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Der Oberlöwe aus Deutschland

Mit Winnie Schäfer unterhielt sich Oliver Samson11. Juni 2002

Winnie Schäfer war in Deutschland zuletzt eher ein Auslaufmodell. Als Trainer der "unzähmbaren Löwen" wurde er mit dem Gewinn des Afrika-Cups Anfang diesen Jahres zum Nationalhelden Kameruns. Ein Interview.

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Der Mann mit der Mähne: Winnie SchäferBild: AP

DW-WORLD: Winfried Schäfer, haben Sie lange gezögert, als das Angebot von Kamerun auf den Tisch flatterte?

Winfried Schäfer: Nein, denn die Chance bei einer WM dabei zu sein, bekommt man nicht alle Tage. Zudem waren die Leute gleich sehr nett zu mir. Ich habe mir Videos angeschaut von der Mannschaft und habe mir einen Überblick über Kameruns Spieler in Europa gemacht. Da habe ich schnell gemerkt, dass ich mit den Jungs etwas erreichen kann ­- und so war es dann ja auch beim Afrika-Cup.

Waren Sie denn vorher schon mal in Afrika?

Schwarzafrika kannte ich nur durch eine Zwischenlandung, ich glaube in Dakkar. Ich war aber trotzdem gut auf Kamerun vorbereitet. Ich habe mich an den ehemaligen deutschen Außenminister Klaus Kinkel gewandt. Er hat mich dann an Harald Gans vermittelt, den ehemaligen Botschafter in Kamerun,­ der dort gleichzeitig eine Fußballmannschaft trainiert hat. Ich wusste, was auf mich zukommt.

Sie waren auch auf die aus europäischer Perspektive mitunter bizarr erscheinenden Arbeitsbedingungen vorbereitet? Den Flug zum Afrika-Cup absolvierten ihre Spieler beispielsweise in den Gepäcknetzen einer Militärmaschine – die Bilder gingen um die Welt.


Ich weiß einfach, dass in Afrika manche Dinge so sind wie sie
sind. Aber es hat sich auch schon vieles gebessert.

Dafür war die Begeisterung nach dem Gewinn des Afrika-Cups um so eindrucksvoller…

Fußballbegeisterung gibt es natürlich auch bei uns in Deutschland, aber das ist nicht vergleichbar. Fußball ist in Kamerun der Lebensmittelpunkt. Wenn die Mannschaft oder auch nur ich irgendwo auftauchen, ist die Hölle los - ob vor dem Haus, wo eine Pressekonferenz ist, vor dem Hotel, beim Training. Da kommen schon mal 60 000 Leute -­ zum Training.

Beeinflusst es in irgendeiner Weise Ihre Arbeit, dass Kamerun deutsche Kolonie war?

Ich habe es nicht selbst gespürt, aber gehört, dass manche sich gegen einen deutschen Trainer ausgesprochen haben. Das war also schon ein Risiko für den Sportminister. Wenn wir im Afrika-Cup früh ausgeschieden wären, hätte es natürlich geheißen: Wie kann man nur einen Deutschen holen?

Spätestens seit 1990 wird immer wieder postuliert, dass
die Zukunft des Fußballs schwarz sei. Trotzdem blieb das Viertelfinal-Einzug Kameruns 1990 der größte Erfolg des afrikanischen Fußballs. Warum?

Nur Fußball zu spielen reicht bei einer WM einfach nicht aus, dazu gehört unter anderem auch eine optimale medizinische Betreuung. Da hatten afrikanische Mannschaften bisher immer Probleme. Dann fehlte die Turniererfahrung, von der die Deutschen traditionell zehren. Turniere muss man einfach spielen können. ­Wir haben beim Sieg im Afrika-Cup gezeigt, dass wir das inzwischen beherrschen. Dazu kamen natürlich auch immer taktische Defizite. Man hat das beispielsweise bei der WM 90 gesehen, im Viertelfinalspiel gegen England. Da wollte Kamerun nicht 2:0 sondern 6:0 gewinnen, die sind da immer weiter nach vorn gerannt. Wenn Kamerun ein bisschen cleverer gespielt hätte, wären sie der Halbfinalgegner von Deutschland geworden. Sie brauchen den kühlen Kopf zu ihrem begeisternden Spiel.


Und wann wird ein afrikanisches Team zum ersten Mal
Weltmeister?


2002 ist zu hoch gegriffen, vielleicht 2006.

Mit Winnie Schäfer als Trainer?

Das muss man dann mal sehen.