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Deutsch-französisches Gipfel-Duell

18. Oktober 2012

Die Zeiten des gemeinsamen Auftretens von Deutschland und Frankreich bei EU-Treffen sind vorbei. Beide Länder verfolgen in Brüssel unterschiedliche Ziele. Beim Reizthema Bankenaufsicht ist aber ein Konsens in Sicht.

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Der französische Präsident Francois Hollande, der EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Frankreich und Deutschland haben sich beim EU-Gipfel ein Duell von ungewöhnlicher Härte geliefert. Staatspräsident François Hollande warf Kanzlerin Angela Merkel vor, das Umsetzen alter Gipfelbeschlüsse zur Absicherung der Eurozone zu verzögern. Das betrifft unter anderem die umstrittene Bankenaufsicht. Der Sozialist lehnte auch den deutschen Vorstoß nach raschen Änderungen des EU-Vertrags zur Stärkung der Eurozone ab. Diese waren von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ins Spiel gebracht worden. "Beenden wir doch erstmal die Ratifizierung und Umsetzung dessen, was wir vereinbart haben", forderte Hollande in Brüssel zum Auftakt des zweitägigen Spitzentreffens.

EU-Gipfel: Streit um Bankenrettung

Bankenaufsicht bis Jahresende durch?

Das Parlament in Paris hatte erst vor wenigen Tagen den europäischen Fiskalpakt gebilligt, der nationale Schuldenbremsen nach deutschem Muster vorsieht. Der Vertrag ist noch nicht von allen Teilnehmerstaaten unter Dach und Fach gebracht. Die 27 Staats- und Regierungschefs berieten stundenlang über den Umbau der Eurozone. Der ist nötig, weil die Schuldenkrise Staaten wie Griechenland an den Abgrund brachte. Endgültige Beschlüsse soll es erst im Dezember geben. Kernstück ist die gemeinsame Aufsicht für 6000 Geldhäuser im Eurogebiet. Der Entwurf der Abschlusserklärung nannte bei der Bankenaufsicht unverändert das Ziel, "die Gesetzgebung bis zum Jahresende abzuschließen".

Die Aufsicht ist die Vorbedingung dafür, dass kriselnde Banken künftig direkt Hilfe aus der Kasse des Euro-Rettungsfonds ESM erhalten können. Das soll Haushalte von Krisenstaaten entlasten und sie von milliardenschweren Kosten für Bankenpleiten befreien.

Rajoy schweigt beim Thema Hilfen

Akute Krisen in Griechenland und Spanien blieben bei dem Spitzentreffen zunächst ausgeklammert. Der Madrider Regierungschef Mariano Rajoy äußerte sich in Brüssel nicht zu Spekulationen, wonach er schon bald neue Hilfen der Euro-Partner beantragen könnte. Dabei ginge es dann um Milliardenzahlungen an den Gesamtstaat - Madrid bekam bereits Unterstützung für seine maroden Banken zugesagt.

Merkel und Hollande trafen sich unmittelbar vor Gipfelbeginn unter vier Augen. Laut Diplomaten verlief das Gespräch in "guter Atmosphäre". Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, es gebe bei der Bankenaufsicht keine schweren Meinungsverschiedenheiten mit Paris. Die Entscheidung über die Schaffung der Bankenaufsicht sei bereits beim letzten Gipfel im Juni gefallen. Jetzt gehe es um die weiteren Etappen.

Hollande macht Druck

Möglichst bis zum Jahresende sollten die offenen rechtlichen Fragen geklärt werden. Der Auftrag dazu werde an die Finanzminister gegeben. Danach müsse sich auch das EU-Parlament mit dem Thema befassen. Die tatsächliche Errichtung der Bankenaufsicht werde aber länger dauern. In diesem Punkt gebe es keinen Dissens mit Frankreich, hieß es weiter.

Hollande machte vor den Medien Druck: "Im Juni haben wir beim Gipfel entschieden, bis zum Jahresende eine Bankenaufsicht umzusetzen." Merkel sagte mit Blick auf die Aufsicht in ihrer Regierungserklärung in Berlin: "Allerdings muss Qualität an dieser Stelle vor Schnelligkeit gehen."

"Super-Währungskommissar" umstritten

Österreichs Kanzler Werner Faymann plädierte für eine Vergemeinschaftung von Schulden und lehnte auch den von der Kanzlerin vorgeschlagenen Topf von zeitlich befristeten und projektbezogenen Geldern ab: "Ich bin gar nicht der Meinung, dass wir zur Stunde so ein Eurozonenbudget brauchen." Nach Merkels Idee könnte das Budget aus Einnahmen der geplanten Börsensteuer gespeist werden.

Der von Schäuble und Merkel geforderte "Super-Währungskommissar", der ein starkes Durchgriffsrecht gegenüber nationalen Haushalten haben soll, ist ebenfalls umstritten. Merkel sagte, ihr sei bewusst, dass es in vielen Staaten dazu noch keine Bereitschaft gebe. "Das ändert nichts daran, dass wir uns dafür stark machen werden."

sti/kle (afp, dapd, dpa, rtr)