1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Zweite Weltkrieg hat in der Stadt Wielun und nicht auf der Westerplatte begonnen

1. September 2004
https://p.dw.com/p/5Vxh

Warschau, 1.9.2004, ZYCIE, poln.

(...) Die Historiker des Institutes für Nationales Gedenken (IPN) behaupten, dass der erste deutsche Angriff nicht auf die Westerplatte, sondern auf die Stadt Wielun verübt wurde.

Die von dem Institut für Nationales Gedenken durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass zwei Minuten vor dem Beschuss des polnischen Militärpostens auf der Westerplatte durch das Panzerschiff "Schleswig-Holstein" ein deutscher Luftangriff auf die Stadt Wielun begonnen hatte. Die Flugzeuge der deutschen Luftwaffe haben dabei die Stadt fast vollständig zerstört, darunter auch das städtische Krankenhaus, das als erstes angegriffen wurde. In Folge dieses Bombenangriffes sind 1 200 Menschen ums Leben gekommen, darunter auch viele Patienten des Krankenhauses.

"Bisher wurde der Angriff auf die Westerplatte als der Anfang des Zweiten Weltkrieges angesehen. Unsere Betrachtung der historischen Ereignisse wird durch diese Entdeckung aber nicht verändert, da der Beschuss der Westerplatte durch das deutsche Panzerschiff "Schleswig-Holstein" den ersten Akt eines Aggressionskrieges darstellt. Bei dem Bombenangriff auf die Stadt Wielun hingegen handelt es sich um das erste Kriegsverbrechen. Wir möchten, dass sowohl die Polen als auch die Deutschen diese Tatsache begreifen: Damals wurde die Stadt Wielun im Schlaf angegriffen - ohne eine Kriegserklärung. Dies deutet auf ein Kriegsverbrechen hin, das nicht verjährt. Wir berufen uns dabei auch auf das deutsche Recht, in dem klar definiert wird, dass Hinterlist eine der Bedingungen dafür ist, einen Mord als Kriegsverbrechen zu klassifizieren" sagte Professor Witold Kulesza, Leiter der Ermittlungsabteilung des IPN.

Professor Witold Kulesza vertritt die Meinung, dass der Grund für den Bombenangriff auf Wielun vielleicht auf den Übereifer des deutschen Kommandanten der Flugzeugstaffel, Walter Siegel, zurückzuführen ist, der auf diese Weise einen Platz in der Geschichte haben wollte.

"Man muss die entsprechende Korrektur in den Lehrbüchern vornehmen", sagt Professor Wojciech Roszkowski, Historiker von der Polnischen Akademie der Wissenschaften und fügt hinzu: "Die Deutschen geben zu, Polen angegriffen zu haben. Russland vertritt jedoch einen ganz anderen Standpunkt. Die Russische Föderation behauptet, dass es keinen Überfall seitens der Sowjetunion gegeben habe".

Heute wird in Wielun eine Gedenkfeier stattfinden, an der der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski teilnimmt. (...) (sta)