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Der italienische Regisseur Roberto Rossellini

Jochen Kürten7. März 2013

Er gilt als Begründer des italienischen Neorealismus. Bekannt ist Rossellini vor allem für seine frühen Filme. Doch auch in späteren Jahren drehte der Regisseur bemerkenswerte Werke. Wiederzuentdecken jetzt auf DVD.

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Ingrid Bergman an der Seite des italienischen Regisseurs Roberto Rossellini (Foto: Central Press/Getty Images)
Bild: Getty Images

Filme des italienischen Regisseurs Robert Rossellini wiedersehen heißt auch: Begegnung mit der Filmgeschichte, Eintauchen in eine lange zurückliegende Kinoepoche. Dabei ist Rossellini für viele große Filmregisseure noch heute ein Vorbild. Der amerikanische Regisseur Martin Scorsese, dem gerade im Herzen der deutschen Hauptstadt eine Ausstellung gewidmet ist, ist ein bekennender Rossellini-Fan. Und auch die berühmten französischen Regisseure der Nouvelle Vague, François Truffaut, Jean-Luc Godard und Eric Rohmer, sahen im Italiener einen der Taufpaten des modernen Kinos. Rossellini ist also (auch) ein Regisseur für Regisseure, die sich für Filmgeschichte interessieren. Scorsese bemüht sich heute wie kein anderer bekannter Filmemacher um die Restaurierung von bedrohten Filmklassikern. Truffaut, Godard und Rohmer waren, bevor sie selbst Filme drehten, Kritiker, die über Filmgeschichte schrieben. 

Begründer des Neorealismus

In Deutschland ist Rossellini heute vor allem aufgrund seiner Filme aus den späten '40er Jahren berühmt. Damals schuf er die heute als "Trilogie des Krieges" bekannt gewordenen Werke "Rom, offene Stadt", "Paisa" und "Deutschland im Jahre Null". Diese Trilogie gilt als Herzstück des Neorealismus, jener ästhetischen Neuerungsbewegung des Kinos, die nach dem 2. Weltkrieg mit Laiendarstellern, authentischen Schauplätzen und einem humanistischen Gestus antrat - als Gegenbewegung zum Kino des Faschismus und der Propaganda

Rossellini wiedersehen heißt also auch: sich auseinandersetzen mit europäischer und deutscher Nachkriegsgeschichte. "Rom, offene Stadt" erzählt in noch heute ungeheuer beeindruckender Art und Weise vom Leben italienischer Partisanen und von deren Kämpfen in den letzten Kriegsjahren. "Paisa", an dessen Drehbuch Klaus Mann beteiligt war, gibt in sechs Episoden Einblick in die Phase der Befreiung Italiens durch die Alliierten. Und "Deutschland im Jahre Null", die Geschichte eines zwölfjährigen Jungen, der sich in den Trümmern Berlins durchschlägt, ist allein aufgrund des Schauplatzes noch heute eine sensationelle Filmerfahrung. Rossellini realisierte den Film im Jahre 1946 im zerstörten Berlin. Diese neorealistische Phase seines Werks verschaffte dem italienischen Regisseur einen herausragenden Platz in der Filmgeschichte.

Szene aus dem Film "Paisa" von Roberto Rossellini (Foto: Koch Media)
Leben nach dem Krieg: Szene aus Rossellinis "Paisa"Bild: Koch Media

Begegnung mit Ingrid Bergman

Ein scheinbar radikaler Bruch im Werk des Filmemachers tat sich dann in den 1950er Jahren auf. Die Liason mit der aus Schweden stammenden Hollywoodschauspielerin Ingrid Bergman führte zu sechs gemeinsamen Filmen. Werke wie "Stromboli" oder "Reise in Italien" waren allerdings alles andere als Starvehikel für die berühmte "Casablanca"-Darstellerin. Es waren streng inszenierte, gleichzeitig melodramatisch aufgeladene Psychodramen, die existenzialistische Fragen an den Zuschauer stellten. Insbesondere auch diese Filme führten dazu, dass spätere Regie-Generationen Rossellini verehrten und bewunderten.

"Paisa", "Stromboli" und "Reise in Italien" sind in einer neu erschienenen Roberto-Rossellini-DVD-Edition enthalten. Der vierte Film, "Es war Nacht in Rom", dürfte den meisten Kinointeressierten dagegen weniger bekannt sein, stammt dieser doch aus einer späteren Phase der Karriere des Regisseurs. Im Gegensatz zum neorealistisch geprägten Beginn und den Arbeiten mit Ingrid Bergman ist das Spätwerk des Italieners hierzulande viel weniger bekannt.

Szene aus dem Film "Reise in Italien" von Roberto Reossellini (Foto: Koch Media)
Geheimnisvolle Reise ducrh Italien: Roberto Rossellinis "Reise in Italien"Bild: Koch Media

Zeichen setzen während des Kalten Krieges

In "Es war Nacht in Rom" knüpfte Rossellini noch einmal an den Neorealismus an. Erzählt wird die Geschichte von drei alliierten Soldaten, die sich in den letzten Kriegsjahren vor den Deutschen in Italien verstecken. Nachdem Italien 1943 einen Waffenstillstand unterzeichnet hatte, wurden die Deutschen zur Besatzungsmacht, die ehemals Verbündeten zum Gegner. Die drei Soldaten, ein Russe, ein Brite und ein Amerikaner, ziehen von Versteck zu Versteck, in ständiger Angst entdeckt zu werden. "Im Stil einer Chronik fesselnd geschildert, konzentriert sich der Film ganz auf die Darstellung individueller Schicksale und zwischenmenschlicher Beziehung" fasst das Lexikon des Internationalen Films die Handlung von "Es war Nacht in Rom" zusammen.

Es ist ein humanistisches Werk. In Zeiten des Kalten Krieges gedreht, war die Besetzung der drei männlichen Hauptdarsteller mit einem russischen, einem britischen und einem amerikanischen Schauspieler natürlich kein Zufall. Rossellini gelang es hier einerseits einen historischen Film über dramatische Ereignisse aus den letzten Kriegsjahren zu inszenieren wie er auf der anderen Seite einen ganz aktuellen Kommentar zu den damaligen Zeitläuften abgab. 137 Minuten dauert die jetzt auf DVD wieder zu entdeckende Originalfassung, die das Sprachgewirr des Drehbuchs ganz bewusst beibehält. So entfaltet der Film noch heute seine Wirkung.

Smiling Roberto Rossellini und Ingrid Bergman (Foto: ap)
An der Seite von Ingrid Bergman (Foto: ap)Bild: AP

Roberto Rossellini: Vier Filme in einer Box, Paisa, Stromboli, Reise in Italien, Es war Nacht in Rom, mit Extras und Booklet, DVD-Anbieter Koch Media.    .