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Deutsche Astronautin gesucht

1. März 2017

Die Initiative "Die Astronautin" stellte am Mittwoch ihre sechs Finalistinnen vor. Eine von ihnen soll 2020 ins All fliegen - und damit die erste deutsche Astronautin werden.

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Bremen Wettbewerb Erste deutsche Astronautin
Bild: Klampäckel

Am 20. Juli 1969 landete Neil Armstrong auf dem Mond. Am 26. August 1978 flog mit Sigmund Jähn der erste Deutsche ins All. Und im Dezember 1998 war Nancy Currie-Gregg die erste Frau auf der Internationalen Raumstation (ISS) - sie bediente einen Roboterarm bei den letzten Montagearbeiten, die nötig waren, um die Station in Betrieb zu nehmen.

In all dieser Zeit hat es noch nie eine deutsche Astronautin im Weltraum gegeben. Doch das will eine private Initiative jetzt ändern. "Die Astronautin" ist ein Programm, das 2016 von Claudia Kessler ins Leben gerufen wurde. Kessler leitet die Personalvermittlung HE Space und wollte früher selbst Astronautin werden. Stattdessen startete sie vor einem Jahr einen Aufruf, dem mehr als 400 Bewerberinnen folgten: Deutschland sucht die erste deutsche Astronautin.

Die zwei endgültigen Gewinnerinnen werden erst im April feststehen, aber am Mittwoch wurden die sechs Finalistinnen auf einer Pressekonferenz in Bremen vorgestellt: Eurofighter-Pilotin Nicola Baumann, Lisa Marie Haas, Ingenieurin und promovierte Physikerin, die Raumfahrttechnikerinnen Susanne Peters und Magdalena Pree, Astrophysikerin Suzanna Randall und Meteorologin Insa Thiele-Eich.  

"Ich bin überzeugt, dass eine von ihnen 2020 ins All fliegen wird", sagte Kessler bei der Pressekonferenz am Mittwoch.

Geld sammeln für die Reise ins All

Nach eigenen Angaben verfolgt die Initiative zwei Ziele: die Astronautin soll als Vorbild Mädchen und junge Frauen für technische Berufe und wissenschaftliche Studienfächer begeistern. Außerdem soll sie mit Experimenten erforschen, wie der weibliche Körper in der Schwerelosigkeit reagiert.

Das Besondere am Astronautinnen Casting: Es gibt keine direkte Verbindung zu staatlichen Raumfahrtbehörden. Das bedeutet, dass die Auserwählten nicht automatisch für die Europäische Raumfahrt-Agentur (ESA) in den Orbit befördert werden, sondern für ihren Platz bezahlen müssen. Sie sollen zwar am Astronautentraining der ESA teilnehmen, aber auch dafür muss Geld fließen - und zwar nicht zu knapp.

Insgesamt muss "Die Astronautin" 30 bis 50 Millionen Euro auftreiben, um eine ihrer Gewinnerinnen tatsächlich die Chance zu geben, zur ISS zu fliegen. Für dieses Ziel setzt Kessler auf Crowdfunding und großzügige Sponsoren.

Das sorgt in den sozialen Medien durchaus für Kritik. Ein Facebooknutzer kommentierte, es sei "traurig, dass die deutschen Astronautinnen Geld sammeln müssen, um ins All fliegen zu können." Eine weitere Nutzerin schrieb: "Das ist ja wirklich ein Witz... Ich hatte mich beworben und jetzt bin ich doch froh, dass ich diese Show nicht mitmachen muss."

Neuland für die europäische Raumfahrt

Die kommerzielle, privat finanzierte Raumfahrt ist in Deutschland noch neu und hat einen schalen Beigeschmack. In den USA dagegen haben sich private Anbieter schon länger etabliert. Dort gibt es einen Anbieter, die bisher sieben Weltraumtouristen an Bord russischer Raumschiffe ins All brachte. Eine andere US-Firma, Space X, will Ende 2018 Touristen sogar einmal um den Mond herumfliegen.

ISS Samantha Cristoforetti AstroSamantha
Das Ziel der Kandidatinnen: Astronautin Samantha Cristoforetti an Bord der ISSBild: ESA/NASA

Das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) half immerhin bei der Auswahl der Kandidatinnen. Dort hat man ein "wissenschaftliches Interesse" an der Initiative, so heißt es auf der DLR Website. Experten untersuchten die letzten 81 Bewerberinnen und sprachen danach Empfehlungen aus.

"Mit den beim DLR durchgeführten psychologischen und medizinischen Untersuchungen als Teil des Auswahlverfahrens konnte das DLR wiederholt seine wissenschaftliche Kompetenz auf diesem Gebiet nachweisen", sagt Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und -technologie.

Nur Models für schicke Raumanzüge?

Eine weitere harte Prüfung, die die letzten sechs Kandidatinnen bestehen mussten, war die Pressekonferenz am Mittwoch, bei der jede von ihnen mit einem dreiminütigen Video vorgestellt wurde. Zuvor gab es einige kurze Reden und Geplänkel von Moderator Jan Hill - und das mag vielen wie ein Paradebeispiel für die Respektlosigkeit erschienen sein, mit der Frauen in der Wissenschaft immer noch viel zu häufig zu kämpfen haben.

Bei der Präsentation des Logos von "Die Astronautin" wies Hill darauf hin, dass die Männer im Team das Weltraumhafte des Emblems lobten.

"Die Frauen riefen erst mal 'Oh, ein Schuh!' - das war den Männern natürlich gar nicht aufgefallen", sagte der Moderator grinsend. "Da sieht man, durch was für unterschiedliche Brillen Männer und Frauen die Welt sehen."

Hill wies die erste Finalistin, Insa Thiele-Eich, darauf hin, dass sie "das erste Model" für den schicken Raumanzug der Initiative sei. Im Verlauf der Veranstaltung nannte er die Finalistinnen immer wieder "Mädels" - die Frauen sind zwischen 28 und 37 Jahren alt. Und nach ihren Vorstellungsvideos fragte er die Kandidatinnen mit Kindern, ob sie denn schon die Familienbetreuung geklärt hätten, falls sie für den Job ausgewählt würden.

Auch Neil Armstrong und Sigmund Jähn hatten Kinder, als sie ins All flogen. Aber sie mussten nicht über Kinderbetreuung diskutieren. Und obwohl sie sicherlich auch fesch in ihren Raumanzügen aussahen, stand dieser Aspekt nie im Vordergrund. Es ging um ihre Forschung. Kritiker finden, so sollte es auch bei den Finalistinnen von "Die Astronautin" sein.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker