1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mysteriöse Patente

13. März 2009

Wirtschaftsminister zu Guttenberg will bei seinem USA-Besuch dem Geheimnis der verpfändeten Opel-Patente auf die Spur kommen. Angesichts der Existenznöte bei GM könnte dies aber schnell nebensächlich werden.

https://p.dw.com/p/HBak
Bochumer Werk des angeschlagenen Autobauers
Bochumer Werk des angeschlagenen AutobauersBild: AP

Einen Opel hat er sich noch nicht gekauft. Aber ansonsten hat der neue Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg schon einiges unternommen, um der strauchelnden Tochter von General Motors unter die Arme zu greifen. Nun schlägt er ein neues Kapitel auf. Der 37-jährige Aufsteigerminister will mit US-Finanzminister Timothy Geithner und GM-Chef Rick Wagoner Tacheles reden. Dazu nimmt er sich ab Sonntag (15.03.2009) drei Tage Zeit.

Wo ist die Machete im Patent-Dschungel?

Will den Opel-Patenten auf den Zahn fühlen: Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (Foto: AP)
Will den Opel-Patenten auf den Zahn fühlen: Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu GuttenbergBild: AP

GM-Europa und Opel hatten vor gut zwei Wochen ein Sanierungskonzept vorgelegt, dass Opel und Vauxhall zu einer weitgehend selbstständigen Opel Europa AG verschmelzen möchte. Dafür wurden von den Nationen mit Opel-Werken Kredite oder Bürgschaften in Höhe von 3,3 Milliarden Euro eingefordert. Deutschland müsste den Hauptschuldenesel spielen. Kein Wunder, weshalb Minister zu Guttenberg einiges peinlich genau wissen möchte - beispielsweise beim Thema Patente.

Hat Opel auch nach einer Loslösung von GM noch Zugriff auf sein technologisches Know-how? Bei der Beantwortung dieser Frage müsse die GM-Spitze noch nachbessern, sagt zu Guttenberg. Die jüngsten Äußerungen von GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster nähren allerdings Zweifel, dass der resolut auftretende Minister schnell Klarheit erlangen könnte. "In den USA sind die Patente verpfändet worden", sagte Forster in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. "Bei der Neustrukturierung des europäischen Geschäfts muss das ganze unter Opel heruntergehängt werden und auch für die Transaktion werden wir eine Genehmigung der US-amerikanischen Regierung benötigen."

Die Patente liegen in einer ausgelagerten Zweckgesellschaft

Bereits Anfang 2005 hatte GM alle Patentrechte bei der extra dafür gegründeten Tochtergesellschaft GTO ausgelagert. Der Leiter der Opel-Steuerabteilung Friedhelm Wenzel erklärte, Opel-Patente seien für eine Milliarde Euro an die GTO verkauft worden.

Für Forster ist das dennoch kein Grund zur Sorge: "Jeder im Konzern kann auf diese Patente zugreifen, und zahlt eine feste Lizenzgebühr", sagt der Manager. "Das ist ein international anerkanntes Verfahren, wie globale Konzerne mit ihren hundertprozentigen Töchtern technologisches Wissen teilen."

Opel-Manager in Berlin (Foto: AP)
Die GM und Opel-Führungsriege bei der Vorstellung des Rettungskonzepts in BerlinBild: AP

Doch was passiert, wenn Opel nicht mehr vollständig zu GM gehört, sondern sich durch einen privaten Investor und der Hilfe des Staates loslöst? Steht Opel im globalen Wettbewerb dann nicht nur als Branchen-Winzling, sondern auch noch als Patentstreit-Verlierer da? GM-Manager Forster beschwichtigt: Alle Patente der GM-Tochter stünden einem potentiellen Käufer Opels in vollem Umfang zur Verfügung. Hektisch wurde diese Meldung vom Unternehmen auch noch einmal über die Nachrichtenagenturen lanciert.

Alte Patente werden bald überholt sein

Unbeeindruckt von all dem zeigt sich Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Er relativiert die Brisanz der Patentfrage - am Beispiel des jüngst erfolgreich auf dem Markt gestarteten Opel-Modells Insignia. "Schon die Folgemodelle werden nicht mehr mit General Motors gemacht werden müssen", sagt Dudenhöffer. "Da könnte man ohne Weiteres auch mit BMW oder anderen weitermachen." Auch GM habe an einem Einschluss der Patente in einen Tresor kein Interesse. Wirklich nutzen, da seien sich alle einig, sagt Dudenhöffer, könne sie eben nur Opel.

GM Zentrale (Foto: AP)
Einst ein stolzes Unternehmen ist General Motors mehr als 100 Jahre nach Gründung nun eine GeldvernichtungsmaschineBild: AP

Minister zu Guttenberg will in den USA aber nicht nur der Patentschieberei des Mutterkonzerns auf die Schliche kommen - Thema auch bei Gesprächen mit dem US-Finanzministerium. Um der Tochter vom deutschen Staat wirklich Geld in Form einer Bürgschaft zu geben, bedarf es eines klaren Bildes, wie schlecht es um den Mutterkonzern wirklich steht. Auch dass dürfte ganz oben auf der Agenda des Ministers stehen.

Wettbewerbsrecht und die Frage nach dem fairen Wettbewerb

Eine Warnung gaben die Vertreter der deutschen Wirtschaft zu Guttenberg mit auf den Weg in die USA. Auf ihrem Treffen am Freitag (13.03.2009) in München sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt: "Es sollte möglichst keine staatlichen Beteiligungen an Unternehmen geben. Bürgschaften in entsprechend berechtigten Ausnahmefällen werden von uns mitgetragen." Am Freitag desselben Abends traf sich die GM-Spitze mit Vertretern der Europäischen Kommission in Brüssel - ein leises Anklopfen der Manager, ob eventuelle Staatshilfen für Opel mit dem europäischen Wettbewerbsrecht vereinbar wären.

Doch eins dürfte klar sein: Solange Opel für seine Befreiungspläne von GM noch keinen rettenden Investor gefunden hat, bleibt die Opel Europa AG wohl eine Vision. Wohl kaum dürfte sich die Bundesregierung ohne privatwirtschaftliche Unterstützung auf das Wagnis einer Bürgschaft einlassen, insbesondere weil ihr Wirtschaftsminister immer wieder auch von einer geordneten Insolvenz Opels als echter Alternative spricht.

Wer küsst die Opel Europa AG wach?

Und genau an dieser Stelle hapert es noch: GM-Europa-Chef Forster konnte die Frage, wer einsteigen könnte, nicht beantworten: "Wissen wir noch nicht, das wissen wir wirklich nicht." Ausgeschlossen werden können nach jüngsten Meldungen zumindest einige Namen, die bereits als heiße Kandidaten galten: Der indische Tata-Konzern, BMW, Daimler, Peugeot und zwei chinesische Firmen haben bereits öffentlichkeitswirksam Nein gesagt.

Für Forster ist das kein Grund, sich aus der Ruhe bringen zu lassen: "Opel als Marke, sauber aufgestellt in Europa, kann Geld verdienen und kann auch weiterhin profitabel und erfolgreich sein." Damit das aber so kommen könnte, wird es sicherlich noch vieler Transatlantikflüge bedürfen. Wirtschaftsminister zu Guttenberg dürfte da nur den Anfang machen.

Text: Richard A. Fuchs

Redaktion: Kay-Alexander Scholz