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Der Wahlhelfer aus Moskau

Stephan Hille26. Oktober 2004

Putin mag es nicht, wenn sich jemand in seine Angelegenheiten einmischt. Er dagegen kümmert sich gerne um Dinge, die ihn eigentlich nichts angehen. Das zeigt sein gar nicht selbstloser Einsatz im ukrainischen Wahlkampf.

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Stephan Hille

Präsident Wladimir Putin macht keinen Hehl daraus, wer der Favorit des Kreml bei den bevorstehenden amerikanischen Präsidentschaftswahlen ist: George Bush, ganz klar. Obwohl der Kreml seit jeher auf den Unilaterismus der USA empfindlich und laut reagiert, ist ausgerechnet George Bush - eben der Kandidat, der eine Fortsetzung dieser einseitigen amerikanischen (Vor-) Machtpolitik verspricht - die Präferenz des Kreml.

Bei Bush, glaubt der Kreml genau zu wissen, was aus Washington zu erwarten ist: Keine allzu große Einmischung in die inneren Angelegenheiten und Defizite bei Demokratie und Menschenrechten. Gewinnt John Kerry, könnten sich die Beziehungen schwieriger gestalten, so die Mutmaßung in Moskau.

Vergessen ist der Streit um den Krieg im Irak. Putin tat seine Präferenz für Bush bereits mehrfach öffentlich kund, ohne sich dabei um die international übliche Neutralität vor Wahlen zu kümmern. Vor wenigen Tagen behauptete er sogar, dass der Terror in Irak vor allem darauf ausgerichtet sei, eine Wiederwahl Bushs zu verhindern. Wenn Bush die Wahl verliere, erhalte der Terrorismus weltweit Aufwind, so Putins Schulterschluss.

Wahlen in der Ukraine stellen Weichen

Mehr kann er für seinen "Buddy" nicht tun - leider, mag sich Putin denken. Denn im Vorfeld einer weiteren Präsidentschaftswahl wirft der Kreml sein ganzes Gewicht in eine Waagschale, und dies sogar ganz offen.

Am kommenden Sonntag (31.10.) wird sich in der Ukraine entscheiden, wer die Nachfolge des ausscheidenden Amtsinhabers Leonid Kutschma antreten wird. Für die Ukraine, zweitgrößter Flächenstaat Europas, aber auch für Russland ist es eine Richtungswahl. Konkret geht es darum, ob sich das 50 Millionen Einwohner zählende Land künftig eher dem Westen öffnen oder aber eine stärkere Anbindung an Moskau suchen wird.

Noch scheint das Rennen, wenige Tage vor der Wahl, offen. Die beiden Favoriten, der oppositionelle "Euroatlantiker" Viktor Juschtschenko und Viktor Janukowytsch, Kutschmas ausgesuchter Kandidat und russlandfreundlicher Ministerpräsident, liegen in den Umfragen Kopf an Kopf.

Putins Annäherungsversuche

Und das, obwohl der bisherige Wahlkampf schon äußerst schmutzig verlief. Amtsinhaber Kutschma setzt alles daran, seinem Kandidaten einen Vorteil zu verschaffen. Vor wenigen Wochen fiel der Oppositionskandidat Juschtschenko sogar einem rätselhaften Vergiftungsanschlag zum Opfer und musste sich in einem österreichischen Krankenhaus behandeln lassen.

Auch Moskau will offenbar den westlich orientierten Juschtschenko um jeden Preis verhindern. Seit Wochen schon mischt sich der Kreml in ungewöhnlicher Offenheit in den ukrainischen Wahlkampf ein und sucht "seinem" Kandidaten Janukowytsch den Rücken zu stärken. Überall in Moskau hängen große Werbetafeln mit dem Porträt des Kandidaten. Laut Vorwürfen der Opposition in Kiew soll Moskau sogar einen Großteil von Janukowytschs Wahlkampagne finanziert haben.

Präsident Putin umarmt seinen Favoriten, wo er nur kann und reiste sogar nach Kiew, wo kurzerhand die Feiern zum 60. Jahrestag der Befreiung der Stadt von den deutschen Truppen aus Wahlkampfgründen um eine Woche vorgezogen wurden. Moskau mische sich nicht in die ukrainische Präsidentschaftswahl ein, erklärte der russische Botschafter kürzlich in Kiew. Man mache sich lediglich Sorgen um das Ergebnis…

Mit Spannung wird nun die Wahl an sich erwartet. Beobachter und Opposition schließen Manipulationen beim Urnengang nicht aus. Moskau dürfte dies nicht weiter stören, schließlich erteilte der Kreml erst kürzlich dem eindeutig gezinkten Referendum des weißrussischen Diktators Lukaschenko das demokratische Gütesiegel.