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Senegal, der Strom und der Ramadan

12. August 2010

Der Senegal hat massive Probleme mit dem Strom. Das soll offiziell technische Gründe haben, aber Kritiker vermuten als Ursache politische Schlamperei. Die Wirtschaft leidet darunter, und die Menschen sind wütend.

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Abdoulaye Wade (Bild:DW)
Präsident Wade gerät immer mehr in die KritikBild: DW

Dakar ist ein heißes Pflaster. Nicht nur, weil das Thermometer seit Wochen die 40 Grad überschreitet. Sondern auch, weil in der Hauptstadt des Senegal buchstäblich die Stimmung kocht. Seit Monaten fällt der Strom immer wieder aus, manchmal für ein paar Stunden am Tag, manchmal gleich mehrere Tage. Aufgebrachte Menschen schimpfen über die Regierung und den Präsidenten. Sie fordern Senegals Präsidenten Wade auf: "Mach uns endlich das Licht wieder an! Abdoulaye Wade, wir wollen, dass Du endlich zurücktrittst!"

Krankenhaus in Dakar (Bild: AP)
Ebenfalls auf Strom angewiesen - die Kliniken im SenegalBild: AP

Seit Jahren wird das Problem der Stromausfälle im Senegal immer schlimmer. Nun mischen sich sogar die Imame ein: Die religiösen Führer des Landes haben das heikle Thema für sich entdeckt und die Bevölkerung aufgefordert, ihre Stromrechnung nicht mehr zu bezahlen. Wozu auch - wenn aus den Steckdosen sowieso kein Saft mehr kommt. Immerhin - Senegals Energieminister Samuel Sarr hat sich dem Druck der Straße gebeugt und dem Parlament zum ersten Mal Rede und Antwort gestanden. "Die Stromausfälle sind unerträglich und inakzeptabel. Wir tun alles, um das Problem zu beheben." Im gleichen Atemzug weist Sarr jedoch jede Schuld zurück. Die Stromausfälle hätten nichts mit der Energietechnik zu tun, der verwendete Brennstoff sei einfach schlecht und entspräche nicht den Qualitätsanforderungen.

Mangelnde Energiepolitik

"Schlechter Sprit" als Ursache - vielmehr ein schlechter Witz für die meisten Senegalesen. Auch der Energieexperte Djibril Thiongane beklagt schon lange, dass der Senegal komplett von fossilen Brennstoffen abhängig ist und seinen Strom mit veralteten Generatoren produzieren lässt - von der staatlichen Stromgesellschaft Senelec. Die hält Thiongane für korrupt und schlecht organisiert. "Wir leben hier von der Hand in den Mund, hier wird schon so lange improvisiert und gewurtschtelt. Das ist eine Katastrophe. Die Stromgesellschaft schleppt sich mit ihrer ganzen Infrastruktur von einem Tag zum nächsten." Doch es gebe im Senegal einfach keine Energiepolitik, kritisiert Thiongane, auch langfristige Bedarfspläne, die es sonst überall gebe, würden hier nicht gemacht.

Schule im Senegal (Bild: dpa)
Ohne Strom - kein InternetBild: picture-alliance / Godong

Geschehen ist im stolzen Senegal an der Energiefront offenbar viel zu lange viel zu wenig, und nun bringen die Stromausfälle die Menschen an den Rand des Ruins. In der Medina von Dakar kämpfen Kleinbetriebe längst ums Überleben. Mustafa, der Schneider, hat seit Tagen keinen Anzug mehr fertignähen können, seine Kunden springen ihm ab, die Gläubiger sitzen ihm im Nacken. Und Mohammed, der ein Internetcafé betreibt, verbringt täglich viele Stunden in der langen Warteschlange an der Tankstelle. Kein Diesel - kein Strom, kein Strom - kein Internet. Mohammed fürchtet inzwischen um seine Existenz: "Der Brennstoff wird immer knapper, das macht den Liter immer teurer. Schon jetzt ist mein Tagesumsatz um mehr als ein Drittel eingebrochen!"

Hitze, Stromausfälle, hohe Preise

Und das ausgerechnet im Fastenmonat Ramadan, der ohnehin ein Loch in jeden Geldbeutel reißt, wegen der vielen Feierlichkeiten. Und nun steigen die Preise noch weiter, weil der Strom knapp ist. Alles ist teurer geworden - vor allem das, was die Frauen brauchen, um das große Abendessen nach dem Fastenbrechen zuzubereiten - Gemüse, Milch, Getreide, Fisch.

Normalerweise ist der Ramadan auch im Senegal eine Zeit der Ruhe, der Einkehr und des Friedens. Doch wenn die Menschen abends weiter im Dunkeln sitzen müssen und ihre Einkäufe verrotten, dann wird der heilige Monat diesmal ganz anders verlaufen - und das Image des Langzeitpräsidenten Abdoulaye Wade weiter ramponieren.

Autor: Alexander Göbel
Redaktion: Carolin Hebig