um 3,9 Prozent zurückging, wuchs sie in China um 13 Prozent. Und der Tiger ist noch längst nicht satt. Im Jahr 2001 wurden rund 770.000 Neuwagen verkauft. Für das Jahr 2008 gehen Marktprognosen schon von einer jährlichen Zulassungsrate von 1.5 Millionen Fahrzeugen aus - eine Verdoppelung gegenüber dem heutigen Stand.

Seit China im vergangenen Dezember der Welthandelsorganisation WTO beigetreten ist, wird das eigene Auto erschwinglicher. Die hohen Einfuhrzölle für ausländische Fahrzeuge fielen. Auch die einheimischen Hersteller waren zu Preissenkungen gezwungen. Nach Angaben des Forschungsinstituts Automotive Resources Asia fielen die Neuwagenpreise seit dem WTO-Beitritt um 15 Prozent.

VW: Kampf mit harten Bandagen

Branchenprimus in China ist seit Jahren der Volkswagen-Konzern mit einem Marktanteil von über 50 Prozent. Das VW-Modell "Santana" entwickelte sich zum Verkaufsschlager und prägt bis heute das Bild des rollenden und ruhenden Verkehrs in China.

In den neunziger Jahren fanden sich die Wolfsburger noch allein auf weiter Flur - inzwischen muss er sich neuer Konkurrenten erwehren. Zum Beispiel ist der Kleinwagen Fiat Palio deutlich billiger als der VW Polo. Auch US-Autoriese General Motors bietet seit Mai 2001 einen Kleinwagen in China an. Toyota und Ford wollen noch im Jahr 2002 mit eigenen Modellen nachziehen, die eigens für den chinesischen Markt produziert werden.

Kaum Privatkäufe

Der chinesische Automarkt ist im Vergleich zu anderen Märkten noch sehr klein: Auf mehr als eine Milliarde Einwohner sind derzeit nur ungefähr fünf Millionen Autos zugelassen. "Wir haben die Zahl der privaten Autokäufer zu optimistisch kalkuliert", sagt Bernd Leißner, Asien-Pazifik-Präsident von VW. Derzeit werden 70 Prozent der Neuwagen von Unternehmen und Behörden gekauft, nicht von Privatpersonen.

Autogerechte Metropolen

Der momentan noch geringe Anteil von Privatkunden birgt aber auch Chancen für den Auto-Absatz. Denn Chinas Behörden setzen auf das Auto als Fortbewegungsmittel der Zukunft. Die Hauptstadt Peking wird konsequent zur autogerechten Stadt ausgebaut. Drei Millionen Autos bis zum Jahr 2008 lautet das ehrgeizige Ziel der Pekinger Planer - im Moment fahren 1,7 Millionen Fahrzeuge durch die Straßen der Metropole.

Mittlerweile umgeben vier Ringstraßen die Stadt, zwei weitere sind in Planung. Seit in der Innenstadt kaum noch Wohnungen gebaut und immer mehr abgerissen werden, sind immer mehr Chinesen auf das Auto angewiesen.

Rasender Stillstand

Schon jetzt quält sich zu Stoßzeiten eine hupende Blechlawine durch die chronisch verstopften Innenstädte der chinesischen Metropolen. China hat außerdem mit der starken Luftverschmutzung in den Ballungsräumen zu kämpfen. Bei aller Fortschrittseuphorie: Das rasche Wachstum birgt auch Probleme - dem "Automarkt des Zukunft" droht nämlich der baldige Verkehrinfarkt.