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Der Südsudan vor dem Referendum

9. Juli 2010

In einem halben Jahr stimmt die Bevölkerung des Südsudan über ihre Zukunft ab. Wird der Südsudan Teil des Sudan bleiben oder einen eigenen Staat bilden?

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Der Krieg ist vorbei, die Not bleibtBild: DW

In Afrika könnte demnächst ein neuer Staat entstehen. Am 9. Januar 2011 ist die Bevölkerung des Südsudan aufgerufen, in einem Referendum zu bestimmen, ob sich der Süden des Riesenlandes abspalten soll. Darauf haben sich die ehemaligen Bürgerkriegsparteien im Friedensabkommen von 2005 verständigt. Sie beendeten damals einen 22 Jahre dauernden blutigen Krieg zwischen dem islamisch geprägten Norden und dem christlich geprägten Süden. Mehr als vier Millionen Menschen waren den Auseinandersetzungen zum Opfer gefallen. Weitere Millionen wurden in die Flucht getrieben.

Bis zum Friedensvertrag von 2005 (Comprehensive Peace Agreement CPA) kämpfte die südsudanesische Befreiungsbewegung SPLM (Sudan People´s Liberation Movement) für die Unabhängigkeit des Südsudan. Seit dem Abkommen stellt sie den Vizepräsidenten des Sudan und den Regierungschef im Südsudan, der weitreichende Autonomierechte erhielt. Dem Ergebnis des Referendums wolle er nicht vorgreifen, sagt William Deng Deng von der SPLM bei einem Besuch in Berlin. "Wir, also die SPLM, werden natürlich auf die Einheit hinarbeiten. Wir wollen der Einheit erstmal eine Chance geben." Gleichzeitig sei es aber das demokratische Recht derer, die für eine Sezession seien, dafür zu werben. Das Ergebnis des Referendums müssten dann alle akzeptieren, egal, wie es ausfallen werde.

Viele ungeklärte Fragen

Südsudan Rebellen Kämpfe Bürgerkrieg
Schleppende Entwaffnung verzögert EntwicklungBild: picture alliance / dpa

William Deng Deng ist Chef der südsudanesischen Kommission zur Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration von Ex-Kommandanten. Zusammen mit seinem Kollegen Daniel Deng Fual und einigen internationalen Sudan-Experten hat er in Berlin Gespräche über die Lage im Sudan ein halbes Jahr vor dem Referendum geführt.

Viele, vor allem technische und administrative Fragen, sind noch nicht geklärt. Wer darf wählen, wie soll abgestimmt werden, wer soll das Referendum organisieren und seine Rechtmäßigkeit überwachen? Zachary Vertin, Sudan-Experte der Nichtregierungsorganisation International Crisis Group und Berater der Vereinten Nationen, sieht in diesen Fragen politischen Sprengstoff. Sie könnten von interessierter Seite instrumentalisiert werden, um das Referendum scheitern zu lassen, mahnt er. Besondere Beachtung verdiene die Frage, wer abstimmen dürfe. Denn viele Südsudanesen lebten im Norden oder gar im Ausland. Noch sei ungeklärt, ob und wie sie an der Abstimmung beteiligt werden könnten. Dies müsse die Wahlkommission entscheiden.

Große Aufgaben nach dem Referendum

Daneben gibt es zahlreiche andere ungeklärte Fragen. Zum Beispiel, was mit den drei Grenzregionen geschehen soll. Die ölreiche Provinz Abyei jedenfalls wird in einem gesonderten Referendum entscheiden, ob sie im Falle einer Spaltung des Sudan zum Norden oder zum Süden gehören will.

Sollten die Menschen im Südsudan sich in einem halben Jahr für die Sezession aus dem Gesamtstaat entscheiden, kommt auf die Regierung in der Hauptstadt Juba viel zu, prophezeit William Deng Deng. "Man wird alles zur gleichen Zeit tun müssen. Man muss eine Verwaltung aufbauen, die Sicherheitskräfte, die Regierung." All dies stelle für die Regierung im Südsudan eine große Herausforderung da, zumal sie nicht über genügend gut ausgebildete Fachleute verfüge. "Vergessen Sie nicht, wir hatten 22 Jahre Krieg", erinnert William Deng. In dieser Zeit hätten nur wenige Südsudanesen die Chance gehabt, sich im Ausland ausbilden zu lassen. Daher gäbe es zu wenige Fachkräfte, um einen neuen Staat aufzubauen.

Deutsche Unterstützung gebraucht

Bildung im Südsudan
Fehlende Fachkräfte, fehlende LehrerBild: Daniel Pelz

Darüber hinaus fehlt es dem Südsudan an Infrastruktur und an wirtschaftlicher Überlebensfähigkeit. Selbst die Erdölförderung und der Verkauf des Öls funktionieren nur mit Hilfe des Nordens und der Pipelines, die vom nördlichen Sudan zum Roten Meer führen.

Der Südsudan wird, sollte er sich für die Unabhängigkeit entscheiden, auf Kooperation mit Khartoum und auf internationale Hilfe angewiesen sein, sagt Daniel Deng Fual, Chef des südsudanesischen Büros für Gemeindesicherheit und Waffenkontrolle. Dabei könne auch Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Bereits jetzt leiste die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) dringend benötigte technische Hilfe im Südsudan. Darüber hinaus könne sich die Bundesregierung aber auch in den internationalen Organisationen einbringen und helfen, die humanitäre Krise im Südsudan zu lindern.

"Wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können", da ist sich Daniel Deng Fual sicher.

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Dirk Bathe