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Des Dopingjägers rechte Hand

10. Juli 2009

Immer mehr Dopingpräparate können nachgewiesen werden. Allein in Deutschland ließ die NADA 2008 knapp 13.000 Proben analysieren. Möglich ist das vor allem dank modernster computergestützter Verfahren.

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Symboldbild: Eine Hand tippt auf einer Computer-Tastatur
Ohne Computertechnik geht im Anti-Doping-Kampf nichtsBild: BilderBox

"Heutzutage ist kein Instrument der Analytik ohne Computer zu handhaben, vielleicht noch die PH-Wert-Messung und die Dichtebestimmung, aber das ist es dann auch schon", sagt Mario Thevis, Professor der Präventiven Dopingforschung am Biochemischen Institut der Deutschen Sporthochschule in Köln. Längst ist der Computer des Dopingjägers rechte Hand. Der Anti-Doping-Kampf ohne Computer, ohne modernste Labortechnik ist kaum noch vorstellbar.

Die Laborantin Linda Gwinn untersucht im IOC Doping-Kontroll-Labor auf dem Universitätsgelände von Salt Lake City eine Testprobe
IOC Doping-Kontroll-Labor in Salt Lake CityBild: dpa

Bereits das Meldesystem der Nationalen-Anti-Dopingagentur (NADA) ist hoch technisiert. Die Sportler müssen online oder per SMS ihre Trainingspläne und Aufenthaltsorte kundtun – nur der erste Schritt einer langen Kette computergestützter Abläufe, wie Thevis erklärt: "Sobald die Probe des Sportlers gesammelt und vom Kontrolleur verpackt wurde, wird sie mit einer computererstellten Codenummer versehen. Dann wird sie ins Dopingkontrolllabor gefahren und dort per Computer registriert und mit einer internen Labornummer versehen." Und dies alles, bevor die wirkliche computergestützte Analyse der Probe beginnen kann.

Präzision und Massenabfertigung

Zwei Laborantinnen hantieren mit Dopingproben
Jede Menge Arbeit: Knapp 13000 Proben ließ allein die NADA 2008 untersuchenBild: DW-TV

Die letzten Olympischen Spiele, bei denen die Dopingproben noch ohne computergestützte Technik analysiert wurden, waren die in München 1972. Spätestens seit diesen Spielen gibt es einen Wettlauf zwischen Technik und Dopingsündern. Erst gibt´s ein neues Zaubermittel für schnellere Beine, dann folgt die chemische Nachweisbarkeit durch verbesserte Technik und Dopinganalytik.

Wäre der Anti-Doping-Kampf heute ohne Computer überhaupt noch möglich? Der Kölner Analytikexperte Thevis sagt: Jein. "Sie würden beispielsweise eine Urinprobe, so wie es Anfang der 1930er Jahre gemacht wurde, extrahieren, also mit einer organischen Flüssigkeit schütteln, diese dann aufkonzentrieren und mithilfe von Färbereaktionen beispielsweise auf Stimulanzen überprüfen", erklärt Thevis. "Sie würden dann aber nicht Nanogramm, sondern wahrscheinlich Mikrogramm pro Milliliter finden, was etwa um den Faktor 1000 weniger wäre. Es würde prinzipiell ohne Computer gehen, aber mit Sicherheit nicht so effektiv, wie es heutzutage möglich ist."

Erst die Technik ermöglicht die Genauigkeit und die massenhafte Auswertung von Dopingkontrollen. Allein im Jahre 2008 hat die NADA 12926 Tests durchgeführt. Eine Anzahl, die nur mit klassisch chemisch-analytischen Verfahren kaum zu erreichen wäre.

Der Laborchef bleibt der Mensch

Prof. Dr. Mario Thevis sitzt vor seinem Computer am Schreibtisch (Foto: Benjamin Wüst)
Natürlich am Computer: Prof. Dr. Mario ThevisBild: DW / Wüst

Allein die Buchhaltung, die Speicherung all der Messergebnisse, die Ordnung des Datenwusts durch Suchalgorhytmen macht den Computer im Anti-Doping-Kampf unverzichtbar. Noch ist das gesamte Verfahren aber vom Menschen abhängig. Nur mit Computern und Robotern ginge es nicht, so der Kölner Biochemiker Thevis. "Die Urinproben werden von Menschen vorbereitet, damit dann computerunterstützt Analytik ablaufen kann. Das bedeutet auch, dass jedes Instrument so programmiert werden muss, dass es auch seinen Zweck und seine Aufgabe erfüllt. Das und vor allem die Auswertung der Daten, kann der Computer nicht allein."

Kehrseite: Technik für Dopende

Der technische Fortschritt hat aber auch eine Schattenseite: So hilft der Computer nicht nur dem Dopingjäger, sondern auch dem Dopenden selbst. Dieser kann sich – der Technik sei Dank – Vortesten, seine Werte kontrollieren, bevor er zur offiziellen Dopingkontrolle muss. Eine Kehrseite, die auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der sich immer wieder für einen konsequenten Anti-Dopingkampf stark macht, betont. "Was wir beim Doping erleben, ist symptomatisch für die Zwiespältigkeit von Technik. Wenn alles gut läuft, bringt sie gewaltige Fortschritte. Aber weil der Mensch zum Übermaß neigt, wächst mit technischen Möglichkeiten immer auch das Risiko, dass das Gute sich durch Übertreibung zerstört." Das wiederum ist der Fluch der Wissenschaft.

Autor: Benjamin Wüst

Redaktion: Wolfgang van Kann