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Der Versöhner Kroatiens: Stipe Mesic

Klaus Dahmann18. Februar 2005

Der alte und neue kroatische Präsident heißt Stipe Mesic. Der 70-Jährige beginnt seine zweite fünfjährige Amtszeit. Er gilt als "Präsident zum Anfassen".

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So sehen in Kroatien Sieger ausBild: dpa

Stipe Mesic legt viel Wert auf Bürgernähe, hat immer einen Scherz parat. Im Gegensatz zu seinem verstorbenen Vorgänger Franjo Tudjman, der den Staat selbstherrlich und autokratisch führte, hat Mesic bewusst die Rolle eines Präsidenten ohne Machtfülle, aber dafür zum Anfassen gewählt. Kurz nach seinem ersten Amtsantritt vor fünf Jahren hat er für eine Verfassungsänderung plädiert, die die Machtbefugnisse seines Amtes reduzierte, und sie dann auch mit ausgearbeitet. Er sieht sich heute als Versöhner zwischen den widerstreitenden Interessen-Gruppen und Parteien im Staate. Das machte Mesic auch nach seiner Wiederwahl Mitte Januar deutlich. "Wir müssen jetzt zusammenhalten", sagte er, "wir brauchen einen nationalen Konsens, um unsere Ziele zu erreichen. Deshalb rufe ich Euch auf, gemeinsam ein modernes, gerechtes Kroatien für alle Bürger zu schaffen!" Dafür erhielt er viel Applaus.

Kroatischer Frühling

Dass Stipe Mesic so populär ist, liegt aber auch in seiner Biografie begründet. Er gehörte zu jenen, die 1971 im Zuge des so genannten "Kroatischen Frühlings" öffentlich mehr Autonomie von der jugoslawischen Zentralregierung in Belgrad forderten. Dafür wurde er zu 26 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Nach seiner Entlassung war er als Dissident gebrandmarkt und fand wegen "moralisch-politischer Unzuverlässigkeit" zwei Jahre lang keine Arbeit.

Anfang der 1990er Jahre engagierte sich Mesic dann in der Bewegung von Franjo Tudjman, der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ). Nachdem die HDZ bei den Wahlen in der Teilrepublik die absolute Mehrheit errang, war er kurzzeitig Ministerpräsident. Mitte 1991 wurde er nach langem Gerangel und auf massiven Druck der Europäischen Gemeinschaft zum Vorsitzenden des jugoslawischen Staatspräsidiums gewählt. Fünf Monate später, als Jugoslawien sich durch die kriegerischen Auseinandersetzungen in Auflösung befand, trat er von diesem Amt zurück. Vergeblich hatte er versucht, Serbiens Präsident Slobodan Milosevic von seinem Kriegs-Kurs in Kroatien abzubringen.

Freund von EU und NATO

Mesic übernahm den Vorsitz des Kroatischen Parlaments, zerstritt sich jedoch mit Staatspräsident Tudjman wegen dessen aktiver Kriegs-Politik in Bosnien-Herzegowina. Nachdem er aus der HDZ ausgetreten war, gründete er Mitte 1994 eine eigene Partei. Und als die bei den Wahlen nur wenige Prozentpunkte erreichte, wechselte er in eine andere Partei, die allerdings auch keine bedeutende Kraft wurde.

Mesics Stunde schlug schließlich nach dem Tod Franjo Tudjmans Ende 1999. Bei der Präsidentschaftswahl setzte er sich überraschend deutlich gegen Kandidaten des sozial-liberalen Regierungsbündnisses von Ministerpräsident Ivica Racan durch.

Seit seinem Amtsantritt Anfang 2000 unterstützt er den raschen Annäherungskurs an Europäische Union und NATO und hat versöhnliche Schritte in Richtung Serbien unternommen. Es ist zu erwarten, dass er in seiner zweiten Amtszeit diese Politik weiter verfolgen wird.