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Wer die Stars lenkt

Arnulf Boettcher11. November 2008

Wenn die DFB-Auswahl auf Achse ist, wird sie von Wolfgang Hochfellner gelenkt. Der 55-Jährige steuert seit 16 Jahren den Mannschaftbus und ist an den Spielern - von den Fans beneidet - nah dran.

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Der DFB-Mannschaftsbus bei der WM 2006 in Stuttgart
Der DFB-Mannschaftsbus bei der WM 2006 in StuttgartBild: picture-alliance/ dpa

Am 19. November ist Wolfgang Hochfellner wieder im Einsatz. Dann chauffiert der 55-Jährige die deutsche Nationalmannschaft mit dem Bus vom Teamhotel ins Berliner Olympiastadion. Dort steht der Länderspiel-Klassiker gegen England an. Für Wolle, wie er im Team genannt wird, ist es kein normaler Job. "Ich bin einfach nur glücklich und dankbar, das machen zu dürfen. Für mich ist das nach wie vor ein Geschenk. Es gibt nicht allzu viele, die so einen Traumjob haben." Von den Fans wird er daher auch gründlich beneidet. So wurde der Mannschaftsbus bei der Aktion "DFB-Hautnah" im Oktober in Düsseldorf nahezu gestürmt. Und Hochfellner musste immer wieder die gleichen Fragen beantworten: "Die Leute interessiert ganz einfach: Wer sitzt wo? Das ist das A und O."

Bus der deutschen Fußball Nationalmannschaft
Fans stehen Schlange vor dem DFB-BusBild: DW / Boettcher
Wolfgang Hochfellner Fahrer des DFB Mannschaftsbus
Wolfgang Hochfellner vor seinem ArbeitsplatzBild: DW / Boettcher

"Im Bus wird nicht mehr gezockt"

Im vorderen Teil des Busses sitzt Joachim Löw nebst seinem Trainerstab, dann auch noch Teammanager Oliver Bierhof sowie die Ärzte und Physiotherapeuten. Die gestandenen Spieler haben ihre festen Plätze ganz hinten, Torsten Frings etwa sitzt neben Kapitän Michael Ballack. Es gibt auch Vierertische, an denen sich Kartenspiele und Pokerrunden nahezu anbieten würden. "Das war früher einmal der Fall gewesen, jetzt wird gar nicht mehr gezockt", hat Hochfellner festgestellt. "Heute liegen da auf den Tischen Bücher und Zeitschriften. Oder die Spieler lümmeln sich einfach ein bisschen herum."

WM Fußball Deutschland Italien Reaktionen Michael Ballack und Torsten Frings
Ballack und Frings suchen nicht nur im Bus NäheBild: AP

80.000 Kilometer pro Jahr

Eigentlich wollte Hochfellner Landwirt werden. Doch statt auf dem Acker ist er seit 1992 mit den Kickern der Nation unterwegs. Gut 80.000 Kilometer spult er Jahr für Jahr in dem über 400 PS starken und fast 13 Meter langen Luxus-Gefährt von Mercedes-Benz herunter. "Ich fahre schon den siebten Bus. Er wird ungefähr alle zwei Jahre gewechselt." Für die Innenausstattung ist der Teammanager zuständig. Und Oliver Bierhoff hat großen Wert darauf gelegt, dass die Farben Schwarz-Rot-Gold sowohl außen am Bus als auch auf den Ledersitzen hervorgehoben sind.

WM 2006 - Deutsche Nationalmannschaft im Mannschaftsbus am Brandenburger Tor
Schwarz-Rot-Gold dominiertBild: picture-alliance/ dpa

"Es gibt keine Lieblinge"

Zu den Spielern hat Hochfellner engen Kontakt. "Man fährt nicht nur den Bus, sondern man ist Teil der Mannschaft. Man isst und schläft mit der Mannschaft oder verbringt die Abende mit dem Team." Hochfellner lenkt den Bus bei Spielen in Europa. Aber auch außerhalb des Kontinents ist er als Zweiter Zeugwart nah an der Mannschaft dran. Mit Sympathien oder Antipathien geht er dabei professionell um. "Ich versuche, jeden Spieler gleich zu behandeln. Und sie behandeln mich auch ganz normal. Es gibt da keine Lieblinge, aber man freut sich, wenn man die Spieler nach einem Monat wiedersieht."

DFB-Busfahrer Hochfellner und Kuranyi
Hochfellner und Kevin Kurany vor dessen "Flucht" aus dem DFB-TeamBild: DW / Arnulf Boettcher

Nicht immer nur Freude

Vor Spielen herrscht im Bus zumeist konzentrierte Ruhe, nach gewonnen Partien oft ausgelassene Stimmung. "Speziell bei der WM 2006 war Euphorie pur im Bus. Es wurde gelacht, getanzt und die Musik bis zum höchsten Level aufgedreht." Dafür sorgte nach Hochfellners Worten "eine wunderbare Subwoofer-Anlage, die einen tollen Sound in den Bus hinein zaubert." Doch hat er auch schon andere Heimfahrten erlebt. "Nach einer Niederlage hat man auch schon Männer weinen sehen. Das geht einem an die Nieren."

Fußball, WM 2006, Italien - Deutschland, 04.07.2006
Bernd Schneider nach WM-Aus im Halbfinale gegen ItalienBild: AP

WM 2006 als Höhepunkt

Die Weltmeisterschaft in Deutschland sieht Hochfellner als Höhepunkt seiner Fahrer-Laufbahn. Gerne erinnert er sich vor allem an Fahrten nachts auf der Autobahn "Da hatte ich hunderte von Autos als Geleitschutz. Das war so friedlich und einfach sensationell." Beeindruckt war Hochfellner auch von der Begeisterungswelle, die dem WM-Dritten Deutschland zum Abschluss der Weltmeisterschaft am Brandenburger Tor in Berlin entgegenschlug. Vergleichbares ist beim Prestige-Duell gegen England so nicht zu erwarten, doch freut sich Hochfellner jetzt schon auf die bevorstehenden Fahrten durch die Hauptstadt.

Fan Meile in Berlin vor dem Brandenburger Tor während der Fußball WM 2006
Die Fanmeile in Berlin während der WM 2006Bild: AP