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Der Widerstand formiert sich

7. Oktober 2009

Nach der Bundestagswahl und angesichts der absehbaren Regierungsbeteiligung der FDP wächst bei Atomkraftgegnern die Sorge, es könne zum "Ausstieg aus dem Ausstieg" kommen. Widerstand formiert sich bereits.

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Eine junge Frau traegt einen "Atomkraft - Nein Danke" Aufkleber auf der Stirn. Quelle: AP
Bild: AP

Seit Anfang Woche finden in Berlin regelmäßig Protestaktionen an wechselnden Schauplätzen statt. Am Montag etwa demonstrierten mehr als tausend Kernkraftgegner vor der nordrheinwestfälischen Landesvertretung in der Bundeshauptstadt und skandierten: "Hopp, hopp, hopp, Atomkraft stopp". Auf Transparenten kündigten sie ein "Warmlaufen für den Widerstand" an.

Atomkraftgegner liegen vor dem Reichstag auf dem Boden um als Tote einen Atomunfall zu symbolisieren. Quelle: AP
"Die-In" vor dem ReichstagBild: AP

Am Mittwoch fanden sich vor dem Reichstagsgebäude rund dreißig Kernkraftgegner ein. Sie legten sich auf den Boden und veranstalteten ein "Die-In", um die Mitglieder der Arbeitsgruppe "Umwelt" unter Druck zu setzen. Die Ausschussmitglieder, Politiker von CDU und FDP, die auf dem Weg zu ihrer ersten Sitzung waren, sollten so gezwungen werden, "buchstäblich über Leichen zu gehen", so Luise Neumann-Cosel von der Kampagne "ausgestrahlt.de".

Bereits vor Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen den Unionsparteien und der FDP hatte die Organisation "Compact" eine Unterschriftenaktion für den Atomausstieg ins Leben gerufen. Die Organisatoren der Aktion verfassten einen offenen Brief an die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP, den am ersten Tag schon 25.000 Menschen unterzeichneten.

Eine strahlende Zukunft mit schwarz-gelb?

Vor neun Jahren hatte die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Es sollten demnach keine weiteren Atomkraftwerke gebaut und die Laufzeiten der bestehenden Meiler nicht mehr verlängert werden. Im Jahr 2022 sollte dann kein Kernkraftwerk in Deutschland mehr Strom produzieren.

Der früher Außenminister Fischer und Ex-Kanzler Schröder hatten den Atomausstieg auf den Weg gebracht. Quelle: AP
Die rot-grüne Koalition von Gerhard Schroeder und Joschka Fischerhatte den Atomausstieg beschlossen.Bild: AP

CDU/CSU und FDP, die gerade in Berlin über die Bildung einer Regierungskoalition verhandeln, stehen dem Ausstiegsbeschluss kritisch gegenüber und wollen ihn, wenigstens teilweise, rückgängig machen. Zwar hat Angela Merkel im Wahlkampf versprochen, keinen AKW-Neubau zu genehmigen. Mögliche Laufzeitverlängerungen für bestehende Kraftwerke hatte sie jedoch nicht ausgeschlossen und genau die fordert ihr designierter Koalitionspartner, die FDP.

Die Proteste gehen erst los

In den vergangenen Jahren richteten die Proteste der Kernkraftgegner sich auf zwei Ziele: Zum einen die Transporte des hochgiftigen Atommülls, die sogenannten Castortransporte. Zum anderen die Errichtung eines Atommüllendlagers im niedersächsischen Gorleben. Dort sind die Erkundungsarbeiten gestoppt worden, wann die Untersuchungen "unter Tage" weitergehen, ist noch offen. Somit ist noch längst nicht sicher, ob der Gorlebener Salzstock überhaupt als Endlager geeignet ist.

Atomgegner sitzen am 10. November 2008 waehrend einer Strassenblockadevor dem Zwischenlager in Gorleben. Quelle: AP
In Gorleben waren die Proteste in den letzten Jahren nicht abgerissen.Bild: AP

Das Ergebnis der Bundestagswahl hat die Atomkraftgegner jedenfalls nicht entmutigt, es scheint sogar, als habe die nun drohende Kehrtwende in der Atompolitik ihren Widerstandsgeist eher angefacht. Wolfgang Ehmke, der Sprecher der Bürgerinitiative in Lüchow-Dannenberg, in dieser Region liegt der als mögliches Endlager vorgesehene Salzstock von Gorleben, sagte direkt nach der Wahl: "Wir lassen uns nicht fertig machen!" Die Landeschefin der Grünen im niedersächsischen Landtag kündigte einen entschiedenen Widerstand an. Dorothea Steiner forderte, der Protest solle noch aggressiver werden.

Autor: Dirk Kaufmann

Redaktion: Martin Schrader