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Deutsche Ernüchterung in der Mongolei

Joanna Chiu, Jan-Henrik Petermann (dpa)28. Juni 2016

Eingebettet zwischen den Rohstoff-Giganten Russland und China galt die Mongolei lange selbst als Eldorado für Bodenschätze - auch bei deutschen Investoren. Nun scheint die Luft raus zu sein.

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Metall Kobalt
Bild: dapd

Deutschland und die Mongolei - das sollte in Zeiten steigender Rohstoff-Abhängigkeit der Bundesrepublik einmal eine starke wirtschaftliche Partnerschaft werden. Doch die Hoffnungen sind verflogen, auch als Lieferant wichtiger Hightech-Metalle ist das Land im Fernen Osten nicht mehr so interessant wie noch vor einigen Jahren. Ein Grund neben der Entspannung an der Preisfront bei den Seltenen Erden: die teils hausgemachte mongolische Wirtschaftskrise.

Eine achtköpfige Familie, deren Mitglieder einst als Nomaden lebten, erzählt in der Provinzstadt Bayankhongor vom Niedergang. "Wir wussten nicht, wovon wir Leben sollten", sagt die 54 Jahre alte Mutter Ariunaa Zinameder. Also grub die Familie in kleinen illegalen Minen nach Gold - ohne Erfolg. Nun muss sie jeden Monat mit Essensmarken im Wert von 32 Euro auskommen.

Immer mehr Arme

In dem zentralasiatischen Staat leiden immer mehr Menschen an Armut. Positive Auswirkungen durch den Bodenschatzreichtum ihrer Heimat bekommen sie angesichts fallender Rohstoffpreise, stockender Bergbauprojekte und innenpolitischer Streitigkeiten nicht zu spüren. Dabei ist es nur wenige Jahre her, dass die Mongolei die weltweit am schnellsten wachsende Wirtschaft war. Angekurbelt von ausländischen Direktinvestitionen erreichte der Boom 2011 mit Anlagen im Gesamtwert von umgerechnet rund 4,5 Milliarden Euro seine Spitze. Vergangenes Jahr sanken die Investitionen wieder gen null.

Deutschland war zur Jahrtausendwende der wichtigste westeuropäische Handelspartner der Mongolei. Vor allem die Vorkommen an Seltenen Erden - die Metalle stecken etwa in Elektromotoren, Smartphones oder LED-Lampen - hatten die Mongolei auch für deutsche Investoren interessant gemacht. Es hakt aber heute.

Hoffnung auf deutsche Investoren

"Wir sind wieder auf Preise wie vor dem Hype vor 2011 zurückgefallen - Gerüchte über ein weiteres Anziehen haben sich nicht bestätigt", sagt Wirtschaftsgeologe Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) der Deutschen Presse-Agentur. Drei große Vorkommen gibt es nach BGR-Angaben in dem zentralasiatischen Land. "Im weltweiten Vergleich gelten diese Vorkommen aber nicht als besonders bedeutend", erklärt Elsner. Deswegen habe das Geschäft zwischen Deutschland und der Mongolei wieder abgenommen. "Doch die mongolische Seite hofft, dass Deutschland als wichtiger Markt für Seltene Erden reaktiviert wird", fügt er hinzu.

Mittlerweile hätten nur noch wenige deutsche Firmen Vertretungen in der Mongolei, erzählt der Direktor des Deutsch-Mongolischen Unternehmensverbands Marcel Venhofen in Ulan Bator. "Der Markt hier ist zu klein und viele Unternehmen ziehen es vor, für die Geschäfte ein- und auszufliegen", sagt er der dpa.

Bis die Förderung von Seltenen Erden in der Mongolei verbessert wird, ist es noch ein langer Weg. Bis zu fünf Jahre könne es dauern, sagt Stefan Hanselmann von der Integrierten Rohstoffinitiative.

Ausbau der Kohleförderung

Dabei waren Experten zufolge große Hoffnungen in die Bergbauindustrie gesetzt worden. "Deutschland ist unter den wenigen Ländern, die über die fortgeschrittene Technologie verfügen, Kohle in Gas umzuwandeln und Deutschland war sehr daran interessiert, diese Technologie an die Mongolei zu verkaufen", sagt Robert Schölhammer, bis Ende Juni Landesdirektor der Asiatischen Entwicklungsbank. "Doch der Bergbau in der Mongolei steckt in einer Krise."

Die mongolische Regierung hatte in den vergangenen Jahren verstärkt auf den Ausbau der Kohleförderung gesetzt. Eine Fehlentscheidung, wie sich herausstellt. Als Folge des Klimawandels und einer gesunkenen Nachfrage aus China ist der Bedarf an Kohle gesunken. Damit hätte die Mongolei nach Expertenmeinung rechnen müssen. Stattdessen hätten politische Streitigkeiten ausländische Investoren abgeschreckt und die Situation sogar verschlimmert, sagt Mongolei-Experte Julian Dierkes von der Universität British Columbia in Kanada.

Der mongolische Regierungschef Chimed Saikhanbileg hatte der von Inflation, Arbeitslosigkeit und Armut gebeutelten Bevölkerung versprochen, die Wirtschaft durch ausländische Investitionen im Bergbau wieder in Schwung zu bringen. Nun droht seiner Demokratischen Partei bei den Parlamentswahlen am 29. Juni wegen ausbleibender Erfolge eine Niederlage.