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Warten auf UN-Bericht aus Syrien

29. August 2013

Die Planungen für einen Militärschlag gegen das Assad-Regime laufen weiter. Die USA und ihre Verbündeten wollen nun aber doch die Analyse der UN-Inspekteure abwarten. Die sollen noch bis Freitag in Damaskus arbeiten.

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UN-Inspektor mit Gasmaske sucht nach Spuren eines Chemiewaffenangriffs (Foto: REUTERS)
Bild: Reuters/Mohammad Abdullah

Die USA, Großbritannien und Frankreich zögern noch mit einem Militärschlag gegen Syrien. Sie wollen doch noch zunächst von den UN-Experten vor Ort Beweise für die Schuld des Regimes von Präsident Baschar al-Assad an dem jüngsten Giftgasangriff mit Hunderten Toten sehen. Die setzten ihre Arbeit im Umland der syrischen Hauptstadt Damaskus fort. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte bei einem Besuch in Wien, die Inspekteure würden noch bis Freitag in Syrien bleiben und ihm anschließend Bericht erstatten.

Die Entscheidung, ob und wie sein Land eingreifen werde, sei noch nicht gefallen, sagte US-Präsident Barack Obama. Der britische Premier David Cameron holt sich erst Rückendenkung durch das Londoner Parlament und Frankreichs Präsident François Hollande rudert ebenfalls zurück: Der Sozialist erklärte am Donnerstag die "nicht-militärische Lösung" zur bevorzugten Option. Regierungssprecherin Najat Valluad-Belkacem bezeichnete in Paris die Vorbereitungen auf einen Militärschlag als "kompliziert". Man müsse auch an eine langfristige Lösung denken.

Briten gegen Intervention in Syrien

Schatten des Irak-Krieges

Wie die Kritiker einer militärischen Lösung spielte auch Präsident Obama im TV-Sender PBS auf das Debakel des Irak-Krieges an. Die US-Invasion war damals mit der Existenz von Massenvernichtungswaffen begründet worden, was bald als falsch entlarvt wurde. Der US-Präsident versicherte seinen Bürgern, diese Fehler würden sich auf keinen Fall wiederholen. 116 Kongressabgeordnete haben ihn in einem Brief aufgefordert, die Verfassung zu respektieren und vor einem Militärschlag ihre Zustimmung einzuholen.

Auch Großbritannien hatte zunächst erklärt, man dürfe mit einer Strafaktion wegen des Giftgaseinsatzes nicht lange warten. Dann hatte man aber doch erst versucht, sich mit einem neuen Entwurf für eine Syrien-Resolution an den Weltsicherheitsrat zu wenden. In London stimmt das Parlament an diesem Donnerstag über eine Syrien-Vorlage der Regierung ab. Auf Druck der Labour-Opposition und auch aus den eigenen Reihen musste Cameron die Abstimmungsvorlage jedoch deutlich abmildern. So ist eine britische Beteiligung an einem Militäreinsatz nun erst nach einer nochmaligen Abstimmung Anfang nächster Woche und vor allem nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der UN-Waffeninspekteure in Syrien möglich.

US-Zerstörer USS Barry (DDG 52) im Mittelmeer (foto: US Navy/flickr.com)
Die Ruhe vor dem Sturm? US-Kriegsschiffe im MittelmeerBild: U.S. Navy/James Turner/Released

Merkel wirbt für ihre Position

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Hollande haben sich dafür ausgesprochen, den Giftgasangriff in Syrien vor einem möglichen Militärschlag noch einmal im UN-Sicherheitsrat zu erörtern. In einem Telefonat mahnten beide Politiker nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert einen raschen Abschluss der UN-Untersuchungsmission an. Das Team von Waffenexperten solle nach seiner Ausreise aus Syrien dem UN-Sicherheitsrat über seine Untersuchung des Giftgasangriffs umgehend Bericht erstatten, so Merkel und Hollande. Dies sei nötig, damit der Rat seiner Verantwortung angesichts dieses -so wörtlich - ungeheuerlichen Verbrechens gerecht werden könne. Laut Regierungssprecher Seibert hat die Bundeskanzlerin in einem Telefongespräch mit Russlands Präsident Putin ihre Auffassung bekräftigt, dass der mutmaßliche Giftgasangriff gegen die syrische Zivilbevölkerung eine internationale Reaktion erfordere.

Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates berieten noch einmal hinter verschlossenen Türen über den Syrien-Konflikt, ohne anschließend Stellungnahmen abzugeben. Die drei westlichen Vetomächte im Weltsicherheitsrat hatten bereits deutlich gemacht, dass sie auch ohne UN-Mandat handeln könnten. In dem seit mehr als zwei Jahren andauernden syrischen Bürgerkrieg mit über 100.000 Toten hatte Obama einen Giftgaseinsatz als "rote Linie" bezeichnet.

China und Russland warnten erneut vor einem militärischen Eingreifen. Chinas Außenminister Wang Yi sprach von einer "externen militärischen Einmischung", die der UN-Charta und internationalem Recht zuwiderlaufe. Die Präsidenten Russlands und des Iran, Wladimir Putin und Hassan Rohani, verurteilten in einem Telefonat zwar den Einsatz von Giftgas als "inakzeptabel", egal welche Seite dafür verantwortlich sei. Wie der Kreml mitteilte, hätten sich beide Staatschefs aber dafür ausgesprochen, einen "politisch-diplomatischen Ausweg" zu suchen. Russen und Iraner sind die engsten Verbündeten Assads.

Putin verstärkt Flotte im Mittelmeer

Russland verlegt derweil schwere Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer. Der Raketenkreuzer "Moskwa" sowie ein U-Boot-Abwehrschiff sollten sich zum Schutz der russischen Marinebasis im syrischen Tartus bereithalten, zitierte die Agentur Interfax einen Sprecher der Kriegsmarine. Auch der Lenkwaffenkreuzer "Warjag" soll demnächst Kurs auf das Krisengebiet nehmen.

Noch in dieser Woche sollen in Washington Erkenntnisse der US-Geheimdienste offengelegt werden. Regierungsmitarbeiter dämpften laut einem Bericht der "New York Times" allerdings die Erwartungen. Es gebe keine unwiderlegbaren Beweise, die Assad direkt mit der Attacke in Verbindung bringen würden, hieß es. Anthony H. Cordesman vom Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington sprach in dem Blatt dennoch von dem "wichtigsten Einzeldokument eines ganzen Jahrzehnts".

SC/qu (dpa, rtr, afp)