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Deschtschiza: "Ukraine-Wahl Chance für Moskau"

Nikita Jolkver / Markian Ostaptschuk21. Mai 2014

Keine Unterstützung von Extremisten in der Ostukraine und die Anerkennung der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. Dazu fordert der ukrainische Außenminister Andrij Deschtschiza Russland im DW-Interview auf.

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Portrait von Andrej Deschtschyzja (Foto: ALAIN GROSCLAUDE/AFP/Getty Images)
Bild: Alain Grosclaude/AFP/Getty Images

Deutsche Welle: Herr Minister, welche Bedeutung haben die Runden Tische zum nationalen Dialog in der Ukraine? Wie bewerten Sie dabei die Rolle des deutschen Ex-Diplomaten Wolfgang Ischinger?

Andrij Deschtschiza: Bei den Runden Tischen, die in der Ukraine begonnen haben, sollen die aktuellen Fragen erörtert werden, die heute in der Ukraine auf der Tagesordnung stehen. Das sind eine Verfassungsreform, Reform der lokalen Selbstverwaltung, Wirtschaftsreformen sowie Reformen zur Bekämpfung von Korruption. Wir sind überzeugt, dass solche Runden Tische in allen Regionen der Ukraine durchgeführt werden müssen. Angefangen im Osten, wie bereits geschehen, und abschließend im Westen, damit die Menschen ihre Sicht und ihre Vorschläge äußern können, wie man die Gesetzgebung in jenen Bereichen verbessern kann. Herr Ischinger, der an der Vorbereitung der Runden Tische beteiligt ist, hilft uns bei der Diskussion jener Fragen natürlich sehr mit seiner Erfahrung und seinem Wissen.

Wie könnte man die Lage in den östlichen Regionen der Ukraine beruhigen? Wie bewerten Sie dabei die Rolle der Oligarchen, unter anderem von Rinat Achmetow?

Ich denke, dass man die Lage im Osten der Ukraine ziemlich schnell regeln kann, vorausgesetzt, dass es keine Unterstützung der extremistischen Gruppierungen seitens Russlands gibt. Unter der ukrainischen Bevölkerung besteht praktisch keine Unterstützung für diese Gruppierungen. Wenn es keine Unterstützung, weder finanzielle noch technische, also auch keine Waffenlieferungen geben wird, dann werden sich solche Gruppierungen nicht lange halten können. Dass Herr Achmetow sich für Aktionen gegen jene separatistische Gruppierungen ausgesprochen hat, ist natürlich ein positives Signal.

Wie könnten die Beziehungen zu Russland langfristig normalisiert werden?

Langfristig müssen wir zu bilateralen Kontakten übergehen und die bilateralen Beziehungen entwickeln. Zurzeit gelingt das leider nicht. Unsere Kontakte laufen über Partner im Rahmen der Genfer Gespräche oder über Vermittler in der Europäischen Union.

Können die am 25. Mai bevorstehenden Präsidentschaftswahlen helfen, einen Dialog zwischen Kiew und Moskau herzustellen?

Ich denke, das ist eine gute Chance, unsere Beziehungen zu Russland zu erneuern. Wenn Russland die Ergebnisse und die Wahl als demokratisch anerkennt, unabhängig davon, wer Präsident wird, dann wird das eine gute Gelegenheit für Russland sein, Gespräche mit dem neuen ukrainischen Präsidenten und mit der Regierung aufzunehmen. Russland hat in den vergangenen Monaten betont, es könne keine Beziehungen zur Ukraine entwickeln, da die Regierung illegitim sei. Wenn Präsident und Regierung durch demokratische Wahlen bestimmt werden, warum kann man dann diese nicht anerkennen und mit ihnen keine Beziehungen entwickeln?

Sehen Sie die Ukraine in absehbarer Zukunft als EU-Mitgliedsland?

Ja. Ich denke, dass ich die Ukraine zwar nicht in meiner Amtszeit, aber noch in meinem Leben als EU-Mitglied sehen werde. Wir führen einen sehr intensiven Dialog mit der EU. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass wir in vielen Fragen übereinstimmen. Das Wichtigste ist, dass die ukrainische Regierung, das Parlament und die Gesellschaft den Beitritt der Ukraine zur EU wollen. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung unterstützt das. Wenn wir unsere gemeinsamen Anstrengungen fortsetzen, dann können wir in absehbarer Zukunft mit einer Mitgliedschaft rechnen. Natürlich wird das auch davon abhängen, wie die EU die Ukraine sehen wird. Ich hoffe positiv.

Andrij Deschtschiza ist Außenminister der ukrainischen Übergangsregierung. Den vergangenen Regierungen diente er als Botschafter. So leitete er die Vertretungen in Finnland und Island. Er hat an der Universität von Alberta (Kanada) in Politikwissenschaften promoviert und gilt als erfahren auf dem internationalem Parkett. Zuletzt war er Vertreter seines Landes bei OSZE.

Das Interview führte Nikita Jolkver.