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Der vergessene Krieg

Christiane Grathwohl/jf19. Juni 2002

Im Sudan tobt seit 1983 ein Bürgerkrieg. Der komplizierte ethnisch-religiöse Konflikt hat sich auch zu einem Kampf um Erdöl ausgeweitet. Durch internationalen Druck sitzen die Parteien jetzt wieder an einem Tisch.

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Gefangene Regierungssoldaten in SudanBild: AP

In Nairobi sind am Montag (17. Juni 2002) Vertreter der sudanesischen Bürgerkriegsparteien zu einer neuen Runde von Friedensgesprächen zusammengekommen. Seit nunmehr 19 Jahren herrscht im größten Flächenstaat Afrikas Bürgerkrieg, und ein Ende scheint noch in weiter Ferne zu liegen. Einziger Lichtblick in der krisengebeutelten Region: Ein vorläufiger Waffenstillstand in den Nuba-Bergen. Vermittelt wurde der Waffenstillstand im November 2001 von den USA und der Schweiz. Doch im Süden des Landes wird erbittert weiter gekämpft.

Islamisten stützen Militärregierung

Hauptakteure sind zwei Gruppen: Im Norden herrscht die "Nationale Islamische Front". Diese islamisch-fundamentalistische Organisation ist die dominierende Kraft hinter Umar al-Baschir, dem Chef der Militärregierung in Khartum. In den südlichen Landesteilen kämpfen Rebellen und Milizen gegen die Zentralregierung und die Vorherrschaft des arabisch-islamischen Nordens. Die überwiegend christlich-animistische Bevölkerung widersetzt sich seit der Unabhängigkeit dieser Vorherrschaft.

Omar el-Bashir
Sudans Präsident Omar el-BashirBild: AP

Darüber hinaus verfolgen lokale Milizen regional begrenzte Eigeninteressen. Sie wechseln je nach Bedarf die Seiten und heizen so den Bürgerkrieg weiter mit an. Angesichts dieser Lage sind Erfolgsrezepte für einen dauerhaften Frieden nur schwer zu finden.

Waffenkauf mit Petro-Dollars

In dem Kampf geht es nicht nur um die politische und kulturelle Vorherrschaft im Land, sondern auch um die Kontrolle von Ressourcen: Das Geschäft mit dem Öl hat den Bürgerkrieg eskalieren lassen. Im Süden des Landes werden heute pro Tag rund 220.000 Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) des schwarzen Goldes gefördert. Doch die Einnahmen gehen bislang allein an die Regierung in Khartum.

Mit den Erdöleinnahmen werden neue Waffen gekauft, um die strategisch wichtigen Ölfördergebiete Upper Nile Bahr und el-Ghazal mit allen Mitteln zu sichern. John Prendergast, Co-Direktor des Afrika-Programms der ‚International Crisis Group', betont die neue Qualität des Konfliktes: "Man hat mitunter auf beiden Seiten Waffen, die wesentlich stärker und brutaler sind, als noch vor einiger Zeit. Und die Taktiken des Krieges, zielen auf beiden Seiten direkt auf zivile Ziele."

Bauern auf der Flucht

Der Krieg ums Öl trifft vor allem Bauern und Hirten vom Volk der Nuer, die schon zu Tausenden geflüchtet sind. - zumeist in die Rückzugsgebiete der Rebellen, der "Sudan People's Liberation Army" (SLPA). Keiner weiß, wie viele Vertriebene am oberen Nil umherirren. Schätzungen von UN-Mitarbeitern gehen von mindestens 50.000 aus.

Flüchtlinge in Sudan
FlüchtlingeBild: AP

Die Rebellen der SPLA versuchen, ausländische Ölfirmen und deren Infrastruktur zu zerstören. Dadurch sehen wiederum die Regierungstruppen des Nordens ihren Profit gefährdet. So bombardieren und vertreiben sie Dorfbewohner, die angeblich mit der SPLA zusammenarbeiten. Ausländische Firmen haben im Sudan etwa zwei Milliarden Dollar in die Ölförderung investiert.

Wirtschaftshilfe gegen Menschenrechte

Die Europäer führen seit einiger Zeit Gespräche mit der Regierung in Khartum. Ihr Motto läßt sich mit dem Stichwort ‚Wirtschaftshilfe gegen Menschenrechte' zusammenfassen.

Und auch die USA sind in der Region politisch engagiert. Sie können in zweierlei Hinsicht Druck ausüben: Erstens erhalten die Rebellen der SPLA Geld von der US-Regierung, sondern auch von christlichen Hilfsorganisationen aus den USA. Zweitens können die USA Regierung in Khartum mit der Aussicht auf ein Ende der Sanktionen zu politischen Zugeständnissen bewegen. Die Sanktionen wurden wegen der sudanesischen Unterstützung für den Terroristenführer Osama bin Laden verhängt, der mehrere Jahre im Sudan aktiv war.