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Chronik des Kennedy-Clans

26. August 2009

Edward Kennedy, der jüngste Bruder von John F. Kennedy, ist an den Folgen eines Gehirntumors verstorben. Mit dem Senator von Massachusetts verliert die demokratische Partei einen ihrer bedeutendsten Politiker.

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Sen. Edward M. Kennedy (Foto:AP)
Gestorben: Edward M. Kennedy, Senator des US-Bundesstaats MassachusettsBild: AP

Aber auch der Famlienclan der Kennedys verliert seine Gallionsfigur. Edwards Vater Joseph Patrick Kennedy ist der Begründer dieses Clans, der die politische Schlagzeilen ebenso beherrscht hat, wie die Seiten der bunten Society-Blätter. Patrick Joseph Kennedy, Sohn irischer Einwanderer, heiratete im Oktober 1914 die Tochter des Bostoner Bürgermeisters Fitzgerald, stieg schnell in höhere gesellschaftliche Kreise auf und verdiente ein riesiges Vermögen mit Aktienspekulationen und illegalem Schnapshandel. Zwischen 1915 und 1932 brachte Ehefrau Rose neun Kinder zur Welt. Tochter Rosemary musste sich auf Anordnung des Vaters einer Gehirnoperation unterziehen, um ihr – in den Augen des Vaters - unstetes Leben zu "ordnen". Das Ergebnis war die erste Tragödie der Familie, denn die Operation misslang und Rosemary blieb bis zu ihrem Tod 2005 ein Pflegefall.

US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill im August 1941 während der Konferenz von Argentia Bay vor Neufundland. (Foto:AP)
US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill im August 1941Bild: AP

Joseph Patrick Kennedy unterstützte in den 30er Jahren Präsident Franklin D. Roosevelt, übernahm politische Funktionen und wurde 1938 Botschafter in London. Da er die britische Appeasement-Politik befürwortete, geriet er in Verruf, mit den Nationalsozialisten zu sympathisieren. Während diese Nachrede vermutlich falsch war, stimmte der Ruf des Partylöwen uneingeschränkt. Zahlreiche Affären durchzogen sein Leben ebenso wie eine Vielzahl von Schicksalsschlägen.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs fiel der älteste Sohn, wenig später wurde der Ehemann von Tochter Kathleen von Heckenschützen erschossen. Sie selbst starb 1948 bei einem Flugzeugabsturz. 1956 erlitt Jackie Kennedy eine Totgeburt. Ihr Mann John Fitzgerald wurde 1961 der 35. Präsident der Vereinigten Staaten. Mit seinem Einzug ins Weiße Haus zog auch eine neue Politik ins Land: Ausgleich mit der schwarzen Bevölkerung, Aufhebung der Rassentrennung, gleiche Bildungschancen für alle – einige der Schlagworte, die mit seinem Namen verbunden waren.

US-Präsident John F. Kennedy bei seiner Rede vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin. Mit dem legendären deutsch gesprochenen Satz "Ich bin ein Berliner" drückte Kennedy seine Verbundenheit mit den Menschen in der geteilten Stadt aus. (Foto:dpa)
Zwei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer besuchte US-Präsident John f. Kennedy Berlin. Seine Worte "Ich bin ein Berliner" drückten seine Verbundenheit mit den Menschen in der geteilten Stadt aus.Bild: dpa

Im August 1963 traf die Präsidentenfamilie ein schwerer Schlag, denn zwei Tage nach der Geburt starb ihr Sohn Patrick. Als John F. Kennedy am Morgen des 22. November 1963 in Dallas aus dem Flugzeug stieg, wußte niemand, dass seine Mörder bereits auf ihn warteten. Die tödlichen Schüssen fielen gegen Mittag während einer Fahrt in der offenen Präsidentenlimousine. Regelrecht hingerichtet starb John F. Kennedy auf dem Weg ins Krankenhaus.

John F. Kennedy sackt nach den Schüssen auf dem Rücksitz der offenen Limousine zusammen Neben ihm seine Frau Jacqueline, die das Attentat unverletzt überstand. (Foto:dpa)
Das Attentat auf "JFK" wurde von einem Hobbyfilmer festgehalten.Bild: picture-alliance/dpa

Spätestens jetzt war der "Mythos Kennedy" geboren. Der Name reichte aus, um gesellschaftliche Anerkennung zu bekommen. Viele der "Kennedys" hatten in dieser Rolle zu leiden, manche zerbrachen daran. Robert Kennedy, der Justizminister seines Bruders war, trat das Erbe von John Fitzgerald an und wurde 1968 demokratischer Präsidentschaftskandidat. Aber genau wie sein Bruder wurde auch er von einem Fanatiker erschossen.

Nun ruhten die Hoffnungen des Kennedy-Clans auf Edward, dem jüngsten Spross des Patriarchen Patrick Joseph Kennedy. Seit 1962 war er Senator von Massachusetts. Aber sein Weg an die Spitze des Staates wurde im Juli 1969 jäh gestoppt. An einer Brücke verlor er die Kontrolle über seinen Wagen und verursachte einen Autounfall, den seine Assistentin nicht überlebte. Statt Hilfe zu leisten, beging Edward Fahrerflucht, meldete sich erst zehn Stunden nach dem Unfall bei der Polizei und wurde deswegen zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt.

19. Juli 1969 bei einem Unfall stirbt die Assistentin von Edward Kennedy. Der Unfallort war tagelang Ziel von Touristen. (Foto:AP)
Ein Unfall mit dramatischen Folgen: Mary Kopechne, Kennedys Assistentin, stirbt. Edward Kennedy begeht Fahrerflucht und muss auf die ganz große politische Karriere verzichten.Bild: AP

Sein Vater Joseph Patrick Kennedy, der seit einem Schlaganfall an den Rollstuhl gefesselt war, erholte sich von dieser Schmach nicht - er starb im November 1969. Edwards politischen Ambitionen wurden nach dem Unfall Grenzen gesetzt: Eine Präsidentschaftskandidatur lehnte er zweimal ab, gegen den Erdnussfarmer Jimmy Carter verlor er das parteininterne Rennen. Seinen Sitz im Senat behielt er jedoch bis zu seinem Tod. Zeitlebens war er der Kämpfer für soziale Gerechtigkeit und für die Belange der einfachen Menschen in den USA.

Aber er blieb - wie die übrige Kennedy-Familie auch - von weiteren Schicksalsschlägen nicht verschont. 1973 verlor sein Sohn wegen einer Krebserkrankung ein Bein. Im gleichen Jahr verursachte Roberts Sohn Joe Kennedy einen Autounfall, den seine Freundin querschnittsgelähmt überlebte. 1984 starb ein zweiter Sohn von Robert an einem golden Drogenschuss. 1991 starb Michael Kennedy, der dritte Sohn von Robert, bei einem Skiunfall. 1999 schließlich starb mit John Fitzgerald jun. das dritte von vier Kindern des ehemaligen Präsidenten John F. Kennedy bei einem mysteriösen Flugzeugunfall.

Die scheinbar unerschöpfliche Leidensfähigkeit des Kennedy-Clans hat ebenso zum Ruf der Familie beigetragen, wie zahlreiche Affären, Alkoholexesse, Party-Skandale und Verwicklungen in quasi-kriminelle Machenschaften. Auf dem exklusiven Familiensitz Haynnis Port im US-Bundesstaat Massachusetts tummelten sich die Reichen und Schönen des Landes, hier wurden politische Strippen gezogen und die Weichen für große Karrieren gestellt. Mit Edward ist der letzte Patriarch der Familie Kennedy gestorben.

Autor: Matthias von Hellfeld
Redaktion: Hartmut Lüning