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Der Winter hat Europa fest im Griff

9. Dezember 2010

Mit strenger Kälte und reichlich Schnee zeigt der frühe Winter vielen Europäern die Grenzen ihres hoch technisierten Alltags auf. Und das bekamen mancherorts auch die zu spüren, die in den eigenen vier Wänden blieben.

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Ein Mitarbeiter der Stadtreinigung schiebt in Dresden Schnee auf der Brühlschen Terrasse vor der Semperoper (Foto: dapd)
Winterliches Dresden: 15 Zentimeter Neuschnee fielen hier allein in der Nacht auf DonnerstagBild: dapd

Ganz Deutschland liegt unter einer geschlossenen Schneedecke. Auch am Donnerstag (09.12.2010) schneite es weiter, in manchen Gegenden waren innerhalb weniger Stunden bis zu 20 Zentimeter Schnee gefallen. Andernorts sorgte Eisregen und Glätte dafür, dass auf Straßen, Gleisen und in der Luft der Verkehr zusammenbrach. Allein auf dem größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main fiel jeder vierte Flug aus. Schon in der Nacht saßen rund 3000 Fluggäste fest, in München waren es an die 700. Die Lage normalisierte sich nur langsam. Auf allen deutschen Flughäfen wird allmählich das Enteisungsmittel knapp. Die wenigen Hersteller, die sich auf diese Chemikalien spezialisiert haben, kamen mit der Produktion nicht nach.

Ein Lkw liegt auf der Autobahn A3 bei Idstein im Graben, Teile der Ladung sind bereits ausgeladen (Foto: dapd)
Festgefahrene Lastwagen sorgten für kilometerlange Staus auf Autobahnen und BundesstraßenBild: dapd

Schnee und Eisregen sorgten für Chaos

Auch die Bahn kämpfte bundesweit mit Verspätungen. Der Fernverkehr wurde von einem Tempolimit eingebremst, weil die mit Eis und Schnee überzogenen Züge auf den vereisten Gleisen nicht schneller als 160 Kilometer pro Stunde fahren durften. Normalerweise können sie bis zu 250 Stundenkilometer schnell sein. Die Strecke Nürnberg-Leipzig musste komplett gesperrt werden, nachdem ein Baum unter seiner Schneelast in eine Oberleitung gestürzt war. In Leipzig kamen selbst die Straßenbahnen nicht mehr gegen den Winter an: Der Eisregen machte die Oberleitungen unbrauchbar. Wer auf den Bus setzte, wartete vor allem in Rheinland-Pfalz und dem Saarland vielfach vergeblich. Der Linien- und der Zugersatzverkehr fielen dem strengen Winterwetter zum Opfer.

Den Autofahrern erging es nicht viel besser. Extrem glatte Straßen ließen oft nur Schritttempo zu, wenn überhaupt. Denn festgefahrene und quer stehende Lastwagen verwandelten manche Bundesstraßen und Autobahnen in endlose Parkplätze. In Hessen und Thüringen versorgten Feuerwehrleute steckengebliebene Autofahrer mit Essen und Getränken. In Osthessen wurde die Autobahn A7 bei Fulda für mehrere Stunden gesperrt, die Reisenden mussten bei Minusgraden in ihren Fahrzeugen ausharren. Die Steigung am Triptiser Berg auf der thüringischen A9 wurde unbezwingbar – trotz eines Dauereinsatzes des Winterdienstes. Der Stau wuchs auf 40 Kilometer an. In Nordrhein-Westfalen gab es binnen 24 Sunden mehr als 800 Unfälle. Elf Menschen wurden schwer verletzt.

In Schottland musste das Militär helfen

Auch diejenigen, die bei diesen Bedingungen zu Hause blieben, waren vor den Unbilden des Winters nicht überall gefeit: In Ostthüringen saßen Menschen in rund 30 Orten und Ortsteilen ohne Strom im Kalten, nachdem Bäume den Schneelasten nicht mehr standgehalten hatten und in Stromleitungen stürzten. Die Energieversorger kamen mit den Reparaturen nicht mehr hinterher, zumal die Arbeiten aus Sicherheitsgründen in der Dunkelheit unterbrochen werden mussten.

Ein Flugzeug wird am Flughafen in Frankfurt am Main enteist (Foto: dapd)
An deutschen Flughäfen wird allmählich das Enteisungsmittel knappBild: dapd

Doch nicht nur Deutschland ächzt unter Schnee und Verkehrsproblemen: In Schottland schlug der Winter noch viel härter zu. Die Hauptstadt Edinburgh rief nach dem schwersten Wintereinbruch seit 50 Jahren die Armee zu Hilfe. Die Soldaten mussten unter anderem die Straßen rund um Krankenhäuser und Pflegeheime von Schnee und Eis befreien. Das Land ist seit fast zwei Wochen fest im Griff von Schneemassen, die sich bis zu 70 Zentimeter hoch auftürmen. Einige abgelegene Dörfer sind von der Außenwelt abgeschnitten. Am Mittwoch waren Tiefsttemperaturen von minus 18 Grad gemessen worden.

Wetterdienste warnen: Es bleibt winterlich

In Frankreich riet das Innenministerium am Donnerstag offiziell davon ab, im Großraum Paris mit dem Auto zu fahren. Es bestehe ein hohes Glatteisrisiko. Etwa 3000 Menschen hatten die vorangegangene Nacht in Notunterkünften verbracht. Auf den Pariser Flughäfen, die zu den wichtigsten Drehkreuzen des Kontinents zählen, waren tausende Reisende hängengeblieben und zahlreiche Flüge ausgefallen. Das wirkte sich auf den Flugverkehr in ganz Europa aus. In Luxemburg blieben am Donnerstag nach heftigem Schneefall die Schulen geschlossen. Und es soll weiter schneien.

Autor: Rolf Breuch (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Ursula Kissel