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Strippenzieher von Davos

Manfred Götzke, zurzeit Davos28. Januar 2009

Einmal im Jahr reist die Crème de la Crème aus Wirtschaft und Politik in einen Schweizer Skiort, um die Probleme der Welt zu diskutieren. Der Mann, der sie zusammen bringt, heißt Klaus Schwab. Ein Porträt.

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Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums auf dem Treffen 2007 (Quelle: AP)
Seit 38 Jahren organisiert Klaus Schwab das WeltwirtschaftsforumBild: AP

Wenn es einen obersten Netzwerker der Globalisierung gibt, dann ist er es: Klaus Schwab kennt weltweit wahrscheinlich die meisten Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Denn eine große Zahl von ihnen folgt jedes Jahr seiner Einladung: zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. So auch im zweiten Jahr der Wirtschafts- und Finanzkrise.

"Wir haben hier 90 Länder versammelt, fast 50 Staatschefs kommen", sagt der 70-jährige Wirtschaftsprofessor in einem Interview. Die Schlüssel-Herausforderung in diesem Jahr sei es, mit einer Stimme der Solidarität zu sprechen - schließlich sei die aktuelle Wirtschaftskrise die erste wirklich globale Krise. "Wenn wir da raus kommen wollen, dann nur in einer global koordinierten Art und Weise. Wie diese Koordination hinzubekommen ist, das ist die größte Herausforderung für Davos."

Sinnbild einer arroganten Geldelite?

Klaus Schwab mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder beim Weltwirtschaftsgipfel 2002 in New York (Quelle: AP)
Schwab kennt sie alle: hier im Februar 2002 mit Ex-Kanzler Gerhard SchröderBild: AP

Seit 38 Jahren organisiert Schwab nun schon dieses Forum. 1971, kurz bevor er Professor für Unternehmenspolitik an der Universität Genf wurde, begann die Geschichte von Davos als bescheidenes Managertreffen. Mittlerweile ist daraus ein Weltereignis geworden, bei dem sich jedes Jahr Ende Januar etwa 2500 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft Wissenschaft und Kultur versammeln. Und das jedes Jahr von neuem polarisiert: Für die Teilnehmer ist Davos eine Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen oder Geschäfte anzubahnen. Für die Kritiker das Sinnbild einer arroganten Geldelite, die sich in einem Schweizer Bergkurort selbst feiert.

Doch dafür dürfte bei diesem Treffen wenig Gelegenheit sein: Auf Veranstaltungen mit Titeln wie "36 Stunden im September. Was lief schief?" werden Manager, Psychologen, und Finanzexperten ergründen, wie 600 Milliarden Dollar in zwei Tagen verbrannt werden konnten. Solche Runden, glaubt Schwab, können zumindest helfen, diese Fehler nicht noch einmal zu machen.

"Ich denke, wenn mehr als 2000 Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft nach Davos reisen, wollen sie klare Ergebnisse", sagt Schwab. Ein Treffen, auf dem Dinge endgültig beschlossen werden, ist Davos allerdings nicht. "Es geht eher darum, Meinungen zu bilden, es soll sichergestellt werden, dass jede Entscheidung, die später von den jeweiligen Teilnehmern getroffen wird, auf den besten strategischen Einsichten basiert."

"Oberster Kritiker der Globalisierung"

Auch wenn es so aussieht, als würde Schwab in Davos schon seit Jahren die Verfechter des Marktradikalismus hofieren - der Organisator kritisiert schon lange die Gier auch derjenigen, die alljährlich zu seinem Forum kommen. Die professionelle Rolle des Managements sei durch Bonussysteme ausgehöhlt worden, schreibt Schwab in einem Essay. Und wird noch deutlicher: das Berufsethos des Managementberufs sei durch kurzfristiges Gewinnstreben pervertiert worden. Auch mit einer Stiftung tritt er seit gut zehn Jahren für eine andere Form von Management ein: Die "Schwab Foundation for Social Entrepreneurship", widmet sich der Frage, wie Wirtschaftswachstum auch dem sozialen Fortschritt dienen kann.

Der Skiort Davos aus der Vogelperspektive (Quelle: dpa)
Seit Jahrzehnten tagt das Weltwirtschaftsforum im kleinen Schweizer Skiort DavosBild: picture-alliance/ dpa

Für das Weltwirtschaftsforum hat Schwab vor einigen Jahren das nicht unbescheidene Ziel formuliert, den Zustand der Welt zu verbessern. 2009 wäre schon viel erreicht, wenn Davos drei Monate vor dem Weltfinanzgipfel dazu beitragen könnte, den Zustand des Finanzsystems ein wenig zu verbessern. "Wir haben zwei Aufgaben vor uns", sagt Schwab. "Die erste: die Krise selbst managen, die zweite: die Welt nach der Krise formen. Nur wenn wir langfristig denken und handeln, können wir Vertrauen wieder herstellen, Vertrauen in unser Wirtschaftssystem und Vertrauen in unsere Zukunft."