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Papstbesuch beginnt in Berlin

22. September 2011

Papst Benedikt XVI. ist am Berliner Flughafen von Bundespräsident Christian Wulff begrüßt worden. Mit einem Empfang im Schloss Bellevue begann der erste offizielle Besuch des Papstes in Deutschland.

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Papst Benedikt bei seiner Ankunft mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulff (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

An der Hochhausfassade des Axel-Springer-Verlages prangt über 60 Meter hoch ein riesiges Porträt von Benedikt XVI. mit der Schlagzeile: “Wir sind Papst!". Als Marketing-Gag hat der Springer-Verlag eine Riesenausgabe des Titelbildes der Bildzeitung vom 20. April 2005 aufhängen lassen. Jetzt soll es die Berliner, die am Papstbesuch in der Mehrheit nicht sonderlich interessiert sind, an den hohen Gast aus Rom erinnern. Das Boulevardblatt hat der aktuellen Ausgabe auch ein großes Plakat beigelegt. Motto: "Wir sind immer noch Papst!". Die Deutschen sehen das allerdings anders. Nach Meinungsumfragen ist die Glaubwürdigkeit des deutschen Papstes gegenüber 2005 gesunken, das Ansehen der katholischen Kirche in Deutschland wegen der aufgedeckten Fälle von Kindesmissbrauch in kirchlichen Einrichtungen sank ebenfalls. Auf dem Berliner Boulevard "Unter den Linden“ hat die Stadt einige weiß-gelbe Flaggen mit dem Wappen des Papstes gehisst. Mehr ist vom Besuch aus dem Vatikan in der Hauptstadt nicht zu sehen.

Kein Bad in der gläubigen Menge

Die Titelseite der "Bild"-Zeitung mit dem Papst hängt am Mittwoch (21.09.2011) an der Fassade vom Axel Springer Verlag in Berlin. Foto: XAMAX
"Bild" hat sich mit diesem Titel ein Denkmal gesetztBild: picture-alliance/dpa

Persönlich werden nur wenige Berliner den 84-Jährigen sehen können, wenn sie nicht zu den 70 000 Menschen gehören, die sich ein Ticket für den Gottesdienst im Olympiastadion am Abend gesichert haben. Tagsüber ist der Papst abgeschirmt. Es herrscht Sicherheitsstufe eins. Tausende Polizisten aus mehreren Bundesländern sind im Einsatz. Das Schloss Bellevue, der Reichstag und die Apostolische Nuntiatur, wo der Papst übernachten wird, sind weiträumig abgesperrt. Ein Bad in der Menge ist nach Angaben des Erzbistums Berlin aus Sicherheitsgründen nicht vorgesehen.

Wer den Papst sehen will, muss Fernsehen gucken. Drei Sender übertragen live. Das Papamobil, der gepanzerte, gläserne Wagen des Papstes, kommt nur im Olympiastadion zum Einsatz. Dort wird Benedikt XVI. eine Runde auf der Laufbahn drehen und die Gläubigen segnen. Das Interesse am Gottesdienst war für die Organisatoren überraschend groß, obwohl es in Berlin nicht viele Katholiken gibt. Viele Gläubige kommen mit Sonderzügen aus Westdeutschland. Aus dem nahe gelegenen katholischen Polen kommen nur 2000 Pilger nach Berlin.

Proteste gegen Sexualmoral

Verkehrsschild weistauf Sperrungen hin (Foto: dpa)
An vielen Orten in Berlin ist kein Durchkommen mehrBild: picture-alliance/dpa

Auch die angekündigten 20.000 Demonstranten werden den Papst wohl nicht zu Gesicht bekommen. Aus Sicherheitsgründen hat die Polizei die Proteste gegen die Sexualmoral der Kirche und deren Ablehnung homosexueller Lebensgemeinschaften auf einen Platz zwei Kilometer südlich des Bundestages verlegt, außer Hörweite. An der Demonstration am Nachmittag wollen auch etliche Mitglieder des Parlaments von den Parteien "Die Linke" und "Bündnis90/Die Grünen“ teilnehmen. Bis zu 100 Abgeordnete wollen der ersten Rede eines Papstes im deutschen Parlament fernbleiben. Darüber war in den letzten Tagen ein heftiger Streit ausgebrochen. Die Linke pocht auf die Trennung von Staat und Kirche. Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der katholischen Bischofe in Deutschland, bat darum den Papst erst einmal anzuhören. Schließlich habe der Bundestagspräsident den obersten Katholiken mit Zustimmung aller Fraktionen ins Parlament eingeladen.

Ökumene soll gefördert werden

Der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, bei einer Weihnachtspredigt. Foto: Rolf Haid dpa/lsw +++(c) dpa - Report+++
Erzbischof Zollitsch bei einer WeihnachtspredigtBild: picture-alliance/ dpa

Erzbischof Robert Zollitsch erwartet weder von der Rede im Bundestag noch von der Begegnung mit der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland große Sensationen, eher eine Ermutigung, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Das sagte Zollitsch noch einmal kurz vorm Eintreffen des Papstes gegenüber der Presse. Auch Benedikt XVI. erwartet von der ökumenischen Begegnung mit der Evangelischen Kirche am zweiten Tag seines Besuchs in Erfurt "keine Sensationen". Das hatte er in der religiösen Sendung "Wort zum Sonntag" im ARD-Fernsehen gesagt. Robert Zollitsch sagte, die Aussöhnung der beiden Konfessionen werde noch dauern und Zeit brauchen. "Wir waren 500 Jahre getrennt und nähern uns erst seit 50 Jahren wieder langsam an." Vor fast fünfhundert Jahren hatte der katholische Mönch Martin Luther mit seinen Thesen die Protestanten von der Kirche abgespalten. Er wirkte auch in Erfurt. Und genau diesen Ort sucht der Papst jetzt symbolhaft auf.

Papst: Kein Tourismus

Zollitsch erwartet, dass der Papst die 25 Millionen Katholiken in Deutschland ermutigen wird, ihren Glauben zu leben und einen Dialog über die Zukunft der Kirche mit den Bischöfen zu führen. Aller Voraussicht nach wird Benedikt XVI. auf seiner dritten Station in Freiburg auch Opfer von Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen treffen und sich noch einmal ausdrücklich im Namen der Kirche entschuldigen.

Blick auf das gotische Muenster in Freiburg,am Dienstag, 6. Mai 2008. Der 116 Meter hohe, filigran durchbrochene Turm gilt als einer der Hoehepunkte gotischer Baukunst.(AP Photo/ Winfried Rothermel) - View of the old gothic cathedral of Freiburg, on Tuesday, May 6, 2008,(AP Photo/ Winfried Rothermel).
Das Freiburger MünsterBild: AP

Zu den vier großen Gottesdiensten während der Reise werden bis Sonntag 250.000 Menschen kommen. Das ist verglichen mit anderen Papstreisen nicht viel. Der Papst habe aber bewusst Diözesen im Osten Deutschlands, in der Diaspora und die kleinere Stadt Freiburg ausgesucht, um zur Erneuerung des Glaubens zu ermutigen. "Das ist ja kein religiöser Tourismus und schon gar keine Schau", hatte Benedikt XVI. im ARD-Fernsehen gesagt. Es gehe um das Motto dieser offiziellen Visite: "Wo Gott ist, da ist Zukunft."

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Silke Wünsch