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Portrait Jürgen Klopp

12. Mai 2011

Für die einen ist er schon der neue Beckenbauer, für die anderen einfach nur Kult. BVB-Trainer Jürgen Klopp hat sich als Meistermacher gekrönt und steht wie seine Spieler für die Zukunft des deutschen Fußballs.

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Portrait Jürgen Klopp vor BVB-Logo. (Foto: AP)
Bild: AP

Sympathieträger, Publikumsliebling, Vaterfigur, Kumpeltyp, Konzepttrainer – Jürgen Klopp steht für all das und noch viel mehr: Auch für Ehrlichkeit und trockene Sprüche. "Hier ist Fußball der Mittelpunkt der Erde", sagte er einmal in einem Interview über Borussia Dortmund. "Ich möchte, dass von einem Spiel mehr bleibt, als nur das Ergebnis." Im Ruhrpott lieben sie ihn dafür. Weil er sagt, was er denkt. Selbst, wenn man was ganz anderes erwartet im Moment des Dortmunder Titelgewinns von einem der emotionalsten Trainer der Bundesliga: "Es fühlt sich anders an als gedacht. Aber vielleicht kommt das noch", gestand er klatschnass von etlichen Bierduschen übergossen und dankte den Fans mit einer tiefen Verbeugung.

"In mir lodert die totale Fußballleidenschaft"

BVB-Trainer Jürgen Klopp legt sich mit dem vierten Offiziellen an. (Foto: AP )
Manchmal auch zu ungestüm: Klopp "diskutiert" mit dem vierten OffiziellenBild: AP

"Kloppo", wie er auch liebevoll genannt wird, zeigte im Moment seines größten Triumphes eine ungewohnte Seite: In sich gekehrt, still genießend. Dabei kennt man ihn anders: "In mir lodert die totale Fußballleidenschaft", gestand er einst und das beweist er auch regelmäßig: An der Seitenlinie tobt er auf und ab, bei wichtigen Toren rast er vor Freude zu seinen Spielern und wirft sich ins Jubelgetümmel, einmal wagte er auch einen freudetrunkenen Balanceakt über die Sitze und Fans auf der Kölner Tribüne, worauf er vom Schiedsrichter verbannt worden war. Sein Temperament kostete ihn schon weit mehr als 30.000 Euro, die er für seine Wutausbrüche gegenüber den Schiedsrichtern zahlen musste. Im Nachhinein findet er sich übrigens selbst ganz uneitel "einfach nur peinlich". Immer Vollgas, immer weiter – das hatte er bei seinem Amtsantritt 2008 versprochen. Selbst nach der 1:0-Führung im entscheidenden Spiel gegen Nürnberg trieb Klopp seine Spieler weiter gnadenlos nach vorn. Die Jungs sollten unter Strom bleiben, erklärte er später. Nach dem Abpfiff gab er seiner "Rasselbande" kurzerhand erstmal eine halbe Woche frei.

Kulttrainer nicht nur in Dortmund

Als Spieler war er nur Mittelmaß, kam nicht über die Zweite Liga mit dem FSV Mainz 05 hinaus. Über Nacht wurde er 2001 in Mainz vom Spieler zum Trainer befördert, rettete das Team vor dem Abstieg, führte die Mainzer nach einigen Rückschlägen in die Bundesliga (2004) und danach sogar – aufgrund der Fair-Play-Wertung – in den UEFA-Cup. Nach 18 Jahren als Spieler und Trainer wechselte er nach Dortmund. Mit der Borussia schaffte Klopp nun auch bei einem der großen Vereine den Durchbruch: Im ersten Jahr verpasste er knapp die Qualifikation für die Europa League, die er im zweiten Jahr dann schaffte – und im dritten wurde er Meister. In seinem 100. Spiel für den BVB.

Der Dortmunder Trainer Jürgen Klopp (M.) feiert den 2:0-Sieg gegen Nürnberg und die Deutsche Meisterschaft mit der Mannschaft. (Foto: dpa)
Der größte Moment seiner Karriere: Klopp feiert mit seinen BVB-Jungs die Meisterschaft 2011Bild: picture alliance/dpa

Der beste Transfer von Michael Zorc

Modern ist sein Lehrstil, offensiv die Ausrichtung seiner Mannschaften, mitreißend seine wortgewandten Ansprachen. Selbst die Medien hat er im Griff, spielt mit ihnen Hochgeschwindigkeits-Verbalfußball und überzeugt als Fußballfachmann mit seiner authentischen Art. Unter ihm wurden gleich mehrere Spieler in die Nationalelf befördert: Mats Hummels, Kevin Großkreutz, Marcel Schmelzer, Mario Götze und Sven Bender, denen er stets gepredigt hat: "Das Maximale abliefern und damit auch rausholen."

Der 43-jährige Diplom-Sportlehrer sei sein bisher bester Transfer als Manager gewesen, sagte Michael Zorc vor Monaten. BVB und Klopp – das funktioniert ziemlich gut. Ein starkes Gespann zusammen mit Zorc und Hans-Joachim Watzke, dem Geschäftsführer. "Bei uns stimmt die Chemie extrem. Wir drei haben jetzt diese Grundlage und das ist natürlich toll." Bis 2014 läuft Klopps Vertrag in Dortmund, dabei ist er längst zu dem gefragtesten Coach der Liga geworden. Selbst aus Schalke kamen Glückwünsche und auch von Bundestrainer Joachim Löw, als dessen Nachfolger Klopp ebenfalls schon gehandelt wird.

Denkmal in Dortmund

Martin Hüschen zeigt seine Tätowierung. Mitten im Bundesliga-Endspurt hat sich der optimistische Fan von Tabellenführer Borussia Dortmund die Meisterschale neben Trainer Jürgen Klopp auf den Rücken tätowieren lassen. (Foto: dpa)
Klopp für die Ewigkeit auf dem Rücken eines BVB-FansBild: picture-alliance/dpa

Geboren ist Klopp in Stuttgart, aufgewachsen in einer kleinen Gemeinde im Schwarzwald. Und doch gibt es in diesen Wochen keinen einzigen BVB-Fan, der Jürgen Klopp nicht als 100-prozentigen Borussen und echten Dortmunder feiert. Einer hat sich sogar Klopps Portrait neben der Meisterschale auf den Rücken tätowieren lassen – schon vor dem Titelgewinn. Für die BVB-Fans ist Jürgen Klopp nämlich längst einer von ihnen: "Jürgen Klopp – Du bist der beste Mann", schallte es so oft schon von der mächtigsten Stehtribüne der Welt. In Dortmund hat sich Jürgen Klopp spätestens jetzt ein Denkmal gesetzt.

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Arnulf Boettcher