1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Internet-Präsident Obama

10. Februar 2009

Barack Obama setzt aufs Internet und damit auf den direkten Draht zu seinen Bürgern. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die neue Kommunikationsstrategie als geschicktes PR-Manöver.

https://p.dw.com/p/GoR3
Ich bin einer von Euch! Auf dieser Wohlfühlbotschaft basiert Obamas Kommunikationsstrategie.Bild: AP

Seine ersten Regierungswochen hat der neue Präsident der Vereinigten Staaten Barack Obama nun hinter sich. Und er war nicht untätig: „Mr. Change“, wie er in den Medien und in Weblogs gerne genannt wird, hat den Wandel eingeläutet. Die Schließung Guantanamos, ein Brief an den iranischen Präsidenten, Gehaltsstopps im Weißen Haus, neue Regelung für Lobbyisten, Konjunkturpaket, … Die Liste ist lang.

Doch für Washington ebenfalls ein absolutes Novum ist sein Umgang mit den Medien. Das erste Interview führte der Präsident nämlich nicht wie üblich mit einem US-amerikanischen Fernsehsender, sondern mit dem arabischen Sender Al-Arabiya. Und auch sonst fürchtet so mancher White-House Korrespondent um sein Informationsmonopol. Die Kommunikationsstrategie seiner Wahlkampagne, in der er im Internet an den klassischen Medien vorbei agierte, will Obama auch als Präsident weiterführen.

Wöchentliche Ansprache über das Internet

Screenshot YouTube Barack Obama
Im Videocanal über Youtube gibt sich Obama gerne lässigBild: YouTube

Der US-Präsident spricht traditionell jede Woche zu den Bürgern. Da bildet Barack Obama keine Ausnahme. Damit seine Botschaften bei den Wählern ankommen, wählt er eine klare, eindringliche Sprache, z. B. als es um das geplante 800-Milliarden-Dollar Konjunkturpaket geht: „Wenn wir nicht mutig und schnell handeln, dann wird eine schlechte Situation dramatisch viel schlechter. Deswegen habe ich einen Konjunktur und Investitionsplan vorgeschlagen, um sofort Arbeitsplätze zu schaffen und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.“

Doch anders als die traditionellen wöchentlichen Ansprachen der US-Präsidenten gibt es die von Obama nicht nur im Radio, sondern auch als Videopodcast im Internet. Seitdem er im Amt ist, hat das Weiße Haus seinen eigenen YouTube-Kanal und schon über 17.0000 Abonnenten. „Der neue YouTube Präsident“ titeln New York Times und Spiegel Online. Obama will noch einen Schritt weiter gehen: „Wir werden Investitionsentscheidungen öffentlich machen. Jeder Amerikaner soll auf der neuen Webseite www.recovery.com nach verfolgen können für was wir die Steuergelder ausgeben“, verspricht der Präsident.

Transparenz und Partizipation heißen die neuen und alten Schlagworte Obamas. Genau auf diesen Web 2.0-Werten fußte seine Wahlkampagne. Über das Internet schuf er eine große Community von freiwilligen Unterstützern, die sich auch nach seinem Wahlsieg noch eifrig über seine Webseite MyBarackObama.com vernetzten. Sie organisierten Diskussionsrunden und so genannte „Change is Coming-House-Partys“ um Spenden zu sammeln. “Das hat die politische Kultur in den USA bereits verändert“, sagt John Della Volpe, Direktor für Umfragen der Harvard-Universität in einem Interview – das er über das Internet gegeben hat. „Ich glaube das sich auch die Art des Regierens verändern wird, solange Obama und seine Administration diese partizipativen Tools auch weiterhin benutzen.“

An Versprechen dieser Art mangelt es zumindest nicht. Auf der sofort nach der Amtseinführung neu gestalteten Webseite www.whitehouse.gov verkündet Obamas Direktor für neue Medien, Macon Phillips, in einer Rubrik, die sich „Blog“ nennt, man wolle die Bürger beteiligen und auch Gesetzentwürfe online zur Diskussion stellen. Ein genauerer Blick bringt bisher jedoch Ernüchterung. Was als „Blog“ bezeichnet ist, entpuppt sich als ein Sammelbecken für PR-Mitteilungen. Und auch die von Phillips versprochene Veröffentlichung von Gesetzentwürfen, beispielsweise zum aktuellen Konjunkturpaket, sucht man dort vergebens. Dafür gibt es eine Menge Fotos vom Präsidenten, wie er ein Gesetz gegen Lohndiskriminierung unterschreibt. Der Text zum Bild verkündet einen “wundervollen Tag“.

PR statt Partizipation

Einen Tag später findet man das verabschiedete Gesetz auf der Webseite und man darf sogar einen Kommentar dazu schreiben. So entsteht zumindest die Illusion der Mitsprache. In Sachen Bürgerbeteiligung wandte sich Obama auf seiner eigenen Webseite barackobama.com kurz vor seiner Amtseinführung noch mal an seine Unterstützer: “Ihr habt die größte Graswurzelbewegung der Geschichte aufgebaut und die Zukunft des Landes mitgestaltet. Die Bewegung, die ihr ins Leben gerufen habt ist zu wichtig, als dass sie jetzt aufhört zu wachsen. Deswegen will ich heute „Organizing for America“ gründen.“

Obama Interview im arabischen Fernsehsender Al Arabia
Sein erstes TV-Interview gab Obama dem arabischen Sender Al-ArabiyaBild: AP

Wie Obama diese Institution aufbauen und welche Kommunikationswege er dafür schaffen möchte, das verspricht er in den nächsten Wochen zu verkünden. Anzunehmen ist, dass diese neue Bürgerbewegung am Weißen Haus vorbei agieren soll. Denn dort sollen die Kommunikationsströme weiterhin fest in der Hand von PR-Strategen bleiben, auch wenn diese sich gern als Blogger tarnen.

An strikte Regeln müssen sich auch die etablierten Journalisten halten, wie Frank Aischmann, Washington Korrespondent des MDR bei der ersten Pressekonferenz von Obama im Weißen Haus beobachtete: “Er mag zwar dieses Image eines lockeren Typen haben. Aber er hat sich sämtliche Fragen während der Pressekonferenz von Journalisten stellen lassen, die auf seinem Zettel standen. Die hat er dann persönlich angesprochen. Da ist eindeutig vorgefiltert worden.“

Bleibt der „wind of change“ im Weißen Haus letztlich nur eine clevere PR-Strategie? Einen Unterschied aber zu George W. Bush gibt es für die etablierten Journalisten, der ihnen jedoch eher zum Nachteil gereicht. Details zum Beispiel darüber, welchen Anzug der Präsident trägt, waren früher in so genannten Pool-Berichten nur einem erlauchten Kreis von White-House Korrespondenten zugänglich. Obama lässt diese Infohäppchen jedoch an Journalisten weltweit mailen. Am meisten fürchten die Starrreporter jedoch Obamas Omnipräsenz im Internet. Durch direkte Kommunikation schafft der YouTube-Präsident sich eine eigene Öffentlichkeit unterhalb des Radars eines kritischen Journalismus. Und so glaubt die Öffentlichkeit am Ende ihrem Lieblingspräsidenten vielleicht sogar mehr als einem New York-Times Korrespondenten.