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Der Schmiermittel-Konzern

Daniel Hirschler12. November 2003

In Paris wird im Mammutprozess um die Machenschaften beim ehemals staatlichen Erdölkonzern Elf das Urteil erwartet. Angeklagt sind 37 Personen, darunter auch der frühere Konzernchef.

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Viel Verdacht, wenig KlarheitBild: AP

Elf ist die Abkürzung für "Essences et lubrifiants français" also "Französische Treibstoffe und Schmiermittel". Vor allem aber steht Elf für die größte europäische Finanzaffäre. Darin waren "Schmiermittel" in Millionenhöhe der Stoff, mit dem persönliche Bereicherung und skrupelloser Machtmissbrauch betrieben wurde.

Von der Untersuchungsrichterin Eva Joly stammt die Einschätzung, es handele sich hier um eine europäische Finanzaffäre von bisher nicht gekanntem Ausmaß. Wie groß die Verwicklungen wirklich sind, liegt eigentlich immer noch im Dunkeln: Über 300 Bände füllt die Beweisaufnahme für den Prozess und den Juristen ist nur eines klar: dass niemals alles klar sein wird. Am Mittwoch (13.11.2003) wird in Paris das Gerichtsurteil erwartet.

Krieg mit Öl

Zu sehr ist der ehemals staatliche Konzern mit der französischen Hochpolitik verknüpft, als dass man mit uneingeschränkter Aufklärung rechnen darf. Von Anfang an galt er als Mittel zum Zweck, französische Unabhängigkeit von internationalen Ölkonzernen zu erreichen, in dem man seine Ex-Kolonien abhängig machte.

Zunächst installierte die französische Regierung im westafrikanischen Gabun nach dessen Unabhängigkeit 1967 einen Paris-hörigen Staatschef, Omar Bongo. Dann sicherte sich der staatseigene Ölkonzern die Konzessionen für die dortige Ölvorkommen. Zitat des heute noch amtierenden Bongo: "Frankreich ohne Afrika, das ist wie ein Auto ohne Sprit, Afrika ohne Frankreich ein Auto ohne Chauffeur."

Deutsch-afrikanisches Konkurrenzgebaren

Nach Gabun folgten weitere Ex-Kolonien, in einigen Ländern engagierte man sich jenseits wirtschaftlicher Vernunft, einzig aus politischen Gründen. Und, so Kritiker, man scheute dabei auch nicht den Krieg als Mittel zum Zweck. Es wird sogar vermutet, Elf habe in Afrika mehr mit Waffen als mit Öl gehandelt.

Eben jener Omar Bongo, mit dem alles anfing, drehte die Suchscheinwerfer der Ermittler auf den deutschen Part im Elf-Skandal: Man solle doch mal genauer nachschauen, was beim Deal um die Leuna-Werke und das ostdeutsche Tankstellen-Netz alles an Bestechungsgeldern geflossen sei. Omar Bongo wollte verhindern, dass die Pariser Ermittlungen auch ihn und seine Geldgeber bedrohen könnten.

Ende des Konzerns und seiner Korruption

Man darf vermuten, dass dies dennoch so geschehen ist. Im ersten Prozess um die Machenschaften bei Elf im Jahr 2001 sind die zentralen Figuren im Milliarden-Spiel um Schmiergelder und Schmiermittel alle verurteilt worden: Der ehemalige Konzernchef Loïk Le Floch-Prigent und sein Adlatus Alfred Sirven ebenso wie der ehemalige Außenminister Frankreichs, Roland Dumas, und seine seinerzeit von Elf finanzierte Ex-Geliebte Christine Deviers-Joncour. Dumas wurde zwischenzeitlich in Revision freigesprochen, die beiden anderen Herren erreichten verkürzte Strafzeiten. Jetzt stehen sie wieder vor Gericht.

Anstoß für die achtjährigen Ermittlungen gaben politische Veränderungen. Erst wechselte die Regierung, dann, bei einem "Staatsunternehmen“ wie Elf nicht unüblich, wurde auch die Konzernspitze ausgetauscht. Der neue Mann, Phillip Jaffré, führte Elf - da sind sich Beobachter einig - erfolgreich aus der Korruption und daneben auch in die Privatisierung. Rücksicht auf den Namen des Konzerns, wie als Entschuldigung im ersten Prozess angeführt, brauchte deswegen bei den neuerlichen Verhandlungen niemand zu nehmen: Inzwischen ist die alte Elf von TotalFinal übernommen worden, die zukünftig nur mehr als Total firmieren will.