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Deutsche Firma soll Dörfer geflutet haben

5. Mai 2010

Es ist ein Megaprojekt im Sudan: der Merowe-Staudamm nördlich von Khartum. Und damit beim Bau möglichst keine Zeit verloren geht, soll eine deutsche Firma gegen Menschenrechte verstoßen haben.

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Der Merowe-Staudamm im SudanBild: AP

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) wirft der Firma Lahmeyer International vor, beim Auffüllen des Staudammes Dörfer überflutet zu haben.

Der Merowe-Staudamm liegt am Nil, etwa 800 Kilometer nördlich der Hauptstadt Khartum. Das deutsche Ingenieurbüro Lahmeyer International war zuständig für die Bauleitung, Durchführung und Überwachung des Staudammprojektes. An dem Bau selbst sind auch mehrere ausländische Firmen beteiligt. Unter anderem aus China und Frankreich. Der Merowe-Staudamm gilt als das größte Wasserkraft-Projekt in Afrika und soll ca. 1,5 Milliarden Euro gekostet haben.

Dörfer geflutet, Anwohner ignoriert?

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Der Firmensitz von Lahmeyer International in Bad Vilbel/HessenBild: picture-alliance/dpa

ECCHR wirft Lahmeyer vor, zweimal den See des Staudamms aufgefüllt zu haben, ohne die in dem Gebiet lebenden Menschen rechtzeitig zu informieren. So seien ganze Dörfer in den Fluten untergegangen. Die Bewohner hätten ihr Hab und Gut verloren. Da Lahmayer International das ganze Projekt geplant und den Bau überwacht hat, sieht ECCHR Lahmeyer International als hauptverantwortliches Unternehmen. Die Strafanzeige richtet sich gegen zwei verantwortliche Mitarbeiter von Lahmeyer International.

Es ist nicht das erste Mal, dass Lahmeyer International mit Geschäften in Afrika für negative Schlagzeilen sorgt: Die Weltbank hatte das Unternehmen 2006 wegen des Vorwurfs der Bestechung in Afrika abgestraft. Für insgesamt sieben Jahre soll das Unternehmen keine Aufträge mehr für Projekte bekommen, die mit Geldern der Weltbank finanziert werden. Die Lahmeyer International GmbH soll seinerzeit Bestechungsgelder bei einem Wasserbau-Projekt in Lesotho gezahlt haben.

Die Menschenrechtler hoffen, dass die aktuelle Strafanzeige verdeutlicht, dass rechtliche Standards und Maßstäbe auch für Unternehmen die außerhalb von Deutschland und Europa arbeiten gelten. "Im Europäschen Kontext ist es unvorstellbar, also warum soll es in Afrika andres sein?", so Miriam Saage-Maaß – Programmdirektorin für Wirtschaft und Menschenrechte. Das Unternehmen Lahmeyer International weist die erhobenen Vorwürfe und Anschuldigungen zurück, da sie weder zutreffend noch gerechtfertigt seien - so seine Presseerklärung.

Höhe des Schadens unklar

Wie hoch der Schaden durch die Überflutung ist, ist unklar. Anwohner schätzen ihn auf etwa 6 Millionen Dollar. ECCHR geht davon aus, dass rund. 70.000 Anwohner betroffen sind.

Das Entschädigungsprogramm für die Umgesiedelten läuft nach Angaben der Menschenrechtler nur langsam an. Auch klaffen die Angaben über die Zahl der Umgesiedelten weit auseinander: ECCHR spricht von "einigen Anwohnern". Laut Lahmeyer sind es etwa 70.000 die bereits erfolgreich und freiwillig umgesiedelt worden seien. Und die laut Lahmeyer jetzt in modernen Häusern und wirtschaftlich besser gestellt leben. Und nur 200 bis 300 der alten Anwohner hätten sich geweigert, ihr bisheriges zu Hause zu verlassen. Doch ECCHR kritisiert auch grundsätzlich die Art der Umsiedlung und die Entschädigung für die Anwohner: "Die teilweise vorgenommene Entschädigung entspricht nicht den üblichen Standards, wie so was ablaufen sollte", sagt Miriam Saage-Maaß.

Rechtlich unklare Situation

Jetzt muss zunächst einmal die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main entscheiden. Doch ob Menschenrechtsverstöße, die von deutschen Firmen im Ausland begangen wurden, überhaupt in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden können, ist noch offen.

Autorin: Lidet Abebe

Redaktion: Dirk Bathe