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Deutlich mehr Opfer als befürchtet

30. Dezember 2003

Die Zahl der Opfer des Erdbebens im Iran wurde massiv nach oben geschätzt – von 50.000 Toten ist inzwischen die Rede. Unterdessen wachsen die Spekulationen um die politischen Auswirkungen der Katastrophe.

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Massenbestattung nach dem Erdbeben im IranBild: AP

Die Erdbeben-Katastrophe im Iran vom 26.12.2003 hat nach neuen Schätzungen noch deutlich mehr Opfer gefordert als bisher angenommen. Die Zahl der Toten im Iran könnte nach Regierungsangaben auf 50.000 steigen. Bisher hatte man mit etwa 30.000 Opfern gerechnet. Grundlage der neuen Schätzungen zur Zahl der Toten sei die Überlegung, dass im Durchschnitt in jedem Haus fünf Menschen gewohnt hätten, sagte ein Vertreter des Innenministeriums der Nachrichtenagentur Reuters. Ein anderer Regierungsvertreter bestätigte diese Schätzung. Bislang sind mehr als 28.000 Tote beerdigt worden, wie das iranische Fernsehen am Dienstag (30.12.2003) berichtete.

Neue Art der Hilfe

Die ersten Rettungsteams reisen inzwischen aus der weitgehend zerstörten Stadt Bam wieder ab, da sie keine Hoffnung mehr auf Überlebende in den Trümmern haben. So kehrt beispielsweise das Team der Schnell-Einsatz-Einheit-Bergung-Ausland (SEEBA) des Technischen Hilfswerks (THW) heute (30.12. 2003) aus dem südiranischen Katastrophengebiet zurück. Der Malteser Hilfsdienst hat bereits mitgeteilt, seine Rettungshundestaffel aus Bam abzuziehen. Von nun an konzentriert sich die Hilfe auf die Versorgung der Menschen in Bam.

Hilfe aus Deutschland Für Erdbebenopfer in Iran
Peter Ossowski vom Deutschen Roten Kreuz befestigt Aufkleber an Paletten mit medizinischem Material am Sonntag, 28. Dez. 2003, in Meckenheim bei Bonn. Zwei komplett medizinische Notfallversorgungseinheiten werden im Rot Kreuz Lager auf LKWs beladen um in das Erbebengebiet im Iran geflogen zu werden.Bild: AP

Das gestern im Iran eingetroffene 13-köpfige THW-Trinkwasserexpertenteam hat inzwischen die Arbeit aufgenommen und mit der Aufbereitung und der Verteilung von Wasser im Stadtgebiet begonnen. Die Spezialisten liefern sauberes Trinkwasser an die Bevölkerung, stellen Wassertanks auf, reinigen Brunnen und analysieren Wasserproben. Neben drei Trinkwasseraufbereitungsanlagen hat das THW 1700 Decken, 300 Winterjacken, 500 Feldbetten sowie 2,3 Tonnen Verbandsmaterial und mehr als eine Millionen Einheiten dringend benötigter Medikamente in das Erdbebengebiet gebracht. Insgesamt sind etwa 70 deutsche Helfer verschiedener Hilfsorganisationen vor Ort.

US-Hilfe für die "Bösen"

In Bam wird die Hilfe von den Vereinten Nationen koordiniert. Jedem der über 20 helfenden Länder werden Einsatzabschnitte in der Stadt zugewiesen. Die internationale Hilfe überschreitet auch politische Grenzen: Wie ein Sprecher der Provinzregierung mitteilte, machten sich auch 80 US-Ärzte und Rettungshelfer auf den Weg nach Bam. Ein US-Außenamtssprecher hatte zuvor die Bereitschaft der Regierung in Washington erklärt, weitere Hilfe in die Erdbebenregion zu entsenden. Die USA hatten am Wochenende Rettungshelfer und medizinisches Material in die vom Erdbeben betroffene Provinz Kerman geschickt.

Hilfe aus dem USA für Erdbebenopfer in Iran
Angekommen: Hilfe aus den USABild: AP

Der amerikanische Außenminister Colin Powell hat in diesem Zusammenhang Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und Iran geäußert. Es gebe Anzeichen dafür, dass der Dialog mit Teheran in Zukunft wieder aufgenommen werden könnte, sagte Powell der Tageszeitung "Washington Post" (Dienstagsausgabe). Die USA haben seit mehr als 20 Jahren keine diplomatischen Beziehungen zu Iran. US-Präsident George W. Bush hat das Land zusammen mit Irak und Nordkorea als "Achse des Bösen" bezeichnet.

Ende der Abschottung

Die Offenheit Irans für internationale Hilfe nach der Erdbebenkatastrophe hat auch in Deutschland die Hoffnung auf eine politische Öffnung des muslimischen Landes geweckt. Es sei unübersehbar und sehr zu begrüßen, dass die iranische Führung die strikte Abschottungspolitik der Vergangenheit aufgegeben habe, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse der "Berliner Zeitung" (Dienstag). "Wir sollten deshalb auch in den nächsten Monaten beim Aufbau helfen", schlug Thierse vor. Die Hilfe nach der Katastrophe

könne dazu genutzt werden, beim Abbau der wechselseitig gepflegten Feindbilder mitzuhelfen.(sams)